Kulturgeschichte
Kunstwerk Jungschmiede-Tür bereichert Heimatmuseum Halver
Das historische Objekt mit seinen 22 Kacheln zur Familien- und Industriegeschichte ist nach dem Abriss des Firmensitzes gesichert worden.
Halver – Eine Tür mit kupfergetriebenen Motiven erzählt Stadt-, Familien- und Firmengeschichte. Die Eingangstür zur „Jungschmiede“ Heinrich Jung & Sohn am Herpiner Weg hat ein neues Zuhause gefunden. Fast genau zehn Jahre nach dem endgültigen Aus der Produktion am Herpiner Weg am 30. Oktober 2015 steht sie nun als Blickfang und Zeitzeuge im Eingangsbereich des Heimatmuseums Villa Wippermann.

„Seit wenigen Tagen steht die ,Jungtür‘ in unserem Foyer. Die von dem Fabrikanten und Heimatforscher Alfred Jung im Jahr 1962, zum 100. Geburtstag der Firma, bei dem Kunstschmied Kurt T. Neumann in Auftrag gegebene Tür zierte das Verwaltungsgebäude der Traditionsschmiede Heinrich Jung und Söhne im Herpiner Weg. 2023 wurde das Gebäude abgerissen. Die 400 Kilogramm schwere Tür wurde vom Heimatverein gesichert und ziert nun den Eingang vom Regional- und Heimatmuseum.“ Das schreibt Jana Eilhardt, Ausstellungsorganisatorin des Heimat- und Regionalmuseums, über das Kunstwerk.
Doch was macht die Tür historisch so wertvoll? Das offenbart der genaue Blick auf die Gestaltung des Objekts, das in 22 Kacheln Szenen zeigt, die von Bedeutung für Familien- und Industriegeschichte des Unternehmens und damit für die Stadt Halver sind. In einer Festschrift unter dem Titel „100 Jahre Jungschmiede“ wird jede Kachel des rund 400 Kilogramm schweren Objekts, entstanden 1962, kurz erklärt.
Neumann, Schlosser und Metallbildhauer, der viele Jahre in Lüdenscheid arbeitete und das Stadtbild mitgestaltete, greift nostalgisch und realistisch, oft auch humorvoll die Motive auf. „Auch Schmiede feiern gern nach einem langen Tag am Hammer“ ist ein Feld beschrieben, das einen Schmied zwischen Trauben beim Feiern zeigt. Ein verknautschtes Auto verweist auf die Bedeutung der Automobilindustrie für die Jungschmiede, die 1939 die ersten Schaltgabeln für den VW Käfer fertigte.
Auch um die Eisenbahn geht es auf der Tür. Jung produzierte Teile für Schienenfahrzeuge und hing viele Jahre auch logistisch von der Bahn ab. Das Gelände am Herpiner Weg war bis 1984 über ein Anschlussgleis an die Strecke Lüdenscheid Brügge angebunden, bis die Bundesbahn die Aufrechterhaltung der Strecke nicht mehr sichern konnte.
Neumanns Humor und gleichzeitige Skepsis zeigt sich in einer anderen Kachel. „Der Mann im Mond rauft sich nach dem ersten Weltraumflug die Haare. Sind die Menschen in ihrem Drang, die Welt zu erobern, maßlos geworden?“, lautet die Frage zum entsprechenden Feld.
Und auch eine Familientragödie ist dargestellt. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 1. Januar, stirbt als Jagdflieger Hans-Ulrich Jung, Enkel des Firmengründers. Die Kachel zeigt ein Flugzeug und einen symbolisierten Ikarus, Mythengestalt der Sage, die im Flug zu weit zur Sonne aufsteigt, die das Wachs seiner Flügel schmelzen lässt. Vom Selbstportrait und vom Osemundfeuer bis zu Kunst und Wissenschaft reicht die Palette der Motive.

Mehr als 60 Jahre sind die Halveraner am Herpiner Weg an dieser Tür vorbeigegangen. 2023 wurde sie durch den Heimatverein beim Abriss des Gebäudes gesichert. Jetzt ist sie wieder öffentlich zugänglich zu den Öffnungszeiten der Villa Wippermann.
