Rhein-Kreis. Nach 41 Jahren nimmt Hans-Jürgen Petrauschke nicht nur Abschied von der Kreisverwaltung, sondern auch von seiner treuen Büropflanze. Die Monstera, die einst als kleines Deko-Grün startete, sucht nun ein neues Zuhause. Wer Interesse hat, kann eine Mail schicken.
Die Zeichen stehen auf Umbruch im Ständehaus in Grevenbroich. Schon seit Wochen ist der Platz vor dem historischen Gebäude eine Baustelle. Das Mack-Kunstwerk, das dort eigentlich steht, ist abgebaut, der Boden aufgestemmt, Bagger und Laster rangieren. Sanierungsarbeiten – an Abwasserleitungen und am Kunstwerk. Wer sich trotzdem vorbei schlängelt und durch die schwere Eichentür tritt, läuft in die nächsten Bauarbeiten. Lärm dringt aus der ersten Etage. Zimmer 1.02 wird renoviert. Und zwar gründlich. Die Möbel lagern im Flur zwischen, von drinnen dröhnt schweres Gerät, das den Boden vom Teppichkleber befreit. Es ist das Büro des Landrats.
Das, in dem Hans-Jürgen Petrauschke 29 Jahre lang residierte, seit er 1996 Kreisdirektor wurde und danach nicht wie vorgesehen umziehen wollte. „Die Umzugskisten standen schon hier, als ich raus schaute und mich fragte: ‚Warum sollst du aus dem hellen Zimmer raus und runter ins Erdgeschoss?‘“ So blieb er in dem Büro mit Balkon und Blick in den Garten. Der Landrat liebt es nämlich grün. Zum 1. November zieht nun seine Nachfolgerin Katharina Reinhold dort ein. Bis dahin wird der Raum in Schuss gebracht.
Abschied der Monstera
Noch vor Petrauschke musste sich die Monstera von dem Büro verabschieden. Jene Zimmerpflanze, die ihm seit seiner Anfangszeit beim Rhein-Kreis Neuss vor 41 Jahren Gesellschaft leistete. Dank liebevoller Pflege entwickelte sie sich vom hübschen Deko-Grün zur heimlichen Chefin in Zimmer 1.02. Schließlich hat sie dort noch mehr Zeit verbracht als der Landrat selbst. Sie sorgte für ein gutes Raumklima (sollte es mal schlecht gewesen sein), reinigte die Luft (falls sie mal dick war) und nahm zuletzt einen stattlichen Teil des Raumes für sich ein. Die Monstera macht ihrem Namen eben alle Ehre. „Mit nach Hause nehmen kann ich sie nicht“, sagt Hans-Jürgen Petrauschke mit Bedauern, „dafür ist sie einfach zu groß“.
Doch wohin nun mit der Monstera? Die Pflanze mit den monströsen glatt-glänzenden Blättern, die Löcher und Schlitze entwickeln, um genug Licht durch diese „Fenster“ auch für die unteren Blätter einzufangen, wird im Deutschen deshalb Fensterblatt genannt und ist eine der beliebtesten Zimmer- und Büropflanzen hierzulande. Den Trick mit den Löchern hat sie sich im Dschungel angeeignet, denn ihr Ursprung liegt in den Regenwäldern Mittel- und Südamerikas. So bringt sie schon seit dem 19. Jahrhundert tropisches Flair in Innenräume – auch weil sie als sehr pflegeleicht gilt.
Expertin gibt Tipps
Um die Landrats-Pflanze in gute Hände zu vermitteln, sollte man wissen, was sie braucht. Das kann eine Expertin erklären: Susanne Abel, Mitarbeiterin im Gartencenter W. Dierath in Hoisten. „Die Monstera sollte hell stehen, aber keine direkte Sonne abbekommen, sonst kommt es zu Verbrennungen an den Blättern“, zählt sie als erstes auf. Und: Nicht direkt an der Heizung (wenn diese eingeschaltet ist, was bei Petrauschke tatsächlich nie der Fall war) und nicht im Durchzug – aber wer mag das schon? Außerdem sollte sie nicht zu nass gehalten werden, der Boden aber immer leicht feucht sein. „Zwei Mal in der Woche gießen reicht“, sagt auch der Landrat. Susanne Abel empfiehlt außerdem, sie zu düngen: „In der Zeit von März bis September. Ab Oktober geht sie in die Winterruhe, dann stagniert das Wachstum wegen der Lichtverhältnisse“. Die Expertin fasst zusammen: „Wenn die Monstera sich wohlfühlt, wächst sie sehr stark und bildet Luftwurzeln.“ Zum Ranken könne man ihr einen Bambusstab reichen, der mit Kokos ummantelt ist und bei Bedarf teleskopartig verlängert werden kann.
„Bei der Monstera ist der Name gesetzt“, sagt Susanne Abel, die selbst verständlich auch im eigenen Zuhause eine bei sich wohnen hat. Mit der sie – ebenso wieder der Landrat mit seiner Pflanze – etwas Bestimmtes verbindet. „Meine Eltern haben sie zur Hochzeit geschenkt bekommen“, erzählt die 53-Jährige, „inzwischen haben alle Kinder einen Ableger, die auch schon groß sind“.
Unfall mit Verletzung
Apropos Ableger: So ganz spurlos ist der Auszug aus Zimmer 1.02 leider nicht an der Landrats-Pflanze vorbeigegangen. Beim Rangieren ist ein Trieb abgebrochen. „Das hat mich schon sehr geärgert, als ich das am Wochenende gesehen habe“, gesteht Petrauschke. Der aber als Ersthelfer zur Stelle war – mit einem Eimer Wasser, in dem der Trieb nun steht, „damit er Wurzeln bildet“. „Das ist tatsächlich möglich“, sagt auch die Expertin aus dem Gartencenter, könne aber rund drei Wochen dauern. Sie wagt auch eine Ferndiagnose anhand von Fotos: „Die Monstera sieht gesund und kräftig aus. Man könnte sie aber mal umpflanzen.“
Das wäre doch ein prima Start in ihr neues Leben nach der Ära Petrauschke. Interessenten mögen sich bitte melden!
(dhk)
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