Morning Briefing: „Probleme mit illegalen Migranten, die sich nicht an Regeln halten“

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser!

Nach seiner Äußerung zu Problemen mit Migranten im „Stadtbild“ hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erstmals genauer erklärt, was er damit meint. Schon heute seien Menschen mit Migrationshintergrund „unverzichtbarer Bestandteil unseres Arbeitsmarktes“. Probleme würden aber diejenigen Migranten bereiten, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, die nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten:

„Viele von diesen bestimmen auch das öffentliche Bild in unseren Städten.“

Deshalb hätten mittlerweile so viele Menschen „Angst, sich im öffentlichen Raum zu bewegen“. Das betreffe Bahnhöfe, das betreffe U-Bahnen, das betreffe bestimmte Parkanlagen, so Merz. „Das bestimmt ganze Stadtteile, die auch unserer Polizei große Probleme machen.“

Aus der pauschalen Kritik des Kanzlers am Problem mit Migranten im Stadtbild wurde – auf dem Umweg über die eigenen Töchter, die man nur mal fragen müsse, was gemeint sei – ein legitimer Hinweis auf Probleme mit illegalen Migranten, die sich nicht an Regeln halten.

Der Kanzler dürfte damit eine uneinholbare Jahresbestleistung im Zurückrudern aufgestellt haben. Aber immerhin ist er mit dieser Erläuterung selbst über die Grenze zwischen Rassismus und dem deutlichen Benennen von Problemen migriert – diesmal in die richtige Richtung.

Tricksereien beim Sondervermögen

Bereits als in Berlin die ersten Pläne für ein „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität“ (SVIK) kursierten, warnten ordnungspolitisch orientierte Ökonominnen und Ökonomen: Solch ein zusätzlicher Schuldentopf werde dazu führen, dass im regulären Haushalt noch weniger Geld für staatliche Investitionen vorgesehen sei, weil sich die nun an der Schuldenbremse vorbei ins Sondervermögen verschieben lassen.

Laut Bundesrechnungshof ist es genau so gekommen. Die Planungen für das SVIK enthielten „wiederkehrende Mängel“, heißt es in einem Bericht des Rechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestags, der SaboReporter Julian Olk vorliegt. Und weiter:

Zudem sei nicht in jedem Fall klar, dass die geplanten Ausgaben investiv seien. Das heißt: Offenbar werden aus dem Sondervermögen nicht nur Investitionen, sondern auch Konsumausgaben finanziert.

Beispiel 1: Die Bundesregierung will „Baukostenzuschüsse für einen Infrastrukturbeitrag zur Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes“ vollständig in das Sondervermögen verlagern. Der Titel umfasst für 2026 rund 16 Milliarden Euro. Das entspricht laut Rechnungshof nicht der Zweckbestimmung des SVIK als „zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur“.

Beispiel 2: Das Forschungsministerium will aus dem SVIK einen Teil des „1000-Köpfe-Programms“ finanzieren, mit dem internationale Talente ins deutsche Wissenschaftssystem gelockt werden sollen. Es geht um 50 Millionen Euro. Aus Sicht des Rechnungshofs handelt es sich dabei nicht um eine Investition, sondern um einen Konsumposten.

Die Bundesregierung weist die Vorwürfe des Rechnungshofs zurück.

Neue Russland-Sanktionen

Die EU-Staaten haben sich kurz vor ihrem heutigen Gipfeltreffen auf eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland verständigt. Die Pläne sehen unter anderem vor, Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl weiter zu reduzieren.

Die US-Regierung verhängt derweil Sanktionen gegen die beiden größten russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil.

US-Präsident Donald Trump hat das in Aussicht gestellte Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Budapest nach eigenen Angaben abgesagt. Es hätte sich nicht danach angefühlt, als würde man dahin kommen, wo man hinkommen müsste, sagte der Republikaner bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte.

