Zu Hause altern
Petition fordert Erhalt der Gemeindepflege in Hessen
Bis Frühjahr 2026 sollen 15.000 Unterschriften gesammelt werden, um die Finanzierung und den Ausbau der Gemeindepflege zu sichern.
Die Pflege wird zum Pflegefall. Mit diesem Satz ist eine Petition betitelt, die noch Unterstützer und Unterstützerinnen sucht. 891 Menschen haben bisher auf der Online-Plattform „openPetition“ dafür unterschrieben, dass die Gemeindepflege in Hessen erhalten und flächendeckend ausgebaut werden soll, 15 000 sollen es bis zum Frühjahr werden.
Wie hilfreich dieses Unterstützungsangebot ist, zeigen allein schon die positiven Rückmeldungen aus Weiterstadt, Pfungstadt und Seeheim-Jugenheim. Die drei Kommunen haben im Sommer des Vorjahres gemeinsame Sache gemacht, damit dort zwei Gemeindepflegerinnen tätig werden können. Das Angebot soll nun sogar noch ausgeweitet werden.
Auch die Stadt Darmstadt hat das Projekt Gemeindepflege erweitert; mittlerweile kümmern sich sechs Gemeindepflegerinnen in vier Stadtteilen bei Hausbesuchen um kaum noch mobile ältere Menschen und deren Anliegen.
Die Petition
Die Petition „Gemeindepflege in Hessen erhalten und ausbauen“ läuft noch bis zum 10. März 2026.
Abrufbar ist sie unter zwei Links: entweder unter www.openpetition.de/gemeindepflege oder auf der Homepage des Bündnis Pflege unter www.buendnis-pflege.de/petition
Gemeindepflegekräfte sind „Kümmerer“, ähnlich wie früher Gemeindeschwestern
Gemeindepflegekräfte sind eigentlich keine neue Erfindung – sie waren früher als „Gemeindeschwestern“ bekannt. Bis in die 70er Jahre trugen sie in ländlichen Gebieten dazu bei, die Patientenversorgung sicherzustellen.
Heutzutage geht es nicht mehr um die medizinische Versorgung, sondern um die Beratung und Unterstützung von hochbetagten Menschen zu Hause, damit diese lange selbstbestimmt in vertrauter Umgebung leben können und so Folgekosten für Heimaufenthalte vermieden werden können. Die Gemeindepflegekräfte sollen Hilfen für Wohnen, Leben und Begegnung organisieren und vermitteln, sind „Kümmerer“, helfen beim Ausfüllen von Formularen.

Wie es nach 2026 mit der Gemeindepflege weitergeht, ist ungewiss
Mittlerweile sind Gemeindepflegekräfte in 19 hessischen Landkreisen und zwei kreisfreien Städten tätig. Sie werden bisher zu rund 80 Prozent vom Land bezahlt, 20 Prozent tragen die Kommunen. Das bisherige Fördermodell des Landes läuft zum 31. Dezember 2026 aber aus; wie es dann weitergeht, ist ungewiss.
Hier setzt die Petition an, die quasi in Darmstadt „geboren“ wurde. Auf einer Fachtagung Anfang April, die das Darmstädter Bündnis Pflege zusammen mit der Evangelischen Hochschule Darmstadt organisierte, wurde eine Resolution verabschiedet, die mehr als 1000 Unterschriften fand. Das Papier forderte, dass das Land die Gemeindepflege komplett finanzieren und flächendeckend ausbauen sollte – mit mindestens einer Stelle pro 30 000 Einwohner:innen.
Bei einer Fachtagung in Darmstadt entstand die Idee der Petition
Die leistungsgerechte Bezahlung der Fachkräfte, allgemeingültige Standards und Tätigkeitsprofile sowie eine geregelte Weiterbildung waren weitere Punkte der Resolution, genauso wie die Einrichtung einer hessenweiten Koordinierungs- und Beratungsstelle, die Kommunen, Initiativen und andere Träger zu Alter und Pflege berät, begleitet und unterstützt.
Zum Abschluss der Tagung wurde beschlossen, die Petition „Gemeindepflege in Hessen erhalten und ausbauen“ an den Hessischen Landtag einzureichen, was Gabriele Kleiner, Professorin an der Evangelischen Hochschule Darmstadt und Sprecherin beim Bündnis Pflege, dann auch schriftlich am 17. April tat.
Um dem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, startete das Bündnis Pflege Darmstadt am 12. September die gleichlautende Online-Petition, die sich ebenfalls an den Landtag richtet und bis 10. März 2026 läuft.
Stadtverordnete und AWO setzen sich auch für Gemeindepflege-Fortbestand ein
Auch die Darmstädter Stadtverordneten hatten in ihrer April-Sitzung beschlossen, der Magistrat solle über den Hessischen Städtetag auf die Landesregierung einwirken, das Angebot der Gemeindepflege über das Jahr 2026 hinaus weiterzuführen und vollumfänglich zu fördern.
Zudem setzt sich die AWO Darmstadt aktiv für mehr Gemeindepflegekräfte ein. Der Organisation liegt daran, dass es ab 2027 mehr Gemeindepflegerinnen in mindesten zwei weiteren Darmstädter Stadtteilen gibt. „Wir können uns vorstellen, dafür auch als Träger tätig zu werden“, sagt Kreisgeschäftsführer Christian Dirb.
