Kippt die Stimmung in Russland? Bevölkerung zahlt für Putins Ukraine-Krieg

Experte gibt Einblick

Kippt die Stimmung in Russland? Bevölkerung zahlt für Putins Ukraine-Krieg

Der Ukraine-Krieg führt zu Steuererhöhungen in Russland, Inflation und Einkommenssenkungen treffen die Bürger. Putin reagiert mit Propaganda.

Moskau – Die finanzielle Lage des russischen Staatshaushalts ist nach Jahren des Ukraine-Konflikts angespannt. Laut übereinstimmender Medienberichte fließen mittlerweile etwa ein Drittel der Staatsausgaben in den Ukraine-Krieg. Im kommenden Jahr droht ein erhebliches Defizit im russischen Budget. Wladimir Putin reagiert darauf, indem er die Steuerlast auf die Bevölkerung abwälzt: Die Mehrwert- und Einkommenssteuer werden erhöht, während Gehälter von Lehrern gekürzt werden.

Die russische Wirtschaft schwächelt. Zu diesem Ergebnis kommt die schweizerische Zeitung Blick und stützt sich dabei auf verschiedene Indikatoren. In mehreren russischen Regionen seien die finanziellen Mittel der Regionalverwaltungen für das laufende Jahr nahezu erschöpft. Zudem sei das Einkommen in 53 der 89 russischen oder russisch kontrollierten Regionen im letzten Jahr gesunken. Über drei Viertel des Landes leide unter Benzin-Lieferengpässen, die durch gezielte ukrainische Angriffe auf die russische Ölindustrie verursacht wurden. Die russische Ratingagentur Expert RA liefert die Daten für diese Analyse, die jedoch nicht unabhängig überprüft werden können. Auch das russische Finanzministerium hat seine Wachstumsprognose für 2025 von 2,5 Prozent auf 1,5 Prozent gesenkt.

Russische Bevölkerung leidet an Krieg in der Ukraine

Angesichts dieser finanziellen Herausforderungen setzt der russische Staat auf Steuererhöhungen. Das unabhängige Nachrichtenmagazin Meduza berichtet, dass die Mehrwertsteuer ab 2026 von 20 auf 22 Prozent steigen soll. Laut Tagesschau sollen nun auch kleinere Unternehmen ab einem Umsatz von umgerechnet 100.000 Euro diese Steuer zahlen. Dabei hatte Wladimir Putin im letzten Jahr versprochen, die Steuern bis 2030 nicht zu erhöhen. Der Kreml rechtfertigt dies mit gestiegenen Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben – also dem Krieg in der Ukraine.

Russlandexperte Ulrich Schmid erklärt im Blick, dass diese Situation der Staatspropaganda Probleme bereitet. Putin habe der Bevölkerung vorgespiegelt, die „Spezialoperation“ in der Ukraine würde den Alltag der Russinnen und Russen nicht beeinflussen. Schmid ist Professor für Osteuropastudien an der Universität St. Gallen. Putin habe 25 Jahre lang die Entpolitisierung der Gesellschaft vorangetrieben habe, sagt er. Doch der Ukraine-Krieg, der das Staatsbudget belastet, könnte erstmals die öffentliche Meinung beeinflussen. „Der Kreml schielt immer auf die Stimmung in der russischen Bevölkerung. Es scheint auch Putin klar zu sein, dass sich das Zeitfenster für den Ukraine-Krieg schließt“, so Schmid.

Putin setzt auf Propaganda, um Rückhalt in der Bevölkerung zu sichern

In Reaktion darauf investiert der Kreml im nächsten Jahr eine Rekordsumme in die staatliche Propaganda. Staatliche Fernsehsender, Medien und Online-Propagandaprojekte sollen 2026 etwa 146 Milliarden Rubel (etwa 15 Millionen Euro) aus der Staatskasse erhalten, berichtet die Moskow Times (MT). Putin setzt dabei offenbar nicht mehr auf traditionellen Staats-Militarismus. Stattdessen hat die Zahl der Volksfeste im letzten Jahr um mehr als ein Drittel zugenommen, so die MT. „Die Menschen sind dieser endlosen, aussichtslosen Kriegssituation überdrüssig, und militaristischer Patriotismus ist der Realitätsflucht gewichen“, erklärt ein Musikkritiker der MT. „Die meisten Menschen, insbesondere junge Menschen, haben genug von Kriegspropaganda. Stattdessen stehen Unterhaltung und nostalgische Themen im Mittelpunkt.“ (Quellen: Meduza, Tagesschau, Blick, The Moskow Times) (cdz)

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