Der EU-Gipfel berät über die eingefrorenen Gelder der russischen Zentralbank. König Charles besucht Papst Leo XIV. Und einst galten sie als Problem im Stadtbild: deutsche Emigranten. Das ist die Lage am Donnerstagmorgen.
Die EU berät über russische Gelder
Ich muss zugeben, ich interessiere mich normalerweise wenig für Vermögenswerte und Geldflüsse. Wenn mich mein Finanzberater anruft, geh ich meistens nicht ans Telefon. Aber heute schaue selbst ich gebannt nach Brüssel. Denn dort beraten die Staats- und Regierungschefs der EU über die mögliche Verwendung des im Westen eingefrorenen russischen Milliardenvermögens (mehr dazu hier).
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Die EU plant, der Ukraine 140 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, damit das attackierte Land sich von einem Großteil dieses Geldes europäische Waffen kaufen kann. So müsste Putin den ukrainischen Verteidigungskrieg gegen ihn selbst zahlen. Es wäre eine wichtige Finanzhilfe, zumal die Vereinigten Staaten ihre Zahlungen an Kyjiw weitgehend eingestellt haben.
Doch der Plan ist in der Umsetzung nicht so ganz einfach (hier mehr zu dem Thema). Die russischen Milliarden werden von der Gesellschaft Euroclear in Brüssel verwaltet. Der belgische Premierminister Bart De Wever warnte bereits vor Racheaktionen aus Russland. Sollte die EU auf die Gelder zugreifen, bestehe die Gefahr einer Enteignung von europäischen Vermögenswerten in Putins Reich: »Ich höre bereits aus Moskau: Wenn ihr mein Geld antastet, werdet ihr die Folgen bis in alle Ewigkeit spüren.«
Klingt bedrohlich. Aber vor Putin zurückzuschrecken, bleibt weiterhin keine Option.
Lesen Sie dazu hier auch den aktuellen SPIEGEL-Leitartikel
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Bekämpft Russland mit russischem Geld! Soll die EU die Ukraine mit eingefrorenen russischen Mitteln unterstützen? Trotz berechtigter Einwände wäre es politisch und moralisch richtig.
Leo XIV. verleiht König Charles einen Ehrentitel
Monarchen unter sich: Der britische König Charles III. und seine Gemahlin, Königin Camilla, treffen in Rom erstmals auf Leo XIV., das Oberhaupt der katholischen Kirche und Staatsoberhaupt des Vatikans. Hinsichtlich seiner Macht hat der Papst König Charles einiges voraus, anders als der weltliche Monarch vereinigt er in sich legislative, exekutive und judikative Gewalt.
Aber immerhin ist Charles Oberhaupt der seit dem 16. Jahrhundert vom Katholizismus abgespaltenen anglikanischen Kirche. Deshalb ist das Treffen mehr als nur ein königliches Schaulaufen vor barocker Kulisse. Manche Beobachter nennen es sogar historisch. Denn die Kurie hat sich für den König aus dem kalten Norden eigens einen neuen Ehrentitel einfallen lassen. In der päpstlichen Basilika Sankt Paul vor den Mauern wird Charles zum »Royal Confrater« ernannt, also zu einer Art königlichem Amtsbruder.
Nach diesem ökumenischen Symbol der Aussöhnung werden sich Papst und Königspaar zu einem gemeinsamen Gebet in der Sixtinischen Kapelle zusammenfinden. Es ist der erste Gottesdienst dieser Art seit der Reformation. Im Vatikan denkt man in Jahrhunderten. Im britischen Königshaus meistens auch. Nur eines wird dem Anglikaner Charles im Heiligen Jahr 2025 (mehr hier) nicht zuteil: der vollständige Erlass all seiner Sündenstrafen.
