Ein 44 Jahre alter ehemaliger Drogenfahnder muss sich seit Mittwoch vor dem Landgericht Darmstadt verantworten, weil er interne Informationen der Polizei an eine Gruppe von Rauschgifthändlern weitergegeben haben soll. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat der Polizist damit den Schmuggel von Marihuana und Haschisch aus Spanien nach Deutschland und den Verkauf der Drogen im Raum Offenbach unterstützt. Er habe die Bande aus drei Verdächtigen vor Polizeiaktionen, etwa Kontrollen, gewarnt.
Aufgrund dieser Informationen seien manche Lieferungen umgeplant worden. Auf diese Weise habe der Beamte die Ermittlungen gegen die Rauschgifthändler erschwert.
In der Anklage werden 20 Fälle genannt, in denen Cannabis aus Spanien ins Rhein-Main-Gebiet geschmuggelt worden sein soll. Die einzelnen Lieferungen umfassten der Anklage zufolge teils mehr als 100 Kilogramm.
Angaben zu Kleinbus für Observation
Außerdem habe der Angeklagte Johannes B. einen Mann aus der Gruppe auf zivile Fahrzeuge der Ermittler aufmerksam gemacht. So habe er ihm mitgeteilt, die Polizei verfüge über einen Kleinbus mit Kamera, der für Observationen genutzt werden könne, auch wenn niemand in dem Bus sitze. Der Polizist habe angegeben, dieser Bus stehe im Kaiserleigebiet in Offenbach. Auch das Kennzeichen eines anderen Zivilfahrzeugs der Polizei habe der Beamte dem Kontaktmann genannt.
Der Verdacht gegen den Drogenfahnder war aufgekommen, als bei Ermittlungen wegen Rauschgifthandels ein Foto entdeckt wurde, das den Polizisten mit einem Verdächtigen aus der Gruppe zeigt, wie eine Beamtin des Landeskriminalamts als Zeugin berichtete.
Dem Polizeibeamten wird Verletzung des Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt vorgeworfen, wie es in der Anklage heißt. Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft. Die Gruppe der drei mutmaßlichen Drogenhändler wurde schon verurteilt, die Entscheidung ist aber nach Auskunft der Staatsanwaltschaft noch nicht rechtskräftig.
Angeklagter bestreitet, ein Verräter zu sein
Am ersten Verhandlungstag wollte der Angeklagte keine Aussage machen, wie seine Anwälte angaben. Zuvor hatte er sich allerdings schriftlich zu den Vorwürfen geäußert. Die Einlassung, die der Angeklagte nach der Durchsuchung seiner Wohnung verfasst hatte, wurde am Mittwoch im Gerichtssaal vorgelesen. Darin streitet Johannes B. alles ab und behauptet, er habe die Taten nicht begangen und habe er nie vertrauliche Informationen weitergegeben.
Den Verdächtigen, mit dem er zusammen abgebildet sei, kenne er, weil dieser und er selbst sich für Motorräder der Marke Harley Davidson interessierten. Um Maschinen zu reparieren, habe er eine Garage gemietet gehabt, der andere Mann habe in einer Garage nebenan ebenfalls an Motorrädern geschraubt. Mit diesem Mann verbinde ihn aber „kein enges Verhältnis“.
Dem hielt die Vorsitzende Richterin Ingrid Schroff entgegen, der Austausch von Chatnachrichten zwischen den beiden Männern fülle einen ganzen Aktenordner.
Was ein Mitgefangener als Zeuge aussagt
Ein Ermittler des Landeskriminalamts, der den Angeklagten in der Untersuchungshaft vernommen hatte, sagte, der Angeklagte habe den mutmaßlichen Drogenhändler „nicht nur flüchtig“ gekannt, denn dieser Mann sei Gast auf der Hochzeit des Polizisten gewesen. Der Angeklagte habe das in der Vernehmung damit erklärt, der andere Mann habe Fotos von der Feier machen sollen.
Ein Mitgefangener des mutmaßlichen Drogenhändlers berichtete als Zeuge, dieser habe ihm auf seinem Laptop eine Nachricht gezeigt, in welcher der Polizist Details einer Razzia genannt habe.