Nur wenige Häuser können in Fintel ans Wärmenetz

Kommunale Wärmeplanung

Nur wenige Häuser können in Fintel ans Wärmenetz

Nur etwa zehn Prozent der Haushalte können ans Wärmenetz angeschlossen werden – der Großteil muss Alternativen wie Wärmepumpen finden.

An der Informationsveranstaltung zur kommunalen Wärmeplanung im „Haus der Begegnung“ war das Interesse groß. In Fintel, wie auch anderswo in der Region, gibt es bei manchen Ratsuchenden auf der Suhe nach der Heizform der Zukunft durchaus den Wunsch, sich an ein Wärmenetz anzuschließen – was dort, wie auch zum Beispiel in Scheeßel, meist ein frommer Wunsch bleibt. Denn: Ein neues oder erweitertes Wärmenetz erfordert hohe Investitionen. Und: Nur bei einer großen Anzahl von Abnehmern rechnet sich das. „Die Ergebnisse bringen Klarheit für die Bürger“, sagte Alexander Grote von der EWE Netz, der die kommunale Wärmeplanung und ihre Ergebnisse vorstellte.

Als Grundlage der Analyse seien viele Daten erhoben worden. Bei der Wärmeplanung entsteht so ein digitales Nachschlagewerk, das gebäudescharf Verbräuche, aber auch den CO₂-Ausstoß ermittelt. Wobei in der konkreten Planung nicht jedes Haus erfasst wird. Aus Datenschutzgründen werden sogenannte Cluster, also größere Einheiten, gebildet. Das übergeordnete, auch politisch definierte Ziel, ist die Klimaneutralität. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutrale sein, Niedersachsen ist dabei noch ehrgeiziger: 2040 ist die Zielzahl für Klimaneutralität.

Die Ergebnisse bringen Klarheit für die Bürger.

Alexander Grote, EWE, zur kommunalen Wärmeplanung für Fintel

Der Energieverbrauch allein fürs Heizen liegt in Fintel derzeit bei 38 Gigawatt im Jahr. „Der Bedarf wird bis 2040 auf zehn Gigawatt im Jahr sinken“, so Grote in seinen Modellrechnungen. Bedeutet: Öl- und Gasheizungen müssen weichen und anderer Technik wie Wärmepumpen Platz machen. „Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe“, sagte der EWE-Vertreter.

Wobei Wärmenetzte nur eine sehr kleine Rolle in der Zukunft spielen werden. Im Ortskern kann ein bestehendes Netz erweitert werden. Das versorgt aktuell bereits Schwimmbad, Schule und Schützenhaus. Rund 100 weitere Häuser könnten zumindest theoretisch angeschlossen werden. Das Biogas kommt für dieses Netz von einer Biogasanlage und ein Blockheizkraftwerk (BHKW) auf dem Edeka-Grundstück in der Ortsmitte wird damit gespeist. Die Abwärme der Anlage liefert dabei die Wärme für die Häuser.

Der Informationsbedarf ist groß

Soweit die Theorie dieser Maßnahme, die nach Ansicht der EWE-Experten Priorität hat, und in einem mittelfristigen Zeitraum umgesetzt werden kann. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Biogasanlage auch nach 2030 weiterläuft, wenn Förderungen aufhören. Ohne Biogas kein Fernwärmenetz. Grote: „Diese Frage muss zuerst beantwortet werden.“ Theoretisch wäre es eine Alternative, anstelle des BHKW eine Großwärmepumpe zu bauen. Die EWE schätzt, dass eine gründliche Vorstudie über Perspektiven und Erweiterungsmöglichkeiten im Ortskern rund 20 000 Euro kosten werde.

„Der Bau eines Wärmenetztes ist teuer“, sagte Grote. Das sei nicht mit den relativ kostengünstigen Arbeiten für ein Glasfasernetz zu vergleichen. Jeder Investor müsse daher für sich entscheiden, ob sich das lohne. Dafür muss eine hohe und gesicherte Anzahl von Abnehmer der Wärme pro Meter Leitung vorhanden sein. Das ist auf dem Land mit seinen vielen Einfamilien- und Doppelhäusern sehr viel schwieriger als in großen Städten mit vielen Mehrfamilienhäusern und damit einer großen Zahl an Abnehmern, so der Fachmann. Außerdem gibt es keinen Anschlusszwang, wenn ein Wärmenetz vor der eigenen Haustür liegt. Jeder kann sich dann anschließend lassen, oder auch nicht.

