Wer aktuell über das niedersächsische Land fährt, der dürfte dabei auf ein Phänomen stoßen, das längst auch in den Sozialen Netzwerken besprochen wird. Zahlreiche Bauern ernten ihre Kartoffeln nicht ab, sondern lassen sie auf dem Acker verrotten.
Die Gründe für diese harte Maßnahme sind vielfältig – und zu einem gewissen Teil hausgemacht, wie zwei Experten aus Niedersachsengegenüber Saboerklären.
Niedersachsen: Kartoffeln bleiben im Acker
Kurz zusammengefasst, gebe es einfach zu viele Kartoffeln, sagte Klaus-Dieter Böse, Geschäftsführer beim Landvolk Gifhorn, am Telefon. Die Ware fließe aufgrund des Überangebotes nicht richtig ab, dadurch sinke der Preis. Der sei nun offenbar so sehr gesunken, dass die Ernte für einige Bauern zu teuer sei.
Böse erklärt, man müsse drei verschiedene Arten von Kartoffeln unterscheiden. Stärkekartoffeln und Industriekartoffeln seien in der Regel bereits im Vorfeld per Kontrakt an Abnehmer gebunden. Anders verhalte es sich bei den Speisekartoffeln, diese seien teilweise zwar auch gebunden, ein Teil komme aber auch auf den freien Markt. Und dort seien die Preise wegen des Überangebots eingebrochen. Das Ernten sei dann schlicht nicht mehr wirtschaftlich.
Die Gründe für das Überangebot seien vielfältig, erklärt Harald Höper, der ebenfalls im Vorstand beim Landvolk Gifhorn sitzt und selbst Kartoffeln anbaut. „Es ist ein hausgemachtes Problem der Landwirtschaft“, sagt er. In diesem Jahr seien auf mehr Flächen angebaut worden als zuvor. Landwirte seien umgestiegen, weil bei der Kartoffel in den letzten Jahren Geld verdient werden konnte. Zudem sei der Umstieg „zu leicht“, so Höper.
Mehr Angebot, gleiche Nachfrage
In Sachen Technik und Saatgut sei die Hürde nicht hoch. Zudem seien es kleine kleinen Flächen, die umgestellt wurden, sondern große. Der Markt wurde also mit Kartoffeln geschwemmt. Für die gab es aber keine Abnehmer. „Der Markt ist statisch“, erklärt Höper. Zudem habe es in diesem Jahr keine Fußball-Europameisterschaft gegeben, wo etwa durch Pommes oder Chips der Kartoffelverbrauch angehoben werde.
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Und auch ein Umstand, der auf den ersten Blick positiv klingt, sorgt dafür, dass Bauern ihre Kartoffeln nicht loswerden. Denn die Erträge im Jahr 2025 sind trotz des wechselhaften Wetters gut, so Höper. Auch das verstärke die Überproduktion noch einmal.
Kartoffeln werden vielfach zu Biogas
So gab es für viele der Kartoffeln schlicht keine Abnehmer. Der Landwirt rechnet damit, dass viele der im Boden gebliebenen Kartoffeln noch in Biogasanlagen landen werden. Die Beträge, die dafür fließen, seien aber verschwindend gering.
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Einen im Netz aufgetauchten Vorschlag, Bauern könnten einfach Privatpersonen für einen gewissen Betrag Kartoffeln auf den ungeernteten Äckern ausbuddeln lassen, hält Landvolk-Geschäftsführer Böse für nicht zielführend. „Wenn die Leute dann ihre Kartoffeln auf dem Acker holen, essen Sie dadurch ja nicht mehr“, sagt er. „Dadurch geht dann die Nachfrage im Handel zurück.“