Alarm in Südamerika
Kolumbien fürchtet die “Luftwaffe” der Drogenbanden
Rebellen und Drogenbanden in Kolumbien legen sich Drohnen zu. Kein Einzelfall in Mittel- und Südamerika. In Kolumbien versucht das Militär nun gegenzuhalten.
Die Attacke war genau geplant. Eine Drohne näherte sich dem Marineschiff der kolumbianischen Armee und brachte seine explosive Fracht an Deck zur Detonation. Ein Marine-Soldat kam ums Leben.
Der Vorfall Anfang des vergangenen Monats versetzte Kolumbiens Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft. Seit Monaten beobachten sie, wie Rebellengruppen und Drogenkartelle mit einer neuen Waffe aufrüsten: Drohnen. Mal sind es Kämpfer der marxistischen Befreiungsarmee ELN, mal Splittergruppen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), oft verstrickt in den Drogenhandel. Die Drohnenangriffe treffen Polizeistationen, Armeestützpunkte und zuletzt sogar ein Schiff der kolumbianischen Marine. Trauriger Höhepunkt: Ein Angriff auf Polizisten in El Plateado, bei dem versehentlich ein zehnjähriger Junge starb.
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“Diese Angriffe sind mehr als nur taktische Überraschungen: Sie offenbaren die Integration von Drohnen in kombinierte Waffenoperationen”, erklärte Alfonso Camacho-Martinez, Sicherheitsexperte beim Middlebury Institute for International Studies in Monterey. Sein Rat an die kolumbianischen Behörden. “Kolumbien sollte im Anti-Drohnen-Kampf enger mit Ländern wie Venezuela und Ecuador zusammenarbeiten und eine gemeinsame Strategie entwickeln.”
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Trumps Drohung
Die Lage ist heikel. US-Präsident Donald Trump geht nicht nur gegen mutmaßliche Drogenschiffe vor Venezuelas Küste vor. Er droht auch Kolumbiens linksgerichtetem Präsidenten Gustavo Petro. Alles unter Stichwort: Anti-Drogen-Kampf.

Die Aufrüstung von bewaffneten Gruppen mit Drohnen ist kein Einzelfall in Süd- und Mittelamerika. “Der Einsatz von Drohnen ist das jüngste Beispiel dafür, wie mächtige kriminelle Netzwerke neue militärische Taktiken nutzen, um den Staat herauszufordern”, heißt es in einer Studie des Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington mit Blick auf eine aktuelle Fehde in Mexiko. Dort geht die Drogenbande La Linea gegen das verfeindete Sinaloa-Kartell des berüchtigten Joaquín “El Chapo” Guzmán mit Drohnen vor. “Wie im bewaffneten Kampf bieten Drohnen kriminellen Banden eine kostengünstige, entbehrliche und einfach zu handhabende Möglichkeit für Präzisionsschläge”, so die CSIS-Studie.
Die neue Drohnen-Offensive der Rebellen und Drogenkartelle hat längst auch die Ukraine erreicht. So wunderten sich die ukrainischen Ausbilder im Sommer über einen Freiwilligen, der angeblich aus El Salvador kam und sich im Drohnen-Kampf schulen ließ. Der Mann erwies sich als äußerst geschickt, auch im Umgang mit Wärmebildkameras und dem Erkennen toter Winkel von Überwachungssystemen. Später legten Ermittlungen den Verdacht nahe, dass die kolumbianische Rebellengruppe FARC einen ihrer Kämpfer mit falschen Papieren eingeschleust hatte. Drohnen-Fortbildung in der Ukraine.
Sicherheitsexperte Alfonso Camacho-Martinez empfiehlt Kolumbiens Sicherheitskräften nun den selben Schritt. “Kolumbien könnte aus den vielen Erfindungen der Ukraine wertvolle Lehren ziehen und zeigen, dass kämpferische und schlanke Innovationen möglich sind und dass mehrschichtige Verteidigungssysteme in großem Maßstab aufgebaut werden können, wenn die Beschaffung reformiert und die Industriepartnerschaften ausgebaut werden – und das alles mit einem Gefühl der Dringlichkeit”, schreibt er in seiner Analyse.
Kolumbiens Armee rüstet auf
Als erste Armee in Südamerika stellte Kolumbiens Armee im Oktober ein eigenes Drohnen-Bataillon vor. Doch fällt eine erste Bilanz ernüchternd aus.
“Die Reaktion des kolumbianischen Staates war langsam und lückenhaft”, so eine Analyse von Laura Bonilla, stellvertretende Direktorin der Pares Foundation in Bogota. “Anti-Drohnen-Systeme wurden angeschafft, Technologie gespendet und Militärpersonal ausgebildet, doch weite Gebiete bleiben ungeschützt. Bewaffnete Gruppen passen sich an, ändern ihre Frequenzen und planen autonome Flüge. Eine Drohne abzuschießen reicht nicht, wenn zehn weitere startbereit sind.”
Die Drohnen-Auseinandersetzung zwischen Rebellen, Drogenkartellen und Sicherheitskräften steht noch am Anfang.
Verwendete Quellen:
- elpais.com: Colombia on alert as dissident groups ramp up drone attacks (Englisch)
- warontherocks.com: Colombia Is Struggling to Keep Up With A Criminal Air Force (Englisch)
- colombiaone: Colombia Launches Latin America’s First Drone Battalion (Englisch)
- csis.org: Illicit Innovation: Latin America Is Not Prepared to Fight Criminal Drones (Englisch)
- militarnyi.com: Cartels in Mexico Use Drones to Drop Explosives in Ongoing Feud (Englisch)
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