Eine Wohnplattform, auf der alte und junge Menschen zusammenfinden, und eine Lernapp für Kinder: Zwei Münchner Start-ups zeigen, dass sich auch gesellschaftlich relevante Ideen auszahlen können.
Wo wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Nutzen zusammengehen
Zwei Ideen, zwei Lebenswelten – und eine gemeinsame Botschaft: Aus der Lösung gesellschaftlicher Probleme können unternehmerische Chancen entstehen. Mit dem Münchner Gründerpreis 2025 ehrt die Stadtsparkasse in diesem Jahr die Wohnplattform „inGemeinschaft“ und das Bildungs-Start-up Edurino. Beide zeigen auf sehr unterschiedliche Weise, dass wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Nutzen kein Widerspruch sein müssen.
Für Stefan Hattenkofer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse und seit Jahren einer der treibenden Köpfe hinter dem Preis, verkörpern die beiden Preisträger den Geist der Münchner Gründerszene: „Sie zeigen, wie mit kreativen Lösungen und gesellschaftlich relevanten Ideen wirtschaftlicher Erfolg erzielt werden kann. Genau solche Ideen braucht das Land – und solche Gründerinnen und Gründer wollen wir sichtbar machen.“
Das Start-up inGemeinschaft ist gerade einmal ein Jahr alt – und trifft mit seiner Idee einen Nerv: Philipp Bögner, Anne Hufnagel und Andre Schmöller bringen Menschen unterschiedlichen Alters zusammen, die ihren Wohnraum teilen möchten. Ältere Menschen mit viel Platz treffen über die Plattform auf Studierende, Auszubildende oder Berufseinsteiger, die ein Zimmer suchen. Doch es geht um mehr als nur Quadratmeter: „Wir vermitteln keine Wohnungen, sondern Menschen, die zusammenleben wollen“, sagt Schmöller, einer der Geschäftsführer. Er selbst sei überrascht, wie viele ältere Menschen ihren Wohnraum gerne teilen wollen – weil sie Gesellschaft suchen oder die zusätzlichen Mieteinnahmen gut brauchen können.
Das Prinzip ist einfach: Vermieter und Mieter melden sich kostenfrei auf der Plattform an. Die alleinstehende Rentnerin beschreibt ihr Zimmerangebot und ihren Wunsch-Mitbewohner – gesellig oder ruhig, Mann oder Frau? Der Student wiederum stellt sich mit Hobbys, Interessen und seinen Vorstellungen vom Zusammenleben vor. Eine KI schlägt passende Wohnpartner vor, ein Community-Manager prüft, ob es auch menschlich passt. Danach wird ein persönliches Kennenlernen organisiert.
Bevor jemand einzieht, unterstützt das Team beide Seiten dabei, Erwartungen und Regeln festzuhalten – von Küchenzeiten über Lautstärke bis zu Besuchsregeln. „Wie in jeder Beziehung ist es besser, vorher über mögliche Konflikte zu sprechen“, sagt Schmöller. Das Start-up prüft zudem Hintergrund und finanzielle Situation der Interessenten und kümmert sich um Verträge und Versicherungen.
Für Schmöller ist inGemeinschaft ein „Social-Impact“-Unternehmen – mit Idealismus, aber auch mit einem klaren Geschäftsmodell. Kommt ein Untermietvertrag zustande, zahlen Mieter monatlich 50 Euro Servicegebühr an das Start-up. „Wir wollen wachsen – zuerst in München, dann in Berlin und Köln“, sagt er. Besonders wichtig, aber auch schwierig, sei es, die ältere Generation zu erreichen: „Viele würden gerne mitmachen, wissen aber nicht wie. Wir holen sie ab – analog, auf Stadtteilfesten, in Seniorentreffs“, sagt Schmöller. Oft helfen Kinder oder Enkel beim Anmelden auf der Plattform. Der Markt ist groß: In Deutschland leben rund sechs Millionen Seniorinnen und Senioren allein. Zehn Prozent davon sieht der Gründer als potenzielle Kundschaft.
Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen: Ältere Menschen verfügen in Deutschland im Schnitt über deutlich mehr Wohnraum als jüngere. Alleinlebende Seniorinnen und Senioren lebten 2022 auf durchschnittlich 83 Quadratmetern, während der Durchschnittsbürger auf 49 Quadratmetern wohnte. „Das spiegelt das gigantische Problem, das wir in Deutschland haben“, sagt Schmöller. „Unser Konzept kann helfen, dieses Ungleichgewicht zu verringern und gleichzeitig Einsamkeit zu bekämpfen.“
Eine ganz andere Zielgruppe hat das Münchner Start-up Edurino im Blick, Gewinner in der Kategorie Aufsteiger. Das Unternehmen hat eine Lernplattform für Kinder entwickelt, die digitale und analoge Welt miteinander verbindet. Kinder setzen eine Spielfigur auf ein Tablet mit der Edurino-App und aktivieren so eine Lernwelt. So lernen sie spielerisch Lesen, Rechnen und erste digitale Kompetenzen – eine Vorbereitung auf die Schule und die digitale Welt zugleich.
Der Münchner Gründerpreis wird seit 1997 vergeben – lange bevor Start-ups zum Modethema wurden. Zu den früheren Preisträgern zählen heute bekannte Namen wie Flixbus, Dean & David, Air Up oder Happybrush. Mit der Auszeichnung sollen Gründungsklima und Unternehmertum in München gestärkt werden.
„Als Stadtsparkasse sehen wir uns in der Verantwortung, junge Unternehmen zu fördern und Mut zum Gründen zu machen“, sagt Hattenkofer. „Deutschland braucht mehr Menschen, die etwas wagen – und weniger Angst vorm Scheitern haben.“ Ein Preisgeld gibt es nicht – dafür aber viel Sichtbarkeit: Die Gewinner erhalten mediale Aufmerksamkeit, wertvolle Kontakte, eine Folge im Gründer-Podcast und einen Beratungstag mit einem erfahrenen Business Angel.
