Egal ob Rewe Bonus, Lidl Plus oder die Payback-App bei Edeka und Netto – wer heutzutage seinen Wocheneinkauf im Supermarkt oder Discounter durchführt, kommt ohne das Smartphone kaum herum. Nicht nur, weil man damit kontaktlos an der Kasse bezahlen kann – sondern weil man in der jeweiligen App des Ladens Treuepunkte sammeln und exklusive Gutscheine und Rabatte einlösen kann.
Nur einer macht bei diesem Spiel nicht mit: Aldi. Zumindest NOCH nicht. Denn es ist keinesfalls so, dass der Discounter nicht über eine solche App nachdenken würde. In Belgien und Schottland hat man bereits ein eigenes Punktesystem getestet, das nach dem altbewährten Payback-Prinzip funktioniert: Punkte sammeln, einlösen und Rabatt erhalten. Und wie das Portal „Lebensmittelpraxis.de“ berichtet, läuft nun auch ein entsprechender Test von Aldi Nord in einer Filiale am Berliner Stadtrand.
Wenn Aldi an dieses System glaubt – und es bereits in seinem Kernmarkt Deutschland testet – wäre der Weg wohl frei für die erste Loyalty-App des Discounters. Eine Nachricht, die Aldi-Kunden zu denken geben sollte…
Kommt bald die Aldi-App?
Denn sobald eine Aldi-App mit registrierten Nutzern, Treuepunkten und App-Rabatten daherkommt, droht Aldi, sein eigenes Preis-Versprechen nicht mehr einhalten zu können. „Aldi stand immer für Gleichbehandlung, eben für beste Preise für alle“, sagt Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn. „In dem Moment, in dem sie mit Coupons arbeiten, geht Aldi in eine Diskriminierung hinein. Das widerspricht dem alten Versprechen.“
Denn wer die App nicht nutzen kann oder will, profitiert auch nicht von exklusiven App-Rabatten – eine Ungerechtigkeit, die auch schon bei Rewe Bonus zu Diskussionen führte (>> wir berichteten). Kortums Kollege Stephan Rüschen macht es deutlich: „Wenn alle eine App haben, bringt es keinem mehr etwas – aber wer keine hat, verliert.“
Aldi-App birgt ein großes Problem
Für Aldi ist das ein Dilemma. Es ist klar, warum der Discounter ein digitales Treuepunkte-Programm testet: Die Kunden-Daten, die durch eine App-Registrierung gesammelt werden, sind extrem wertvoll im Hinblick auf Kundenbindung und ein Verständnis des Einkaufsverhaltens. Gleichzeitig sind die Apps der Konkurrenten äußerst beliebt – laut einer Studie des Instituts für Handelsforschung (IFH) nutzen rund 70 Prozent der Deutschen Loyalty-Programme, um Rabatte beim Einkauf zu erhalten. Da will Aldi nicht abgehängt werden.
Allerdings hat Aldi auch ohne App bereits die höchste Kundenloyalität im Markt, wie Carsten Kortum gegenüber „Lebensmittelpraxis.de“ erklärt. Wenn der Discounter jetzt ein App-System einführt, das registrierte Nutzer mit exklusiven Preisnachlässen belohnt, während andere Kunden – meist ältere Menschen, die im Umgang mit Smartphones überfordert sind – im Vergleich dazu draufzahlen müssen. „Das belastet das Gefühl von Fairness – und das war bisher der Kern von Aldi“, erklärt Michael Bregulla, Geschäftsführer des Software-Unternehmens „Knistr“, das selbst Loyalty-Programme entwickelt.
„Es ist nur eine Frage der Zeit“
Die Entwicklung einer eigenen App ist für Aldi also kein geringes Risiko. Doch das wird den Discounter nicht aufhalten, wie Marktforscher Andreas Riekötter vom IFH Köln vermutet: „Aldi hat immer gesagt: Wir investieren in Preise, nicht in Apps. Aber der Druck wächst – es ist nur eine Frage der Zeit, bis Aldi nachzieht.“
