Wie viel Geld ein Landkreis hat, entscheidet mit darüber, ob Straßen saniert, Schulen modernisiert oder neue Buslinien eingerichtet werden können. Die sogenannte Steuereinnahmekraft zeigt, wie hoch das Einnahmepotenzial in den einzelnen Landkreisen in Deutschland ist – und sie unterscheidet sich erheblich.
Man kann das beispielhaft an zwei Landkreisen durchspielen. Der bayerische Kreis Tirschenreuth stand im vergangenen Jahr an der Spitze, mit Steuereinnahmen von 3.422 Euro je Einwohner. Ganz unten im Finanzkraft-Ranking lag hingegen der Kyffhäuserkreis im Norden Thüringens. Dort wurden je Einwohner nur 625 Euro eingenommen, kaum mehr als die Hälfte des Bundesdurchschnitts von 1.172 Euro. Die beiden Kreise stehen exemplarisch für ihre Regionen: Tirschenreuth für den reichen Süden, der Kyffhäuserkreis für den deutlich ärmeren Osten.
Besonders Teltow-Fläming profitiert nicht nur von einer starken eigenen wirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch von der Nähe zu Berlin: Mehr als 22.000 seiner Einwohner pendeln täglich in die Bundeshauptstadt – das ist etwas mehr als jeder Zehnte. Dies schafft eine enge wirtschaftliche Verflechtung – Teltow-Fläming profitiert so zum Beispiel von dem Flughafen BER. Zudem sind in dem Landkreis Firmen aus den Industriebranchen Luftfahrt, Automobilzulieferung und Feuerwehrtechnik angesiedelt.
Wirtschaftlich haben wir nach wie vor die Nase vorn und brauchen uns nicht hinter Bayern oder Baden-Württemberg verstecken.
heißt es aus der Verwaltung Teltow-Fläming
Obwohl der Landkreis bei der Steuereinnahmekraft nur knapp über dem Bundesschnitt liegt, zeigen sich die Landrätin und das Amt für Wirtschaftsförderung und Kreisentwicklung selbstbewusst: „Wirtschaftlich haben wir nach wie vor die Nase vorn und brauchen uns nicht hinter Bayern oder Baden-Württemberg zu verstecken“, heißt es auf Anfrage.
Auch von der Pressestelle des Landkreises Dahme-Spreewald wird die eigene Steuereinnahmekraft mit der Nähe zu Berlin begründet, besonders aber durch die Nähe zum Hauptstadtflughafen BER. In der Gemeinde Schönfeld etwa, die direkt am Flughafen liegt, sind viele Logistik- und Luftfahrtunternehmen angesiedelt. Dazu pendeln mehr als 25.000 Einwohner des Landkreises in die Hauptstadt.
Rückgang nur in wenigen Kreisen
87 von 400 Landkreisen verzeichneten 2024 einen Rückgang ihrer Steuereinnahmekraft. Besonders betroffen: Leverkusen, Erlangen und Wolfsburg. Dort sank die Finanzkraft wegen rückläufiger Gewerbesteuereinnahmen um mehr als 500 Euro je Einwohner. Vor allem Leverkusen und Wolfsburg sind ein Beispiel dafür, wie ausschlaggebend die finanzielle Entwicklung örtlicher Großunternehmen für die Finanzkraft des Landkreises ist. In Leverkusen ist der Chemiekonzern Bayer AG beheimatet, während in Wolfsburg der Autohersteller Volkswagen einen erheblichen Beitrag zu den städtischen Einnahmen liefert. Beide Unternehmen litten 2024 unter einer schwachen Wirtschaftslage.
Neben Tirschenreuth profitierten 2024 auch der Landkreis Erlangen-Höchstadt und die Stadt Mainz von der guten wirtschaftlichen Lage ortsansässiger Unternehmen. Dort stieg die Finanzkraft um mehr als 450 Euro je Einwohner.
In Erlangen-Höchstadt sind gleich mehrere Firmen mit Milliardenumsätzen angesiedelt: unter anderem die Schuhmarken Adidas und Puma in Herzogenaurach. Adidas verzeichnete einen Umsatzanstieg von mehr als zwei Milliarden Euro von 2023 auf 2024. Auch der Umsatz von Puma ist angestiegen – von 8,6 Milliarden auf 8,82 Milliarden Euro.
Die Stadt Mainz erhielt 2024 eine Gewerbesteuer-Nachzahlung von 75 Millionen Euro. Aufgrund des Steuergeheimnisses ist nicht bekannt, von welcher Firma die Zahlung stammt. Laut Südwestrundfunk könnte es sich aber um das Pharmaunternehmen BioNTech handeln, das einen der ersten Corona-Impfstoffe entwickeln konnte.
