„Schießen uns ins Knie“
Putin-Plan schadet Russlands Wirtschaft – Hunderttausende Firmen stehen vor der Schließung
Aufgrund der Finanzkrise muss der Kreml die Steuerlast für russische Firmen erhöhen. Aus Putins Regierungskreisen kommen nun Warnungen vor dem Schritt.
Moskau – Russische Firmen könnten Kreml-Plänen zur Stabilisierung der Staatsfinanzen zum Opfer werden. Tausenden kleinen Unternehmen droht laut einem Abgeordneten die Schließung. Geplant ist eine Erhöhung der Steuerlast sowie eine Streichung von Steuerbegünstigungen für russische Firmen. Grund ist das unerwartet große Defizit im Staatshaushalt.
Russlands Wirtschaft kämpft gegen Finanzlücke: Firmen haben das Nachsehen – jetzt warnt ein Abgeordneter
Unruhe in Russlands Wirtschaft: Alexei Netschajew, Vorsitzender der Partei „Neues Volk“, stellt sich trotz der Haushaltskrise gegen die Steuervorhaben des Kreml. Der Vorschlag des Finanzministeriums, die jährliche Umsatzgrenze für die Zahlung der Mehrwertsteuer von 60 auf 10 Millionen Rubel, werde vor allem kleine und mittlere Unternehmen hart treffen. Besonders Einzelunternehmer könnten unter der Anhebung leiden.
Um „Hunderttausende Firmen vor der Schließung zu bewahren“, solle Kremlchef Wladimir Putin den Haushaltsentwurf für 2026 vor der zweiten Lesung ändern und die Mehrwertsteuergrenze für kleine Unternehmen nochmal überdenken. Zudem fordert der Parteivorsitzende auf, die Mehrwertsteuerbefreiung für IT-Firmen beizubehalten.
Russlands Wirtschaft könnte Milliarden verlieren – Firmen droht Stellenabbau
Bislang wurden IT-Firmen von der Mehrwertsteuer befreit, die Rechte an Softwares und Datenbanken besaßen, die im „Einheitlichen Register der russischen Software und Datenbanken“ standen. Aufgrund der Lücken im russischen Haushalt erwägt der Kreml laut Aussagen des Digitalministers, diese Steuerbegünstigung für IT-Firmen abzuschaffen. Digitalminister Maksut Schadajew habe Verständnis, dass die Pläne die IT-Firmen überraschen könnten. Die IT-Branche habe sich jedoch gut entwickelt und könnte eine Streichung der Mehrwertsteuerbefreiung gut überstehen.
Das sieht Netschajew jedoch anders. „Wenn diese Leistungen gestrichen werden, schießen wir uns selbst ins Knie“, sagte er und warnte, IT-Firmen könnten gezwungen sein, Personal abzubauen, und qualifizierte Fachkräfte könnten im Ausland Arbeit suchen. „Der Haushalt könnte am Ende Dutzende Milliarden Rubel verlieren – ungefähr den Betrag, den er eigentlich einbringen will“, wird er von der Moscow Times zitiert.
Russland hatte der IT-Branche im Jahr 2020 mehrere Steuervorteile verschafft. So wurde die Körperschaftsteuer für IT-Firmen von 20 auf 3 Prozent und die Sozialversicherungsbeiträge von 14 auf 7,6 Prozent gesenkt. Als Reaktion auf die Sanktionen senkte die Regierung im Jahr 2022 die Körperschaftsteuer vorübergehend auf null und befreiten Entwickler von der Mehrwertsteuer. Viele russische Regionen bieten Vergünstigungen für IT-Unternehmen an, die in ihrem Gebiet registriert sind und das vereinfachte Besteuerungssystem (USN) nutzen.
Haushaltslücke größer, als angenommen – Finanzkrise in der russischen Wirtschaft belastet Firmen
Allerdings zwingen Haushaltsdefizite den Kreml nun dazu, Ausgaben zu kürzen und an Steuervorteilen für Unternehmen anzusetzen. 2025 verabschiedete der Kreml den Haushalt mit einem Defizit von 5,7 Billionen Rubel und auch in den Jahren danach klafft höchstwahrscheinlich ein größeres Loch.
Laut dem Entwurf des Bundeshaushalts für 2026–2028 wird das Defizit im Jahr 2026 3,786 Billionen Rubel (1,6 Prozent des BIP) betragen und damit deutlich höher sein als die zuvor prognostizierten 2,181 Billionen Rubel (0,9 Prozent des BIP). Für 2027 wird es voraussichtlich 3,186 Billionen Rubel (1,2 Prozent des BIP) und für 2028 3,514 Billionen Rubel (1,3 Prozent des BIP) betragen. Das berichtete die Moscow Times.
Die finanziellen Herausforderungen der russischen Wirtschaft wirken sich bei den Firmen nicht nur bei den Steuerzahlungen aus. Die anhaltende Inflation hält den Leitzins noch immer oben und viele Firmen können die damit verbundenen hohen Kreditkosten kaum tilgen. Zudem verteuert der hohe Leitzins Investitionen in neue Projekte.