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Mehr zum Thema hier: »That’s amore«
Deutsche Migranten im Stadtbild
Bei der von Friedrich Merz ausgelösten Stadtbild-Debatte der vergangenen Tage (hier mehr Infos) musste ich häufiger an die deutschen Exilanten denken, die nach dem Machtantritt Hitlers 1933 als politische Flüchtlinge Asyl in anderen Ländern suchten. Das hatte auch mit dem Text meiner SPIEGEL-Kollegen Maik Baumgärtner und Andreas Wassermann zu tun, der diese Woche auf meinem Schreibtisch landete.
Maik und Andreas haben einen lange vergessenen Exilroman wiederentdeckt und neu aufgelegt. Der Autor Robert Grötzsch (1882 bis 1946) war Sozialdemokrat und floh unter Lebensgefahr vor den Schergen Hitlers nach Prag. 1936 veröffentlichte er »Wir suchen ein Land«. Im Zentrum des Buchs steht eine Gruppe deutscher Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und deren Flüchtlingsalltag in der Tschechoslowakei.
Als der Roman erschien, war Nazideutschland Ort der Olympischen Spiele und genoss internationale Anerkennung. Gleichzeitig verschlechterte sich in der Tschechoslowakei das Klima für die fast 20.000 deutschen Flüchtlinge. Die Exilanten aus Deutschland, oft nun schon seit Jahren im Land, galten nun als Belastung. Tschechen und Slowaken fühlten sich unter all den Deutschen mancherorts plötzlich fremd im eigenen Land. In Prag galten die Exilanten als Störfaktor.
Grötzsch floh mit seiner Frau über Paris nach New York, wo er 1946 starb.
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Die ganze Geschichte hier: Als deutsche Migranten das Stadtbild von Prag prägten
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Gewinner des Tages…
…ist Traugott Grundmann. Der Sammler hat den ältesten VW-Käfer der Welt wieder zum Laufen gebracht. Das Auto hat 23 PS, laut TÜV sind 100 Kilometer pro Stunde möglich. »Ab gut 80 Kilometern pro Stunde wird es holprig«, sagt Grundmann. Das Auto stammt aus dem Jahr 1937 und zählt zur ersten Prototypenserie für den späteren VW-Käfer.
Knapp acht Jahre tüftelte der Dachdeckermeister und ehemalige Fluglehrer der Luftwaffe an dem historischen Fahrzeug. »Bei einem Käfer kann man noch fast alles selbst machen«, sagt er. Nur die letztlich geglückte Zulassung beim TÜV war nicht ganz trivial. Das Auto wurde noch vor dem Inkrafttreten der Straßenverkehrszulassungsordnung 1938 gebaut.
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Die ganze Geschichte hier: Sammler bringt ältesten VW-Käfer der Welt wieder zum Laufen
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
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Trump will Treffen mit Putin abgesagt haben – USA verhängen Sanktionen gegen russische Ölfirmen: Eigentlich wollte der US-Präsident bald persönlich mit dem Kremlchef sprechen. Das habe sich aber »nicht richtig angefühlt«, erklärt nun Trump. Seine Regierung verhängt stattdessen Strafmaßnahmen gegen die beiden größten Ölfirmen Russlands.
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Dritte Nacht mit Ausschreitungen vor Asylhotel in Dublin: In der irischen Hauptstadt eskalieren Proteste gegen Asylsuchende. Auch in der Nacht zu Donnerstag flogen Steine und Flaschen, zwei Polizisten wurden verletzt. Hintergrund ist ein angeblicher Übergriff auf ein Mädchen.
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Schüsse in Hannover – ein Toter, mehrere Verletzte: Am Mittwochabend ist auf einer Straße in Hannover ein Streit eskaliert, es fielen Schüsse. Ein 27-Jähriger starb noch am Tatort, mehrere Verletzte werden in Krankenhäusern behandelt. Die Polizei sucht nach Zeugen.
Heute bei SPIEGEL Extra: Grippe?! Ohne mich!
Millionen Menschen in Deutschland husten, schniefen, haben Halsschmerzen und Fieber. Ist das schon die Influenza? Wie kann man sich schützen und was hilft, wenn es einen erwischt?
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Felix Bohr, stellvertretender Leiter des Geschichtsressorts
