Polizeigewerkschaft springt Merz zur Seite: Mit seinem „Stadtbild“ liegt der Kanzler „vollkommen richtig“

Merz bekommt Rückendeckung

Polizeigewerkschaft springt Merz zur Seite: Mit seinem „Stadtbild“ liegt der Kanzler „vollkommen richtig“

Polizeigewerkschafter Heiko Teggatz verteidigt Friedrich Merz im „Stadtbild“-Streit und fordert mehr Polizei. Forschende sehen auch andere Lösungen.

Berlin – Die Debatte um die „Stadtbild“-Aussage von Friedrich Merz reißt nicht ab. Es hagelt Kritik am Kanzler – auch aus den eigenen Reihen. Doch Merz kann sich auch über Rückendeckung freuen: Unterstützung kommt etwa von seinen Parteikollegen innerhalb der CDU, Jens Spahn und Thorsten Frei. Auch der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, stärkt Merz den Rücken. Er sagte im Deutschlandfunk, Merz liege mit seiner Aussage „vollkommen richtig“.

Zur Erinnerung: Friedrich Merz hatte in der vergangenen Woche behauptet, es gebe ein Problem mit dem „Stadtbild“ in Deutschland – und brachte dieses mit Migration in Verbindung. Die Aussage bekräftigte er kürzlich auf einer Pressekonferenz. Dass es ein Problem mit dem Stadtbild gebe, findet Teggatz auch „Unser Stadtbild hat sich in den letzten Jahren in der Tat verändert und das leider nicht zum Positiven.“

„Stadtbild“-Aussage von Merz enttabuisiere „offenkundiges Problem“

Was der Polizist damit meint, machte er im weiteren Verlauf des Interviews deutlich. Teggatz sagte, 40 Prozent aller sogenannten Rohheitsdelikte – also Straftaten, die auf Gewalt oder Drohung gegen eine Person abzielen – würden von einer Personengruppe begangen, die lediglich 14 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmache. Näher auf die Zahlen ging er nicht ein.

Stattdessen spricht er von „südländisch aussehenden Straftätern“ und Clanmitgliedern. Diese seien laut Teggatz mitverantwortlich dafür, dass sich Frauen, Homosexuelle sowie Jüdinnen und Juden im Dunkeln nicht mehr auf die Straße trauen würden.

Er begrüße deshalb, dass der Kanzler das Thema angesprochen habe: „Denn nichts ist schlimmer, als ein offenkundiges Problem zu tabuisieren“, sagte Teggatz. Zugleich forderte er mehr sichtbare Polizeipräsenz an Kriminalitätsschwerpunkten, den Einsatz moderner Technik sowie anlassbezogene und verdachtsunabhängige Kontrollen.

Was ist dran an Merz‘ „Stadtbild“-Aussage?

Umfragen zeigen, dass das Sicherheitsgefühl der Menschen in Deutschland in den vergangenen Jahren abgenommen hat. Zwar fühlt sich weiterhin mehr als die Hälfte der Befragten vor Kriminalität sicher, doch dieser Anteil sinkt. Zugleich meint eine knappe Mehrheit, dass Deutschland im Verlauf des letzten Jahres unsicherer geworden sei.

Spiegelt sich diese Wahrnehmung auch in den Zahlen wider? Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr bundesweit rund 5,84 Millionen Straftaten registriert – ein Rückgang um 1,7 Prozent im Vergleich zu 2023. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2024 hervor.

Anders sieht es bei der Gewaltkriminalität aus: Hier registrierten die Behörden einen Anstieg um 1,5 Prozent auf 217.277 Fälle – den höchsten Wert seit 2007. Besonders stark nahm die Zahl der sexuellen Übergriffe, Vergewaltigungen und Fälle sexueller Nötigung zu: In dieser Kategorie wurden 9,3 Prozent mehr Taten erfasst, insgesamt 13.320 Fälle. Laut PKS könnte der Anstieg auch darauf zurückzuführen sein, dass Betroffene heute sensibilisierter sind und häufiger Anzeige erstatten, sodass mehr bislang verborgene Fälle ans Licht kommen.

Auch die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen stieg – um 2,4 Prozent auf insgesamt 158.177 Fälle. Laut PKS ist der Anstieg vor allem auf eine Zunahme nichtdeutscher Tatverdächtiger (plus 7,5 Prozent) sowie auf mehr tatverdächtige Kinder (plus 11,3 Prozent) und Jugendliche (plus 3,8 Prozent) zurückzuführen.

Warum werden Nichtdeutsche prozentual häufiger straffällig?

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2024 werden Nichtdeutsche statistisch häufiger als Tatverdächtige erfasst. Das hängt laut BKA vor allem mit strukturellen und demografischen Faktoren zusammen: Sie sind im Durchschnitt jünger und häufiger männlich – zwei Gruppen, die generell eine höhere Kriminalitätsbelastung aufweisen.

Hinzu kommen erschwerte soziale Bedingungen wie geringere Einkommen, beengter Wohnraum oder ein unsicherer Aufenthaltsstatus. Auch psychische Belastungen, eigene Gewalterfahrungen und eine höhere Alltagskonfrontation mit Gewalt können das Risiko bestimmter Delikte erhöhen. Zudem werden Straftaten mit nichtdeutschen Tatverdächtigen laut Forschung überdurchschnittlich häufig angezeigt, was ihre Sichtbarkeit in der Statistik zusätzlich erhöht.

Wie lässt sich dieses Problem angehen? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt in einer aktuellen Analyse zu dem Schluss, dass Sicherheit nicht allein durch mehr Polizei gewährleistet werden könne. Stattdessen brauche es ein Zusammenspiel aus kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen.

Kurzfristig gehe es um eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung, etwa durch eine gestärkte Polizei. Langfristig seien jedoch Bildung, Arbeitsmarktintegration und Sozialpolitik entscheidend, „insbesondere für junge Menschen mit erhöhtem Kriminalitätsrisiko“, heißt es in der Studie. Internationale Untersuchungen zeigten zudem, dass auch eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten einen wichtigen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten könne. (Quellen: Deutschlandfunk, Bundeskriminalamt, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) (cf)

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