Schweinepest: Forscher züchten erstmals resistente Schweine gegen Schweinepest

Mit einer Genschere haben Forscher Schweine gezüchtet, die gegen ein Schweinepestvirus immun sind. Das lässt Fachleute träumen von einer nachhaltigeren Nutztierhaltung.

Eine winzige Änderung an einem Protein hat den Erfolg gebracht. Sie könnte Milliarden an Kosten in der Tierhaltung einsparen und für mehr Tierwohl sorgen. Das zumindest ist die Hoffnung, die eine neue Studie im Fachjournal Trends in Biotechnology weckt (Crooke et al., 2025).

Darin beweist ein Forscherteam aus dem Vereinigten Königreich und Leipzig erstmals, dass sich mit einer vergleichsweise einfachen Genveränderung Schweine züchten lassen, die resistent gegen den Erreger der Klassischen Schweinepest (KSP) sind. Jenem hochansteckenden Virus, das immer wieder zu Ausbrüchen in Schweineställen führt, zu Massenschlachtungen und Massenimpfungen, zu Handelsbeschränkungen und erhöhten Medikamenteneinsatz in der Viehwirtschaft. Nicht zu verwechseln mit der Afrikanischen Schweinepest, die Schweineställe aber auf ganz ähnliche Weise heimsuchen kann.

Genveränderte Schweine also. Sind sie die Zukunft der Landwirtschaft? Unabhängige Fachleute sehen in der neuen Forschung großes Potenzial.

Genveränderungen, effektiver als jede Impfung

Entscheidend dafür, dass die Schweine vollständig resistent geworden sind, war DNAJC14. Ein körpereigenes Protein, das bei der Vermehrung von Pestviren wie dem KSP-Virus eine zentrale Rolle spielt. Ist seine Funktion gehemmt, kann das Virus zwar in Zellen eindringen, aber nicht die körpereigenen Mechanismen ausnutzen, um sich zu vermehren und anschließend weitere Zellen zu befallen. Die Infektion wird im Keim erstickt.

Wie wichtig DNAJC14 für diese Virusfamilie ist, weiß man schon seit Jahrzehnten. Um dieses Wissen auch zu nutzen, brauchte es noch ein Werkzeug, dessen Entwicklerinnen vor wenigen Jahren mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden: die Genschere Crispr/Cas9. Mit ihr ist es nun möglich, die DNA von Schweinen so zu verändern, dass das daraus entstehende Protein DNAJC14 verhindert, dass die Viren sich vervielfältigen können.

Mit Erfolg: In anschließenden Labor- und Tierversuchen zeigte sich, dass die genetisch veränderten Schweine vollständig resistent gegen eine Infektion waren. Sie entwickelten im Gegensatz zu infizierten Schweinen ohne Genveränderung keine Krankheitssymptome und schieden auch keine Viren aus.

In gewisser Weise ist diese Methode effektiver als jede Impfung darin, die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Und sie könnte auch nachhaltig funktionieren, weil das Gen hinter dem Protein DNAJC14 weitervererbt werden könne, sagt Konrad Fischer. Er war nicht an der Studie beteiligt und leitet die Sektion Xenotransplantation an der Technischen Universität München. Wie stabil die Resistenz damit weitervererbt wird, müssen künftige Studien allerdings noch zeigen. “Zwar besteht in der Natur immer ein gewisses Risiko, dass sich Viren durch Mutationen an neue Bedingungen anpassen, doch in diesem Fall ist das eher unwahrscheinlich, da DNAJC14 eine zentrale und über viele Arten hinweg konservierte Rolle im Viruszyklus spielt”, sagte Fischer dem deutschen Science Media Center.

Das macht die Studienergebnisse noch aus einem weiteren Grund interessant: Auch unter anderen Nutztieren, etwa Rindern und Schafen, sorgen Verwandte des Schweinepestvirus für Probleme, die innerhalb der Zellen DNAJC14 ausnutzen. Mit denselben Methoden könne man, sagt Fischer, auch gegen diese Infektionen vorgehen, da Rinder und Schafe ähnliche Gene besitzen.

Die Viren der Klassischen Schweinepest sorgen immer wieder für großen wirtschaftlichen Schaden weltweit. Hat ein Schwein sich infiziert, kann es symptomfrei bleiben und viele andere Schweine anstecken. Das Virus kann aber auch starkes Fieber auslösen, Hautausschläge mit Blutungen, Verstopfungen und Durchfall, Fehlgeburten oder auch zum plötzlichen Tod führen.

Mit Impfungen, strengen Futterkontrollen und Isolation von wild lebenden Schweinen haben es viele Länder, vor allem in Europa und Amerika, geschafft, das Virus auszurotten. Doch in vielen anderen Ländern sorgt es dafür, dass immer wieder Schweine sterben, sie weniger Nachwuchs zeugen oder auch anfälliger für andere Infektionen sind. Die Folge: weitere, sogenannte sekundäre Infektionen, beispielsweise mit bakteriellen Erregern, wegen derer Antibiotika verabreicht werden, was wiederum zu Resistenzen führt. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, werden dann viele Tiere vorsorglich getötet.

