Skynopoly will Überflugrechte für Drohnen vermarkten – doch nicht mal eine Videobotschaft von Oliver Kahn konnte die Investoren überzeugen. Wie ging es für das Start-up weiter?
Der Dortmunder Jurist Conrad Dreier ist davon überzeugt, dass Lieferdrohnen kurz vor dem Durchbruch stehen – und will ein Netz aus neuen Luftstraßen schaffen. Weil Privatgrundstücke nicht ohne Zustimmung überflogen werden dürfen, sammelt Dreier mit seinem 2021 gegründeten Start-up Skynopoly Einverständniserklärungen von Eigentümern ein. Die sollen in Zukunft gebündelt an Betreiber von Drohnenflotten vermarktet werden – und zwar so, dass auch die Grundstückseigentümer davon profitieren.
Der ehemalige Fußballprofi Oliver Kahn wirbt als Markenbotschafter für die Idee und hat für Dreiers Pitch bei „Die Höhle der Löwen“ eigens eine Videobotschaft aufgenommen. Doch die Investoren blieben skeptisch. Im Interview erklärt der Gründer, warum er trotzdem fest an seine Idee glaubt.
Sabo: Über Pilotversuche sind Logistikdrohnen bislang noch nicht hinausgekommen. Sie wollen schon Überflugrechte vermarkten. Sind Sie damit nicht zu früh dran?Conrad Dreier: Im Gegenteil. Skynopoly setzt genau bei dem Grund an, aus dem Drohnenlieferungen in Deutschland noch nicht funktionieren: der Regulatorik. Nach der Luftverkehrsordnung dürfen unbemannte Flugobjekte nicht ohne Genehmigung Privatgrundstücke überfliegen. Betreiber von Drohnenflotten haben deswegen mit wahnsinnig viel Bürokratie zu kämpfen. Skynopoly schafft Rechtssicherheit: Die Plattform bündelt Einverständniserklärungen von Eigentümern und baut so ein Netz von kommerziell nutzbaren Luftstraßen auf.
Scheitern Lieferdrohnen nicht bisher vor allem daran, dass der Betrieb noch nicht wirtschaftlich ist? In anderen Ländern gibt es bereits kommerzielle Drohnenflüge: In Irland etwa kann man sich Essen aus der Luft liefern lassen, in Asien ebenso. Und Amazon testet die Drohnenzustellung in mehreren US-Städten und investiert weiter große Summen in seinen Dienst Prime Air. Auch Konzerne wie die Google-Mutter Alphabet und Dutzende Start-ups – in Deutschland unter anderem Wingcopter – treiben Drohnenlieferungen voran. Vielleicht dauert es noch etwas, bis das zur Normalität wird. Aber der technische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. In der Politik ist das auch angekommen: Die letzte Bundesregierung hat zum Beispiel mit ihrer Advanced-Air-Mobility-Strategie den Weg für zahlreiche Pilotprojekte freigemacht.
Momentan debattiert die Politik doch vor allem über die Drohnenabwehr. Bremst das die Entwicklung nicht eher?Die ganzen Vorfälle über Flughäfen und Kasernen haben erst einmal nichts mit Logistik zu tun. Aber die Nachrichten darüber tragen sicherlich nicht zur Akzeptanz von Drohnen bei. Mir spielt das in die Karten: Ich setze darauf, dass der Gesetzgeber auch in Zukunft nicht einfach pauschal Drohnenflüge über Privatgrundstücken erlaubt. Damit würde man die Bevölkerung gegen sich aufbringen.
Genau eine solche Gesetzesänderung befürchteten die Löwen – und wollten deswegen nicht in Ihr Start-up investieren. Tatsächlich wäre dann Ihr ganzes Geschäftsmodell in Gefahr, oder?Wie gesagt: Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass man die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz einfach ignoriert. Bei der aktuellen Stimmung ist auch eine Verschärfung der gesetzlichen Vorgaben möglich. Ein Restrisiko, dass sich irgendwann die Rahmenbedingungen verändern, gibt es immer. Mit dem Argument dürften Geldgeber aber auch nicht in Cannabis-Start-ups oder in Unternehmen anderer regulierter Branchen investieren.
Aber zumindest eine Novelle der Luftverkehrsordnung ist doch nicht unwahrscheinlich, wenn irgendwann auch Wirtschaftsverbände Druck machen?Ich habe dazu selbst einen Vorschlag gemacht, der im vergangenen Jahr in einer renommierten juristischen Fachzeitschrift veröffentlicht worden ist: Um wirtschaftliche Interessen und gesellschaftliche in Einklang zu bringen, schlage ich ein Opt-out-Verfahren vor – ähnlich wie man das von Google Street View kennt. Da darf mein Haus so lange im Internet gezeigt werden, bis ich dem widerspreche. Übertragen auf den Luftverkehr heißt das: Die Drohne darf erst einmal über mein Grundstück fliegen. Aber wenn ich einen Widerspruch einlege, geht das nur noch, wenn ich zumindest finanziell dafür entschädigt werde – über die Plattform Skynopoly oder andere Instanzen.
