Kommentar
So langsam wird’s heikel für Eintracht Frankfurt
Die Eintracht rutscht nach der 1:5 Klatsche gegen Liverpool in eine erste kleine Krise. Und man fragt sich: Wo ist die Widerstandskraft hin? Ein Kommentar.
Frankfurt – Die klugen Köpfe im Eintracht-Zirkel haben schon vor ein paar Wochen, als noch alles Tuttifrutti lief im Stadtwald und Galatasaray in der Königsklasse gerade aus dem Stadion gefegt wurde, eindringlich gewarnt: Das Gebilde sei nicht gefestigt, die Spielweise riskant, die Naivität ein ständiger Begleiter. Ergo: Es könnte ein ungemütlicher Herbst werden, da werde man intern Stabilität benötigen. Was soll man sagen? Die Glaskugel lügt doch nicht. So ist es gekommen.
Die Eintracht hat sich in eine erste kleine Krise dieser Saison manövriert, von den letzten vier Spielen hat sie drei verloren, dreimal gab es richtige Abreibungen: 1:5 bei Atletico Madrid, 0:3 gegen Bayern München, 1:5 gegen den FC Liverpool. Das ist, zugegeben, nicht die Kragenweite der Eintracht. Das sind Schwergewichte, zwei Nummern zu groß. In dieser Verfassung und Zusammensetzung ist die Frankfurter Mannschaft auf allerhöchstem Niveau nicht konkurrenzfähig. Die schöne Champions League, das Sehnsuchtsziel, verhagelt den Hessen gerade so ziemlich die Saison. Grotesk, irgendwie. Chancenlosigkeit von
Chancenlosigkeit von Eintracht Frankfurt erklärbar
Die Chancenlosigkeit ist aber erklärbar: Das Team hat keine individuelle Spitzenkraft mehr in seinen Reihen, weshalb die Mittel fehlen, um den ganz Großen wehzutun. Es ist sogar schwächer besetzt als letzte Saison, als Tuta noch verteidigte und die Ausnahmekönner Omar Marmoush und Hugo Ekitiké zauberten. Und selbst als Marmoush ging, war ja noch der „Heki“ da. Der stürmt jetzt für die Reds. Und zeigte am Mittwoch, weshalb. Er ist der Eintracht entwachsen, oder wie Sportvorstand Markus Krösche zu sagen pflegt: Er hat sich schneller entwickelt als der Verein.
Hugo Ekitiké ist einfach so viel besser als jeder andere Frankfurter Spieler, natürlich auch als Nachfolger Jonny Burkardt. Der ist zwar bester Eintracht-Schütze. Durfte aber gegen Liverpool trotzdem nicht starten, genauso wenig wie Can Uzun, der an den meisten Toren beteiligt ist, immerhin zehn. Hat nicht jeder verstanden, die Maßnahme des Trainers. Der verheddert sich zurzeit so ein bisschen mit seinen Aufstellungen, wechselt mal von diesem zu jenem. Das trägt auch nicht zu Festigkeit bei.
Die Eintracht ist an einem heiklen Punkt angelangt. Denn natürlich machen diese Züchtigungen etwas mit einer jungen Mannschaft, die Köpfe sinken, das Selbstvertrauen schrumpft, die Zweifel wachsen. Es ist nicht einfach, sie wieder aufzurichten, gerade mental, insofern ist die Partie am Samstag gegen den ebenfalls angeschlagenen FC St. Pauli schon so etwas wie ein Gradmesser. Nicht auszudenken, sollte die Eintracht erneut verlieren, die Stimmung könnte kippen.
Also wird man sehen müssen: Ist das Team gefestigt und trotzt Widerständen? Oder fällt es auseinander? Wie in der zweiten Halbzeit am Mittwoch. Die Auflösungserscheinungen waren das eigentlich Bedenkliche. Kein Einzelfall, so war es auch schon gegen die Bayern. Wo, fragt man sich, ist das Feuer, der Wille, die Unbeugsamkeit geblieben? Natürlich ist es nicht leicht, in Rückstand gegen eine Übermacht aus München oder Liverpool noch was zu holen, zumal der eigene Glaube schwindet.
Dennoch: Sich wehrlos zu ergeben und sich devot dem Schicksal zu fügen – das ist seltsam. Und passt gar nicht zur Haltung der Eintracht der vergangenen Jahre. Sie war immer in der Lage, die Großen ins Straucheln zu bringen: durch Mentalität, Resilienz und Stehauf-Qualitäten. Alles Tugenden, die zurzeit verschüttgegangen sind. An Dino Toppmöller ist es nun, sie wieder auszugraben. Gab schon coolere Phasen für den fleißigen Fußballlehrer.