Wie teuer es dann werden kann, beschreibt das Friedrich-Loeffler-Institut am Beispiel einer Schweinepest-Epidemie 1997/98 in den Niederlanden. Damals kam es zu 429 Ausbrüchen mit 12 Millionen getöteten Schweinen. Die direkt entstandenen Kosten hätten bei 2,3 Milliarden Euro gelegen.

Das Interesse an Innovationen ist also groß bei Unternehmen, die sich auf Nutztierhaltung spezialisiert haben. Für die aktuelle Studie haben die Forscher etwa mit Genus plc zusammengearbeitet, einem britischen Biotechnologieunternehmen, das sich auf Gentechnik bei Nutztieren spezialisiert und die Studie mitfinanziert hat. Das Unternehmen war auch schon an früheren Studien beteiligt, in denen Schweine mit Resistenzen für ein anderes Virus (PRRSV) gezüchtet wurden (Journal of Virology: Burkard et al., 2018).

Unternehmen wie dieses arbeiten daran, Alternativen für Impfungen zu schaffen, die zwar bereits viel Erfolg gebracht haben, aber auch Nachteile haben. In vielen Teilen der Welt kursiere die Klassische Schweinepest unter heimisch lebenden Wildtieren, teilweise trotz prophylaktischer Impfungen, sagt Alexander Postel, Fachtierarzt für Virologie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. “Aufgrund des globalen Handels ist der Eintrag dieser Tierseuche in freie Länder eine ständige Gefahr und erfordert eine kontinuierliche Überwachung der Schweinebestände.” Resistente Schweine könnten seiner Einschätzung nach die Produktion von Schweinefleisch in vielen Ländern verbessern und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung erhöhen.

Gentechnikbeschränkungen verhindern Züchtung außerhalb der Forschung

Ob die neu gezüchteten Tiere sich wirklich für die Nutztierhaltung eignen, zeigt eine Studie wie diese allerdings noch nicht. Und für den Durchbruch gibt es eine weitere, entscheidende Hürde: “In den Ländern der EU und vielen anderen Ländern weltweit fehlen bislang die rechtlichen Voraussetzungen für die Haltung und Vermarktung gentechnisch veränderter Nutztiere”, sagt Fachtierarzt Postel. Auch wenn – wie in diesem Fall – nur eine einzige Aminosäure des Tieres gentechnisch verändert wurde, entscheidend sei die Methode der Veränderung: “Wenn die gleiche genetische Veränderung auf natürlichem Wege entstanden wäre, wäre dies jedoch rechtlich kein Problem”, sagt Postel.

Andere Länder sind da weniger streng. In Kolumbien, Brasilien und den USA sind genetisch resistente Tiere bereits zugelassen. Eine weitverbreitete Verwendung von gentechnisch veränderten Nutztieren in der Lebensmittelproduktion gibt es bisher nicht – das könnte sich aber bald ändern.

Afrikanische Schweinepest: anderer Erreger, gleiche Probleme

Im Gegensatz zu dem bisherigen Umgang mit der Schweinepest – aufwendige Impfungen, Tests und Keulungen – könne die Züchtung von resistenten Populationen also eine nachhaltigere und kostengünstigere langfristige Lösung für die Bekämpfung von Tierkrankheiten darstellen.

Allerdings ist der Weg dahin noch weit für die Klassische Schweinepest. Und noch weiter für einen jenen Erreger, der weltweit – und auch hierzulande – seit Jahren für große Probleme sorgt: ASPV, den Auslöser der Afrikanischen Schweinepest. Seinetwegen baut Hessen gerade einen Wildzaun an seiner Grenze zu Nordrhein-Westfalen, um Wildschweine an ihren Wanderungen zu hindern. Zwischen Deutschland und Polen gibt es ihn längst. Auch Dänemark hat seine Grenzen schon gegen Schweine abgeriegelt. Ausbrüche in Schweinemastbetrieben gibt es hierzulande noch nicht.

Auch wenn der Name ähnlich klingt und diese Schweinepest ganz ähnliche Probleme verursacht, handelt es sich bei diesem Erreger um ein vollkommen anderes Virus. Diese Schweinepest ist deutlich komplexer. Es gibt keinen Impfstoff, der bei einem Ausbruch viele Schweine vor dem Tod retten könnte. Und auch eine genetisch bedingte Resistenz gegen das Virus lässt sich in diesem Fall nicht so leicht herstellen.

Zwar hat ein Team des Friedrich-Loeffler-Instituts 2023 ein Protein identifiziert (Scientific Reports: Pannhorst et al.), das eine ähnlich wichtige Rolle bei der Infektion mit der Afrikanischen Schweinepest spielt wie DNAJC14. Doch das heißt nicht gleich, dass damit künftig auch resistente Schweine gezüchtet werden.

Und dann wäre da noch die Frage, ob Geneditierung bei Nutztieren überhaupt einmal in Europa erlaubt sein wird. Bisher werden in der EU nur Ausnahmen von dem bestehenden Verbot für bestimmte Pflanzen diskutiert.

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