Gelingt jetzt ein Durchbruch?
Rebecca Reusch: Kriminalbiologe äußert sich
Mit einer großen Suchaktion kommt plötzlich Bewegung in den Vermisstenfall Rebecca Reusch. Forensiker Mark Benecke sagt: Selbst kleinste Spuren könnten den Durchbruch bringen.
Seit sechseinhalb Jahren fehlt von der damals 15-jährigen Rebecca Reusch aus Berlin jede Spur. Lange war es ruhig um den Fall. Doch zu Beginn der Woche startete eine große Suchaktion: Mehr als 100 Einsatzkräfte durchkämmten zwei Grundstücke in Brandenburg. Was dabei herauskam, darüber schweigen die Ermittler bislang. Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt auf Anfrage von Sabo, wie sie normalerweise in so einem Fall vorgehen und warum ein bestimmter Umstand Hoffnung machen könnte.
Das am Montag untersuchte Grundstück in Tauche, südöstlich von Berlin, gehört den Großeltern des Schwagers von Rebecca. Er gilt seit jeher als Hauptverdächtiger, doch der entscheidende Beweis fehlt: die sterblichen Überreste von Rebecca.
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Rebecca Reusch: DNA-Spuren sind Hoffnung der Ermittler

Der Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt, bei so einer Durchsuchung komme eine “klassische Spurenkunde” zum Einsatz. Es werde nach “Teilchen, Körpergewebe, Blut, Haaren, sehr kleinen Kleidungsbestandteilen” gesucht – all das könne wichtig sein. Im besten Fall, so der 55-jährige vereidigte Sachverständige, könne dann ein genetischer Fingerabdruck erstellt werden und ein DNA-Abgleich erfolgen.
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Dass die Schülerin getötet wurde, steht für die Ermittler fest. Das Haus im Berliner Stadtteil Britz, in dem Rebecca in der Nacht auf den 18. Februar 2019 übernachtete, soll sie nicht mehr lebend verlassen haben. Doch wo sind ihre sterblichen Überreste?
Wie die Ermittler bekanntgaben, liegen Anhaltspunkte vor, dass der Schwager Rebecca Reusch “getötet und ihre Leiche und ihr gehörende Gegenstände – zumindest vorübergehend – auf das Grundstück seiner Großeltern in Tauche verbracht haben könnte”. Bagger rückten an, Bodenradarmessgeräte kamen zum Einsatz. Reporter berichteten von einer Tüte, die Kriminaltechniker sichergestellt haben sollen. Inhalt und Relevanz: unklar.

Vermisstenfall Reusch: Ermittler pumpten Wassertank leer
Einen Tag später, am Dienstag, durchsuchten Beamte ein verlassenes und verwildertes Gehöft wenige Kilometer entfernt. Auf dem Grundstück sollen die Großeltern des Tatverdächtigen bis 2005 gelebt haben. Ein alter Wassertank wurde leergepumpt, Anwohner wurden befragt. Reporter rätselten, Hobbyermittler streamten die Szenen zum Unmut der Polizei live auf TikTok.
Am Nachmittag wurden die Suchmaßnahmen offenbar bis auf Weiteres abgebrochen. “Die Auswertung der Ermittlungsergebnisse der letzten zwei Tage dauert an”, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Petzold, am Mittwoch. Am Nachmittag hieß es, es seien Spuren gesichert worden, die nun ausgewertet werden sollen. Ob die Spuren im Zusammenhang mit Rebeccas Tod stehen, sei Gegenstand der Ermittlungen.

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Rebecca Reusch: Zeit läuft gegen die Ermittlungen
“Es gibt kein spurenfreies Verbrechen”, sagt Benecke. “Menschen verlieren laufend Haut und Haare, aber auch Kleidungsbestandteile und vieles mehr”.
Zur Person
Dr. Mark Benecke ist seit 20 Jahren auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forensik aktiv. Er promovierte an der Universität Köln und absolvierte mehrere Ausbildungen, etwa beim FBI in den USA. Benecke untersuchte bereits den Schädel von Adolf Hitler und tritt als Sachverständiger in Gerichtsverhandlungen auf. Er ist Autor diverser Fachbücher.

Benecke schränkt im Fall von Rebecca Reusch jedoch ein: “Die Frage ist halt nur, ob wir die Spuren finden.” Wenn gewischt werde, wenn es regne, wenn eine Wand gestrichen worden sei: Immer dann könnten Spuren verloren gehen. Spuren, die den mutmaßlichen Tod von Rebecca Reusch aufklären könnten. Auch Staatsanwalt Michael Petzold betonte am Dienstag: “Eine der größten Herausforderungen ist der Zeitablauf.” Knapp sechseinhalb Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens seien Beweismittel nur noch in begrenztem Umfang oder gar nicht mehr vorhanden.
Kriminalbiologe Benecke berichtet von erstaunlichen Entwicklungen
Aus Sicht von Kriminalbiologe Mark Benecke lohnt es sich für die Ermittler dranzubleiben. Er habe schon die erstaunlichsten Entwicklungen bei Kriminalfällen erlebt. “Meine Kollegin Tina und ich saßen beispielsweise schon, ohne es zu wissen, auf der eingemauerten Leiche der Ehefrau eines Mannes, während wir ihn zum angeblichen Verschwinden seiner Frau befragt haben.”
In einem anderen Fall habe man uralte Fingerabdrücke in einem Buch aus einer Bibliothek gefunden, das ein Attentäter vor vielen Jahren ausgeliehen hatte.
Verwendete Quellen:
- Anfrage an Mark Benecke per E-Mail
- Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft Berlin
- Eigene Berichterstattung
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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