Konzert erinnert an musikalisches Ausnahmetalent

Ratingen . Gemeinsam interpretieren Kolja Lessing und Ansgar Wallenhorst in der Kirche St. Peter und Paul an Klavier und Orgel Werke des Komponisten Julius Reubke.

Der aus einer Orgel- und Klavierbauer-Familie im Harz stammende Julius Reubke schwang sich früh zu einem begnadeten Pianisten, Organisten und Komponisten auf. Franz Liszt nahm ihn unter seine Fittiche und Julius Reubke schuf mit zwei Sonaten ein Vermächtnis nicht nur seiner engelsgleichen Kunst, sondern auch der Form der symphonischen Dichtung der neudeutschen Schule um Franz Liszt. Reubke sah einer glanzvollen Zukunft als Musiker entgegen, doch er starb mit gerade einmal 24 Jahren 1858 an einem Lungenleiden. Ein Konzert erinnert an sein Wirken.

Reubkes Werke kamen nicht nur in ihrer zeitlichen Dimension an die h-Moll-Sonate seines Lehrers und Förderers Franz Liszt oder dessen Orgelfantasie über den Choral „Ad nos, ad salutarmen undam“ aus der Meyerbeer-Oper „Der Prophet“ heran. Reubke schuf derart thematisch konzentriert und formal ohne die romantische Neigung zur Weitschweifigkeit, das er als Höhepunkt und Abschluss dieser Entwicklung gesehen wird.

Doch wer kennt heute den Namen Julius Reubke noch? Ansgar Wallenhorst, künstlerischer Leiter der Ratinger Kirchenmusik, gibt zu: „Bei einer Umfrage selbst unter Klassik-Fans, käme er vermutlich nicht ins obere Ranking! Aber für uns Organisten ist er dank seiner Sonate c-Moll über den 94. Psalm unvergesslich und auch unausweichlich. Ein Werk, das in seiner Tiefe den Rache-Psalm des Alten Testaments als Hoffnung auf Gerechtigkeit musikalisch formuliert, dass es ein Werk ist, das ähnlich der späten Beethoven-Sonaten eine schwer auslotbare große Reife zeigt und diese auch fordert vom Interpreten!“.

Anlass für einen Reubke-Abend in Ratingen mit den beiden Sonaten – der Orgelsonate über den 94. Psalm aus dem Todesjahr Reubkes und der kurz zuvor 1857 geschaffenen Klaviersonate b-Moll war Kolja Lessing. Der oftmals in Ratingen zu erlebende Geiger hat vor zwei Jahren seine Konzerttätigkeit als Geiger mit einer Aufnahme beim Bayrischen Rundfunk (gemeinsam mit Ansgar Wallenhorst) beendet und widmet sich nun ganz seiner pianistischen Karriere. Auf seinen Vorschlag, beide monumentale Sonaten gegenüberzustellen und wie zuvor mit der Geige, so nun an den Tasten von Klavier und Orgel gemeinsam zu improvisieren, ist Ansgar Wallenhorst gern eingegangen.

Für die erst nach Reubkes Tod von seinem Bruder Otto Reubke uraufgeführte große Klavier-Sonate b-Moll steht Kolja Lessing der Blüthner-Flügel mit Aliquot-System (Baujahr 1921 mit vier Saiten pro Taste) zur Verfügung, der dank des Engagements von Dr. Rolf Buhl aus dem Förderverein Musica sacra 2014 nach Ratingen kam: gründlich restauriert und einzig in seinem Klang. Der Flügel diente dem Dirigenten Wilhelm Furtwänglers als Reiseflügel und wurde als Spezialanfertigung in Leipzig für eine Diplomaten-Familie gefertigt. Nach den monumentalen Sonaten an Orgel und Klavier wird der Blüthner-Flügel im Duo mit der Seifert-Orgel bei der abschließenden Improvisation zu hören sein: „An einen Engel.“

Kolja Lessing gilt als einer der vielseitigsten Musiker unserer Zeit: Als Pianist und Geiger durch seine Verbindung von interpretatorischer und wissenschaftlicher Arbeit hat er dem Musikleben prägende Impulse verliehen. International ausgezeichnete CD-Produktionen dokumentieren seine differenzierte Auseinandersetzung mit Repertoire vom Barock bis zur Moderne, das Standardwerke wie Raritäten gleichermaßen umfasst. Kolja Lessings weltweite Konzert- und Aufnahmetätigkeit als Geiger und Pianist beinhaltet sowohl die Zusammenarbeit mit führenden Orchestern als auch verschiedenste kammermusikalische Projekte.

2008 wurde Lessing mit dem Deutschen Kritikerpreis für Musik ausgezeichnet, 2010 kam die Fernseh-Dokumentation „Ferne Klänge“ über seinen Einsatz für Musik im Exil zur Erstsendung. Lessing lehrt als Professor für Violine an der Musikhochschule Stuttgart.

Am Samstag, 25. Oktober, sind nun die beiden Reubke-Sonaten für Klavier und Orgel um 19 Uhr in St. Peter und Paul zu erleben beim Organistival 3. Der Eintritt ist frei – es wird um eine Spende für die Unkosten und die Arbeit des Fördervereins Musica sacra Ratingen gebeten.

(RP/abin )

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