Frank Thelen fand Ihre Argumentation widersprüchlich: Einerseits betonen Sie die große Skepsis gegenüber Drohnen, andererseits setzen Sie darauf, dass Menschen es explizit erlauben, dass Drohnen über ihr Grundstück fliegen. Wie passt das zusammen?Grundstückseigentümer werden früher oder später mit Logistikdrohnen in Berührung kommen – ob sie wollen oder nicht. Denkbar sind Ausnahmeregelungen, die einen direkten Überflug erlauben. Oder Drohnen nehmen den Umweg über die öffentliche Straße vorm Grundstück. Zwischen Vorbei- und Überflug besteht optisch und akustisch aber kaum ein Unterschied. Skynopoly sorgt also dafür, dass Eigentümer für etwas, das sie unter Umständen auch so dulden müssen, bezahlt werden. Und die Aussicht, ein passives Einkommen mit Überflugrechten zu generieren, ist ein starker Anreiz. Bei Skynopoly haben sich schon weit über 100.000 Eigentümer registriert.
Der prominenteste Hausbesitzer, der sich bei Ihnen registriert hat, ist Oliver Kahn. Der ehemalige Torhüter der Fußballnationalmannschaft ist zugleich Werbeträger Ihres Unternehmens. Wie kam es dazu?Ich wollte fürs Marketing einen Prominenten gewinnen, den wirklich jeder in Deutschland kennt. Menschen wie Günther Jauch, Thomas Gottschalk – oder eben Oliver Kahn. Bei ihm war das Management sehr aufgeschlossen und hat schnell auf meine Anfrage geantwortet. Tatsächlich hat es dann mit Oliver Kahn direkt sehr gut gepasst.
Was hat Sie der Deal gekostet?Darüber haben wir Stillschweigen verabredet.
Anders gefragt: In der Sendung hieß es, Sie hätten bisher 100.000 Euro in Skynopoly investiert. Wie hoch ist der Marketinganteil bei den Investitionen? Marketing ist schon mit Abstand der größte Kostenblock. Ich habe anfangs naiv gedacht, dass Skynopoly ein Selbstläufer wird. Schließlich ist die Registrierung für Hauseigentümer kostenlos und risikolos. Aber man muss dann doch erst einmal dicke Bretter bohren, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Auf die Testimonial-Werbung ist aber nur ein Teil der Ausgaben zurückzuführen. Ich habe unter anderem auch Suchmaschinen- und Social-Media-Werbung gemacht.
Und nun suchen Sie andere Investoren, nachdem es im Fernsehen nicht geklappt hat?Ich bin offen für Gespräche. Aber ich brauche nicht zwangsweise einen Geldgeber. Meine laufenden Kosten sind überschaubar. Bei „Die Höhle der Löwen“ ist die vermeintliche Investorensuche nun einmal die Eintrittskarte. Viel wichtiger als eine Finanzspritze war mir, dass ich in der Sendung überhaupt auf mein Start-up aufmerksam machen konnte. Ich erhoffe mir von der Ausstrahlung einen neuen Schwung an Registrierungen.
Was unternehmen Sie sonst noch, um Skynopoly bekannter zu machen?Ich will Hausbesitzer noch gezielter ansprechen. Dazu arbeite ich mit den Raumplanern der TU Dortmund zusammen: Wir wollen die Flugrouten identifizieren, die für Lieferdienste voraussichtlich besonders interessant sind. Entlang dieser Routen wird es sich lohnen, verstärkt in die Akquise von Grundstückseigentümern zu gehen.
Und wann sollen sich Ihre Investitionen auszahlen? Ich gehe davon aus, dass Lieferdrohnen in drei bis fünf Jahren in Deutschland Realität werden. Flottenbetreiber werden sich dann entsprechend melden – das Ziel ist es, mit ihnen langfristige Verträge abzuschließen. Skynopoly behält die Hälfte der Einnahmen aus den Überflugrechten, die andere Hälfte geht an die Grundstücksbesitzer.
Und wenn es anders kommt?Das ist mein unternehmerisches Risiko – natürlich ist mir bewusst, dass Start-ups auch scheitern können. Aber ich habe mir immer gesagt: Wenn ich einmal irgendwie eine gute Idee habe, werde ich auch versuchen, diese umzusetzen. Skynopoly mag im ersten Moment vielleicht sehr ungewöhnlich wirken. Aber es gibt viele Dinge, die in der Vergangenheit verrückt klangen und die heute ganz selbstverständlich sind.
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