„Merz als Frauenrechtler ist lächerlich“: Das sagen Münchnerinnen und Münchner zur „Stadtbild“-Debatte

Große Umfrage nach dem Kanzler-Satz

„Merz als Frauenrechtler ist lächerlich“: Das sagen Münchnerinnen und Münchner zur „Stadtbild“-Debatte

Nach der „Stadtbild“-Aussage von Kanzler Friedrich Merz sprechen Münchnerinnen und Münchner über ihr Sicherheitsgefühl in der Stadt.

München – Ein ungutes Gefühl nachts in der U-Bahn: Viele kennen das. Am Mittwoch (22. Oktober) stellte der Kreisjugendring eine Studie mit erschreckenden Zahlen vor. Tausende junge Leute wurden befragt – und über ein Viertel der Frauen berichtet, im öffentlichen Nahverkehr schon sexuell belästigt worden zu sein.

Gleichzeitig hallen die Aussagen von Friedrich Merz (CDU) nach. Der Kanzler hatte mit seinem „Stadtbild“-Satz die Debatte ums Sicherheitsgefühl angeheizt und sie in Zusammenhang mit Migration gesetzt. Wir fragten die Münchnerinnen und Münchner: Wie sicher fühlen Sie sich?

Lisa Fröhlich, 23, arbeitet in einem Softwareunternehmen

„Ich fühle mich wirklich sicher in München, bin auch in der Nacht mit meinem Rad unterwegs und fahre häufig am Hauptbahnhof vorbei. Schlechte Erfahrungen mit dem „Stadtbild“ habe ich nicht gemacht. Die Äußerungen des Kanzlers finde ich daneben. Ich meide aber Drogenumschlagplätze wie den Nußbaumpark.“

Tabea Schwaiger, 30, Bar-Chefin aus München

„Grundsätzlich fühle ich mich sicher – weil ich mir Strategien angeeignet habe. Denn ich habe Erfahrungen mit Männern gemacht, die kein Nein von mir akzeptieren. Die mich nur in Ruhe lassen, wenn ein Mann dazwischengeht. Deshalb fahre ich nur mit dem Auto zur Arbeit und ich gehe nie allein in die Tiefgarage. Ich bin Co-Chefin der Gehölz-Bar. Dort in der Schellingstraße in der Maxvorstadt weiß man nie, wer in die Garage kommt. Und man hört immer wieder von Übergriffen in Tiefgaragen. Es braucht mehr Aufklärung. Viele wissen gar nicht, in welche unangenehme Situationen Frauen gebracht werden.“

Tamara Hatzinger, 20, Studentin aus München

„Nachts fahre ich manchmal lieber mit dem Auto heim und schaue, dass ich nicht alleine unterwegs bin. Da mach ich mir schon Gedanken, wenn mir ein Mann über den Weg läuft. Vor allem Catcalling ist immer noch sehr präsent. Mit der Migrationspolitik hat das aber nichts zu tun.“

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Bettina Spahn, 61, Leiterin der katholischen Bahnhofsmission

„Wir fühlen uns hier am Bahnhof sicher, weil wir Konzepte haben und etwas dafür tun, dass wir sicher sind. Dazu kommt, dass wir in sehr gutem Austausch mit allen am Hauptbahnhof stehen.“

Mara S., 67, Rentnerin

„Draußen in Freimann oder Milbertshofen fühle ich mich nachts nicht so sicher wie in der Innenstadt. Aber auch hier gibt es Ecken, die ich gemieden habe. Zum Beispiel den Alten Botanischen Garten. Das war nicht so lustig – mit der Drogenszene und den Raufereien. Man darf aber nicht pauschalisieren und nur Migranten verdächtigen. Da gibt es viele, die nett und engagiert sind.“

Paul Lehmann, 21, Student

„Eigentlich fühle ich mich in ganz München sicher, auch nachts. Brennpunkte sehe ich keine. Am Stadtbild muss man nichts verändern, das ist Schwachsinn. Die Aussagen von Friedrich Merz finde ich echt unverständlich. Es ist genau richtig, dass wir eine bunte Stadt haben.“

Susanne Hofmann, 62, Standlfrau Tölzer Kasladen auf dem Viktualienmarkt

„Unser Viktualienmarkt ist multikulturell und einfach grandios. Hier trifft sich die Welt, und auch viele Helfer und Mitarbeiter haben einen Migrationshintergrund. Ich kann nur Positives sagen und habe mich noch keinen einzigen Tag unwohl gefühlt. Ganz im Gegenteil.“

Michaela May, 73, Schauspielerin

„Die Sicherheit ist allgemein zurückgegangen, man fühlt sich generell nicht mehr so sicher wie früher. Die Gewaltbereitschaft ist gestiegen. Aber das liegt nicht speziell an Ausländern. Man wird von Bundesbürgern genauso angepöbelt.