Offenbar spielen USA und EU derzeit mal wieder im gleichen Team: Ziel ist, gegenüber Russland einen Waffenstillstand entlang der derzeitigen Frontlinie durchzusetzen – und der russischen Forderung entgegenzutreten, die Ukraine müsse zunächst kampflos die gesamte Region Donezk räumen.

Alle Neuigkeiten zum Krieg in der Ukraine finden Sie in unserem Blog.

Tesla mit Umsatzplus, aber Gewinnrückgang

Tesla hat trotz eines Verkaufsrekords im vergangenen Quartal den nächsten Gewinnrückgang verbucht. Der Elektroauto-Hersteller verdiente 1,37 Milliarden US-Dollar, das waren 37 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Umsatz stieg um zwölf Prozent auf knapp 28,1 Milliarden Dollar. Das war mehr, als Analysten erwartet hatten.

Vermögensvernichtung dank Festgeld

Bei der Geldanlage gibt es nur einen Weg, ganz sicher Geld zu verlieren, nämlich Fest- und Tagesgeld. Selbst gehebelte Put-Optionen auf die Ananasernte in Alaska bieten nicht jene absolute Vermögensvernichtungsgarantie, mit der ausgerechnet die beliebteste Sparform der Deutschen aufwarten kann.

Zinsfachmann Toni Merkel vom Onlineportal Tagesgeldvergleich hat sich 676 Festgeldangebote aus ganz Deutschland mit Laufzeiten zwischen einem Monat und zehn Jahren angeschaut. Der Realzins, also das, was nach Abzug der Inflation übrig bleibt, ist bei den meisten Angeboten negativ. Nur die Angebote mit den höchsten Zinsen schaffen es, nicht nur die Inflation von aktuell 2,4 Prozent auszugleichen, sondern auch noch etwas mehr zu bieten.

Unsere Grafik zeigt, dass dieses Phänomen nicht ungewöhnlich ist. In den vergangenen drei Jahren konnten Sparer lediglich im Jahr 2024 ihr Geld real vermehren. Beim Tagesgeld sieht es ähnlich aus.

Bundesbank versus Wall Street

Alles ist relativ, wusste schon Albert Einstein. Und auch die drei Milliarden US-Dollar, die die US-Bank JP Morgan für ihr neues Hauptquartier in Bestlage von Manhattan ausgegeben hat, sind nur ein relatives Zeichen von Größenwahn.

Was die Deutsche Bundesbank in Frankfurt geplant hatte, spielt in einer ganz anderen Arena des Irrsinns: Der Finanznewsletter „Platow-Brief“ berichtete im August über Gutachten des Bundesrechnungshofs, die die Kosten für den neuen Bundesbank-Campus zwischen 3,59 Milliarden und 4,6 Milliarden Euro bezifferten. Für das Geld hätte es anders als bei JP Morgan keinen neuen 423-Meter-Wolkenkratzer von Norman Foster gegeben, sondern eine Sanierung des über 50 Jahre alten Hauptgebäudes, ergänzt um einige Neubauten. Dieser Plan ist zum Glück inzwischen vom Tisch.

Apropos Tisch: Aussagekräftiger als die absoluten Kosten sind womöglich die Kosten pro Schreibtisch. Bei JP Morgan belaufen sie sich auf 300.000 Dollar. Ob die Bundesbank am Ende auf diesen Schnitt kommt, ist mehr als ungewiss. Laut Bundesrechnungshof standen zeitweise bis zu einer Million Euro pro Arbeitsplatz im Raum.

Mir erscheint die Bundesbank-Anekdote, die mein Kollege Jakob Blume recherchiert hat, symptomatisch für unseren ganz eigenen Größenwahn in Deutschland: Wir verplempern Unsummen bei schlecht gemanagten Bauprojekten und hocken am Ende immer noch im sanierten 60er-Jahre-Beton. Und von dort aus mokieren wir uns dann über die Verschwendungssucht der Wall Street. Die haben dafür wenigstens Gerhard Richter im Foyer.

Ich wünsche Ihnen einen Donnerstag, der sein Geld wert ist.

Herzliche Grüße,

Ihr

Christian Rickens

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