Neues Gesetz im Check
Neue Aktivrente sozial ungerecht? Wen die Merz-Regierung damit benachteiligt
Wer im Ruhestand Geld steuerfrei dazuverdienen möchte, hat mit der Aktivrente mehr Möglichkeiten. Durch die Begüngstigung fühlen sich aber andere Gruppen zurückgesetzt.
Die Aktivrente der schwarz-roten Bundesregierung, die ab 1. Januar 2026 in Kraft treten soll, ist gut gemeint, erntet gleichzeitig auch viel Widerspruch. Arbeitende Rentner können dank dem im Bundeskabinett beschlossenen Gesetz künftig bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro pro Jahr) steuerfrei hinzuverdienen, wenn sie einer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nachgehen.
Im besten Fall wirkt das zusätzliche Einkommen einer Altersarmut entgegen und hilft auf diese Weise, den Lebensstandard im Alter zu sichern und finanziell unabhängig zu bleiben. Wer länger als zur Regelaltersgrenze arbeitet, kann laut bürger-geld.org eine jährliche Rentensteigerung von bis zu sechs Prozent erreichen – und dabei den finanziellen Vorteilen vielleicht sogar Sinnstiftung bei seiner Erwerbstätigkeit erfahren. Neben den Nutznießern haben verschiedene Gruppen aber auch mit Nachteilen zu rechnen.
Liste zeigt, wer bei neuer Aktivrente der Merz-Regierung außen vor bleibt
Die neue Aktivrente hat die Merz-Regierung ins Leben gerufen, um den drohenden Mangel an Fachkräften durch die längere Verfügbarkeit erfahrener Arbeitskräfte einzudämmen. Tatkräftige Senioren sollen mit der Maßnahme smart und flexibel in den Ruhestand gleiten können. Kommt es dadurch zu einer Entlastung der Sozialversicherungssysteme, käme der Staat womöglich um härtere Einschnitte, wie eine Anhebung des Renteneintrittsalters, oder sogar Rentenkürzungen noch drumherum.
Das würde viele künftige Rentenempfänger sicherlich freuen. Verdruss droht dafür trotzdem schon jetzt bei vielen Ruheständlern über die Aktivrente, weil diese sie aus bestimmten Gründen nicht wahrnehmen können oder gegenüber den Aktivrentnern schlechter gestellt werden.
Wer hat keine Vorteile durch die Aktivrente?
- Selbstständige und Freiberufler
- Gesundheitlich eingeschränkte Rentner
- Jüngere Arbeitnehmer
- Rentner mit niedrigen Einkommen
- Arbeitnehmer mit körperlich anspruchsvollen Jobs
Dass es die Aktivrente ausschließlich für Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung gibt, erzürnt Selbstständige und Freiberufler, die sich von dieser Regelung ausgeschlossen und ungerecht behandelt fühlen. Wenn Menschen gleichen Alters aufgrund ihrer Entscheidung für eine Selbstständigkeit im Alter so unterschiedlich besteuert werden, ist dies für mich eine klare Form der Diskriminierung“, zitiert die Welt Andreas Lutz, Chef vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) in München.
Warum sich Geringverdiener durch das Rentengesetz zurückgesetzt fühlen könnten
Zur Steuerfalle soll die kommende Aktivrente nicht werden, wenngleich hohe Sozialabgaben drohen. Sie steht damit nicht unter einem Progressionsvorbehalt, wie es die SPD ursprünglich wollte. Hätten sich die Sozialdemokraten mit ihrem Anliegen durchgesetzt, würde das Finanzamt zwar nicht die Aktivrente selbst besteuern. Allerdings wäre die Mehrarbeit Auslöser dafür, dass für restliche, zu versteuernde Einkommen höhere Steuern fällig werden. Das Solidarprinzip, mit einer höheren Besteuerung für leistungsfähige Rentner, kommt damit nicht zum Tragen.
Dadurch könnten sich insbesondere Geringverdiener zurückgesetzt fühlen. Der Wissenschaftliche Dienst sah darin laut der Welt bereits im Juni 2025 eine Gefahr und „eine erhebliche Ungleichbehandlung“, weil Gutverdiener in der Rente „einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens als Steuer zahlen als wirtschaftlich Schwächere“. Auf der anderen Seite könnten gerade Grundrentner vom neuen Rentengesetz profitieren, weil von ihnen auch während der Altersrente noch berufstätig sind.
Bundesregierung beruft sich bei der Aktivrente auf Ausnahmeregelung
Auch jüngere steuerpflichtige Menschen, die im Laufe eines Jahres steuerfreie Einkünfte, sogenannte Lohn- oder Einkommensersatzleistungen, erhalten, welche als Ersatz für weggefallenes Einkommen, dient, werden durch die Aktivrente „unangemessen benachteiligt“. Sie stehen weiter unter Progressionsvorbehalt und müssen auf das sonstige Einkommen einen höheren Steuersatz als die Aktivrentner schultern. Zu dieser Gruppe gehören Bezieher von Arbeitslosen-, Eltern oder Krankengeld sowie Personen in Kurzarbeit oder bestimmten Auslandseinkünften wie Mieteinnahmen.
Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass eine steuerrechtliche Ungleichbehandlung verfassungskonform sei, wenn es durch die Aktivrente gelingt, die Sozialkassen zu stabilisieren und dem Fachkräftemangel der Wirtschaft zumindest ein Stück ein Ende zu setzen. Übergeordnete Ziele, die dem Allgemeinwohl dienen, stehen also über vermeintlichen Ungerechtigkeiten zwischen einzelnen Personenkreisen.
Bis Ende des Jahres 2029 soll eine Überprüfung der Aktivrente abgeschlossen sein. Wenn sich dann die Erwerbsquote von Senioren jenseits der gesetzlichen Regelaltersgrenze tatsächlich signifikant erhöht hat, könnte sie noch zum Verkaufsschlager taugen und seine Gegner versöhnen. Bleiben messbare Arbeitsmarkteffekte und ein Wirtschaftswachstum dagegen aus, wird sie dagegen gegenüber weiten Teilen der Bevölkerung schwerer zu rechtfertigen sein und die soziale Spaltung der Gesellschaft noch mehr befeuern.