Kristina Berchtold, 39, aus München

„Ich fühle mich weitestgehend sicher. Aber unflätig angesprochen, bedrängt oder bedroht werde ich nur von Männern. Damit Frauen sich sicherer fühlen, braucht es bessere Beleuchtung, übersichtliche Wege und sichere Nahverkehrsanbindungen. Und auch ÖPNV-Sicherheitspersonal, niedrigschwellige Meldestellen für Belästigung, Schutzräume, Aufklärung und Zivilcourage. Dass Herr Merz sich als Frauenrechtler präsentiert, ist lächerlich. Er nutzt Frauen als rhetorisches Feigenblatt für rechtspopulistische Migrationspolitik.“

Clemens Baumgärtner, 49, OB-Kandidat der CSU

„München wäre ohne Migranten nicht so erfolgreich und lebenswert. Deshalb müssen Probleme durch illegale Migration klar benannt werden. In München gibt es Orte, an denen sich Menschen nicht mehr sicher fühlen: am Hauptbahnhof oder im ÖPNV.“

Kathrin Wickenhäuser-Egger, 46, Wirtin

„Wir sind seit über zehn Jahren im südlichen Bahnhofsviertel und wir lieben die Gegend mit ihrer kulturellen Vielfalt! Aber seit einigen Jahren wird es einfach immer schlimmer – umzingelt von Baustellen, lieblosen Ecken und Müll. Dazu Auseinandersetzungen auf den Straßen, Drogendelikte. Wir fühlen uns oft allein gelassen. Unsere drei Kinder sollen sich hier gut und sicher bewegen können. Aber das macht mir als Frau und Mutter heute schon Angst, wenn meine Kinder in ein paar Jahren abends in der Stadt unterwegs sein wollen.“

Luise Kinseher, 56, Kabarettistin

„Friedrich Merz steht sehr unter Druck beim Migrationsthema. Ich würde mir aber eine differenzierte und keine populistische Debatte darüber wünschen. Und keine Ausländerfeindlichkeit. Ich wohne seit mehr als 35 Jahren in München und fühle mich sicher – trotz Brennpunkten wie am Bahnhof.“

Anna Stehr, 25, Angestellte in einem Restaurant

„Ich ziehe zwar bald in ein Dorf, aber in München habe ich mich immer sehr sicher gefühlt, gerade in der Innenstadt. Nur an manchen Orten wie dem Hauptbahnhof oder am Stachus ist es ein bisschen wild. Beim Bahnfahren am Abend oder in der Nacht hab ich aber noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Die Aussagen des Kanzlers finde ich schwierig.“

Lotte Hauspy, 20, Studentin

„Nach 22 Uhr fahre ich in München nicht mehr so gerne mit der S-Bahn. Auch im Englischen Garten laufe ich nachts nur ungern alleine rum. Das liegt aber nicht an der Migration. Trotzdem hat die Debatte ihre Berechtigung, gerade wegen uns Mädels. Was ich gar nicht mag, ist von fremden Männern angesprochen zu werden – und diese intensiven Blicke.“

Sybille Loew, 64, Leiterin der Münchner „Insel“

„Ich habe mich persönlich noch nie unsicher in München gefühlt. Ich erlebe unsere Stadt als bunt und bereichernd. In anderen Städten ist das sicher anders. Das liegt aber an der Armuts- und nicht an der Migrationssituation.“

Sarah Hrustic, 19, Studentin

„Bei einem Vergleich mit Nürnberg fühle ich mich in München sicher. Nachts fährt die U-Bahn inzwischen durch, das ist gut. Unsicher fühle ich mich hier nur wegen Männern an sich – egal welcher Herkunft.“

Gerhard S., 68, Rentner

„Vor 30 Jahren war es in München ein bissl ruhiger. Am Wochenende bin ich abends manchmal unterwegs. Das Bahnhofsviertel mag ich nicht so gerne. Das ist wahrscheinlich in jeder größeren Stadt so. Mit Ausländern habe ich jedenfalls noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.“

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