Verkehr in Holzkirchen
Lärmaktionsplan: Marktgemeinde will mit Daten überzeugen
Tempo 30 innerorts in Holzkirchen? Davon scheinen übergeordnete Verkehrsbehörden nicht gerade begeistert. Ein stiller Zeuge am Straßenrand soll für die Marktgemeinde das Blatt wenden: die „Topo-Box“.
Holzkirchen – Der Verkehrslärm entlang der Hauptverkehrsachsen ist eine Belastung für die Holzkirchner, das liegt für die Markgemeinde auf der Hand. Sie will mit einem Lärmaktionsplan gegensteuern.
Ein einfach umzusetzendes Mittel, Lärm zu reduzieren, könnte in einigen Bereichen Tempo 30 sein, was inzwischen selbst auf den Staats- und Bundesstraßen denkbar ist, die Holzkirchen durchziehen. Doch übergeordnete Verkehrsbehörden zeigten sich bisher skeptisch. Um in diesem Poker ein besseres Blatt in der Hand zu halten, hat die Gemeinde ein Ass aus dem Ärmel gezogen: eine „Topo-Box“.
Der unscheinbare hellgraue Kasten hängt an der Straße, zählt und misst. Jedes Fahrzeug, das passiert, wird mit Geschwindigkeit, Fahrtrichtung und Fahrzeugklasse – Pkw oder Lkw – erfasst. Sieben Tage und Nächte lang an einer Stelle, dann wandert das Gerät weiter. Das Statistik-Radar blitzt niemanden und meldet auch kein Nummernschild. Es sammelt keine personenbezogenen Daten oder manipuliert das Verhalten der Fahrer, indem es etwa mit einem Smiley die gefahrene Geschwindigkeit kommentieren würde, erläuterte Tim Coldewey von der Holzkirchner Standortförderung am Dienstag dem Gemeinderat. Der stumme Zeuge am Straßenrand soll die Datengrundlage verbessern, um objektive Messungen zu haben in der Debatte mit Behörden oder mit Bürgern, die glauben, in ihrer Straße werde gerast. Die Gemeinde will weg von gefühlten Wahrheiten.
Topo-Box sammelt Verkehrsdaten
Zwischen Mitte Januar und Ende April sammelte die Topo-Box jeweils sieben Tage lang Verkehrsdaten an 15 Standorten in Holzkirchen, Großhartpenning und Föching, die mit dem Landratsamt vereinbart worden waren. Die Messergebnisse hat Coldewey nun dem Gemeinderat vorgestellt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der sogenannten v85: die Durchschnittsgeschwindigkeit, die 85 Prozent der Vorbeifahrenden an der Stelle auf dem Tacho haben. Das verhindert, dass einzelne Ausreißer die Aussagekraft der Daten verfälschen. „Das bringt uns inhaltlich voran“, erklärte Coldewey.
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Ob am McDonald‘s-Kreisel, der Miesbacher Straße, Nordumfahrung, der Ortsdurchfahrt in Großhartpenning oder der Hauptstraße in Föching: „Wir sind bei allen Werten sehr nah am Regelwert“, schilderte Coldewey, „die Leute verhalten sich sehr regelkonform.“ Es sei auch nicht so, dass man in Holzkirchen aufgrund des Verkehrsaufkommens ohnehin nur mit 30 km/h vorankäme.
Robert Wiechmann (Grüne) hofft, dass die neue Datengrundlage bei den übergeordneten Behörden sticht. Auch Simon Ammer (SPD) fand: „Im Lärmaktionsplan wurde mit Erfahrungswerten gerechnet – jetzt haben wir den Beweis in der Hand, dass diese Geschwindigkeiten auch gefahren werden.“ Die Berechnungen der Lärmbelastung seien also zutreffend. Torsten Hensel (FWG) wunderte sich, dass die Verkehrszahlen deutlich niedriger ausfielen als in bisherigen Verkehrskonzepten. Das überraschte auch Bürgermeister Christoph Schmid (CSU): „Ich hätte an ein paar Stellen eine fünfstellige Zahl erwartet.“ Es handle sich nun um eine Echtzeitmessung. Coldewey schränkte ein, dass die Daten eine Momentaufnahme seien. Schmid kündigte auf Nachfrage von Tim Roll (SPD) an, die Daten etwa bei der Bürgerversammlung zu veröffentlichen: „Die Präsentation muss einigermaßen verdaulich sein.“ Der Gemeinderat erteilte der Verwaltung einstimmig den Auftrag, aus den Daten Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Landratsamt hat noch nicht reagiert
Die Zahlen lägen seit Sommer auch dem Landratsamt vor. Dieses ließ sich aber noch nicht in die Karten schauen: „Wir haben vom Landratsamt noch keine Reaktion“, so Coldewey. Die Marktgemeinde schicke im Rahmen des Lärmaktionsplans zusätzliche Berechnungen zur Lärmemission nach und baue die Datengrundlage weiter aus. „Wir versuchen, dranzubleiben“, so Coldewey. „Es geht uns um das Wohlbefinden und den Schutz der Bevölkerung vor übermäßigem Lärm.“
