Kraniche auf dem Vogelzug schreien nicht aus Angst vor Segelfliegern

Schwalmstadt

Kraniche auf dem Vogelzug schreien nicht aus Angst vor Segelfliegern

Experten erklären, dass die Flugmanöver und Rufe der Kraniche beim Vogelzug normal sind und nicht durch Flugzeuge ausgelöst werden.

Ziegenhain – In diesen Tagen sind immer wieder Kraniche zu beobachten, die sich in Schwärmen gen Süden aufmachen. Wie verhalten sich zum Beispiel Segelflieger bei herannahenden Zugvögeln? Die Sabohat bei der Flugsportvereinigung (FSV) Schwalm nachgefragt, ebenso wie bei dem Vogelkundler Heinz Stübing. Anlass war auch die besorgte Zuschrift eines Lesers, aus dessen Sicht das Schleppflugzeug, das den Segelflieger am vergangenen Wochenende am Flugplatz Ziegenhain in die Höhe zog, einen Schwarm Kraniche gestört und irritiert hätte – sodass die Vögel aus Sicht des Lesers ihre Formation hätten aufgeben müssen und schreiend umhergeflogen seien.

Der Vogelkundler Heinz Stübing erklärt: „Die Zugvögel nutzen, ebenso wie die Segelflieger, Thermiken, um an Höhe zu gewinnen. Dabei formieren sie sich erst und fliegen danach weiter.“ Thermiken sind Aufwinde, die entstehen, wenn sich durch Sonneneinstrahlung der Boden und die darüberliegende Luft erwärmen. Diese erwärmte Luft steigt dann nach oben.

„Schreiende“ Laute normal

„Wenn man Vogelschwärme ihre Dreiecksformation verlassen sieht, denken die Menschen oft, sie wüssten nicht, was sie da tun“, sagt der Vogelkundler und ergänzt: „Die Zugvögel wissen dann ganz genau, was los ist. Sie begegnen dann einer Thermikblase, fliegen eine Weile durcheinander und das sieht oft so aus wie ein irrendes Umherfliegen. Tatsächlich formieren sie sich aber.“

Auch sei es demnach völlig normal, dass Kraniche Laute von sich geben, die wie ein „Schreien“ klingen: „Die Kraniche kommunizieren untereinander, die Alt- und Jungvögel stehen in Verbindung. Solche ‚schreienden‘ Laute sind dann gar nicht ungewöhnlich“, sagt der 87-jährige Heinz Stübing weiter.

Auch Klaus Schlingmann, Schriftführer des FSV Schwalm, macht stellvertretend für den Verein klar, dass man gerade an solchen Sonnentagen sehr sensibel sei im Bewusstsein der vorbeiziehenden Vögel und man sie auch beobachte: „Wir haben zum Beispiel auch gesehen, dass vorbeiziehende Formationen sich im Bereich Krankenhaus/Niedergrenzebach selbständig aufgelöst haben und die Kraniche versucht haben, in den schwachen thermischen Aufwinden kreisend Höhe zu gewinnen. Dies ist völlig normal und wurde nicht durch annähernde Flugzeuge ausgelöst.“

Kollision für Vögel und Flieger gefährlich

Aufgrund der Unberechenbarkeit im Verhalten der Vögel sei dem Verein bewusst, dass eine Annäherung an Vogelschwärme gefährlich für die Flieger, aber auch für die Vögel sei. Der Schriftführer ergänzt: „Auch durch die Größe der Kraniche, bis zu sieben Kilogramm bei über zwei Metern Spannweite und einer Geschwindigkeit von 45 bis 65 Stundenkilometern, ist eine Kollision mit einem Kleinflugzeug immer ein großes Risiko.“

Klaus Schlingmann macht gleichzeitig auf ein Problem aufmerksam, speziell bei unerlaubten Drohnenflügen im Bereich des Segelflugplatzes: Es gebe demnach Fälle, wo Menschen mit Drohnen versucht haben, möglichst nah an eine Vogelzugformation heranzufliegen, um Nahaufnahmen der Vögel zu bekommen. „Dies ist ein unverantwortliches Verhalten, das auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann“, sagt Schlingmann. Am hiesigen und an anderen Flugplätzen sei es durch unerlaubte Drohnenflüge schon zu Kollisionen mit Schlepp- und Segelflugzeugen gekommen.

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