„Mehr als irritiert“ – Rehlinger reagiert mit Brief an Merz auf Panzer-Forderung

Er macht schon was her der Brief, geschmückt mit den Wappen der fünf bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesländer der Republik. „Die Ministerpräsidenten“ steht darüber, handschriftlich unterschrieben von den Länderfürsten aus Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen, gerichtet an den „sehr geehrten Herrn Bundeskanzler“. Und in einer seltenen Deutlichkeit fordern diese fünf Ministerpräsidenten einen Stopp für den Panzer-Großauftrag an den finnischen Hersteller Patria.

Forderung: Deutsche Panzer statt Finnische

So seien „vorrangig Produkte der nationalen Verteidigungsindustrie zu berücksichtigen, nicht nur aus wirtschafts-, sondern auch aus technologie- und sicherheitspolitischen Aspekten. Dies gilt auch für die Nachfolgeplanung des Transportpanzers ‚Fuchs‘.“ Die kaum verhohlene Botschaft dahinter ist die Forderung, statt auf Patria aus Finnland auf den neuen „Fuchs“ des deutschen Herstellers Rheinmetall zu setzen.

Das Problem: Damit wenden sie sich unmittelbar gegen eine Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums und Beschlüsse des Verteidigungs- und Haushaltsausschusses des Bundestages. Und vor allem wenden sie sich damit gegen eine Entscheidung, von der das Saarland maßgeblich profitieren wird. Denn die bis zu 3500 Panzer von Patria sollen zum Großteil bei KNDS Maintenance im saarländischen Freisen gebaut werden. Patria hatte für die Nachfolge des in die Jahre gekommenen Transportpanzers „Fuchs“ den Zuschlag bekommen, mittlerweile ist ein erstes Testmodell bewilligt.

Auftrag bedeutet für Standort Freisen einen deutlichen Anstieg Arbeitsplätze

Für den Standort Freisen würde der milliardenschwere Auftrag einen deutlichen Aufwuchs an Arbeitsplätzen bedeuten. Schon für 1000 Patria sollten rund 300 Millionen Euro in die Anlagen in Freisen investiert werden und die Zahl der Beschäftigten am Standort sollte von 700 auf bis zu 1000 steigen. Mit dem geplanten Aufwuchs auf bis zu 3500 Panzer dürfte diese Zahl noch einmal deutlich steigen, aber eben nur im Saarland und damit zum Missfallen der anderen Bundesländer.

Und so kritisieren die Ministerpräsidenten: „Auch bei einer Endmontage eines ausländischen Systems in Deutschland würde die Wertschöpfung weiterhin weitestgehend im Ausland stattfinden.“ Deshalb fordern sie vom Kanzler: „Bei der Nachfolge des Transportpanzers ,Fuchs’ im weiteren Verfahren auch rein nationale Lösungen zusätzlich zu berücksichtigen, aus inländischer Produktion mit inländischer Wertschöpfung.“

Nicht alle Unterzeichner des Briefes würden direkt von der Vergabe an Rheinmetall profitieren

Nicht alle fünf Bundesländer würden unmittelbar von einer Vergabe an Rheinmetall profitieren, aber mindestens indirekt, weil zahlreiche Zulieferer von den Aufträgen profitieren. Schon im Vorfeld der Beratungen im Bundestag war von massivem Lobbyismus von Rheinmetall zu hören. Offenbar wollte Hessen das Thema laut SZ-Informationen auch auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz, die diese Woche stattfindet, hieven. Nachdem der Punkt aber wieder gestrichen wurde, kam es zu dem Brief.

Auf den das Saarland durchaus sorgenvoll, aber auch verwundert und mit einem eigenen Brief der Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) an den Bundeskanzler reagiert. Die Landesregierung sei „mehr als irritiert“ von dem Vorgehen der fünf Bundesländer – sowohl mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und die schnellstmögliche Ausrüstung, aber auch mit Blick auf die Chancen fürs Saarland. Die Produktion in Freisen bedeute „mehrere Hundert hochwertige dauerhafte Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region“, schreibt Rehlinger. Entscheidungen dieser Tragweite seien „nicht im letzten Moment politisch abänderlich“.

An Entscheidung beteiligte Saar-Abgeordnete warnen vor Änderungen am Beschluss

Auch die an den Entscheidungen beteiligten Abgeordneten aus dem Saarland warnen vor Änderungen am Beschluss. So stellt der CDU-Abgeordnete Roland Theis, Mitglied im Verteidigungsausschuss, klar: „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie weiter zu dieser Entscheidung steht. Eine europäische Verteidigungsindustrie wird am Ende den deutschen Steuerzahler auch weniger kosten als eine nationale Industrie, die durch politische Protektion den Wettbewerb um das beste Produkt für die Truppe zu umgehen versucht.“

Ähnlich deutlich auch der Kommentar des stellvertretenden SPD-Fraktionschefs Esra Limbacher: „Entscheidend ist, dass wir die besten verfügbaren Technologien beschaffen und gleichzeitig die europäische Verteidigungsindustrie stärken. Davon profitieren die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, der deutsche Steuerzahler sowie unsere heimischen Betriebe gleichermaßen.“

Brief macht deutlich: Bei Entscheidung geht es um viel Geld

Allerdings macht der Brief aus den großen Bundesländern nicht zuletzt, weil er über Parteigrenzen hinweg unterschrieben ist, eines deutlich: Es geht um viel Geld und einflussreiche Rüstungsunternehmen. Es bleibt also abzuwarten, ob in den Briefen wirklich die letzten Worte in der Sache gesprochen wurden.

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