Netz im Ortskern kann wachsen

Die potenzielle Erweiterung des Netzes im Ortskern steht auf Platz eins möglicher Maßnahmen. Ein ebenfalls schon vorhandenes Netz, das bereits Häuser im Eurostrand versorgt, könnte auch erweitert werden. Die EWE schätzt, dass weitere 113 Gebäude angeschlossen werden könnten. Dabei gilt ebenso: Es muss wirtschaftlich sein.

Weitere Maßnahmenvorschläge betreffen eine gründliche Information für alle Bürgerinnen und Bürger. Ein digitales Erstberatungstool könnte am heimischen PC nach der Dateneingabe grundlegende, erste Vorschläge für Sanierung und die persönliche Energiewende bringen. Geschätzte Kosten: rund 4 000 Euro im Jahr. „Das ersetzt aber keinen Energieberater“, sagte Grote. Auch ein zweiter Beratungsbaustein sei denkbar: In den Jahren 2026 bis 2030 könnte es regelmäßige Infoveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen rund um die Energiewende geben. Das sollte nicht nur technische Möglichkeiten, sondern auch Förderungen und Finanzierung beinhalten, rät die EWE. Ein breites Infoangebot würde voraussichtlich rund 3 000 im Jahr kosten.

Kosten stehen im Mittelpunkt

Die Fragen an die EWE an diesem Abend zeigen, der Beratungsbedarf ist groß. Dabei wird in Fintel auch laut, was schon bei der Wärmeplanung in Scheeßel ein Thema war: die Kosten. Wenn die Immobilienbesitzer noch Raten für ihr Heim abbezahlen, dann ist die Investition in Wärmepumpe und Co kaum noch leistbar. Der Anschluss an ein Wärmenetz erscheint als kostengünstigste Lösung – aber eben nur für zehn Prozent aller Haushalte.

Die Energiewende könne auf lange Sicht nicht ausgeblendet werden, so Grote. „Es ist ratsam, sich jetzt damit zu beschäftigen und nicht erst dann, wenn die alte Heizung kaputt ist.“ Dass der Gaspreis derzeit auf einem niedrigen Niveau sei, könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass er wieder steigen werden – und zwar deutlich. Grote ließ keinen Zweifel daran, dass fossile Energieträger wie Erdgas langfristig keine Zukunft mehr haben.

Das betreffe auch die EWE. Es werde sich die Frage stellen, ob Leitungen weiter bestehen bleiben. „Die sind kostenintensiv.“ Wenn in einer Straße nur noch ein Haus am Gasnetz hänge, sei das nicht mehr wirtschaftlich. Fakt ist: 90 Prozent der Finteler Immobilienbesitzer stehen auch mit der kommunalen Wärmeplanung vor der entscheidenden Frage, wie sie zukünftig heizen wollen. Rund 60 Prozent aller Finteler Häuser sind vor 1979 gebaut worden. Der Sanierungsbedarf der Bestandsimmobilien ist dementsprechend groß.

Deutschland hinke bei der Gebäudesanierung hinterher, so Grote. Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, sei eine Sanierungsquote bei den Bestandsimmobilien von jährlich zwei Prozent notwendig. Zurzeit liege diese Zahl aber bei nur 0,7 Prozent.

Weil immer wieder die Frage nach der Bezahlbarkeit im Raum stand, erklärte der Experte: „Auch kleine Dinge bringen etwas.“ Wobei die großen Dinge, zum Beispiel eine neue Technik fürs Heizen, teuer sind  – trotz aller Fördermöglichkeiten, die es gegenwärtig gebe. Den aktuellen Durchschnittspreis für eine Wärmepumpe beziffert Grote auf rund 30 000 Euro.

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