So viele Kalorien kann ein Mensch maximal verbrennen

Wie viel Energie kann der menschliche Körper umsetzen, wenn er dauerhaft an seine Grenzen geht? Forscher können das nun beantworten – sie haben den täglichen Kalorienverbrauch bei Ultra-Ausdauerathleten über ein ganzes Jahr gemessen. Die Sportler liefen teils täglich über 100 Kilometer oder bestritten 24-Stunden-Rennen. Das absolute kurzfristige Limit beim Kalorienverbrauch lag beim siebenfachen Grundumsatz eines Athleten. Langfristig hielten die Körper etwas weniger aus, als bislang vermutet.

Ultra-Ausdauersportler, die Ironman-Triathlons absolvieren oder Hunderte von Kilometern am Stück laufen, sind perfekte Modelle, um die langfristige Belastbarkeitsgrenze des menschlichen Körpers zu erforschen. Frühere Forschung hatte diese sogenannte „metabolische Obergrenze“ (metabolic ceiling) auf Basis von Daten echter Ausdauer-Events lediglich geschätzt: Mehr als das 2,5-Fache seines Grundumsatzes, so vermutete man bisher, kann kein Mensch auf Dauer verbrauchen.1 Jetzt wurde diese Annahme erstmals durch direkte Messung bei Sportlern über viele Monate hinweg überprüft. Wo genau liegt diese Grenze, die selbst die extremsten Athleten auf Dauer nicht überschreiten können? Eine Studie, gerade in der Fachzeitschrift „Current Biology“ erschienen, zeigt eindrucksvoll, wo das Limit tatsächlich liegt.2

Kalorienverbrauch über Monate – Limit liegt bei 2,4-fachem Grundumsatz

Über einen längeren Zeitraum hinweg – 30 Wochen oder mehr – liegt die „metabolic ceiling“ demnach beim 2,4-fachen des Grundumsatzes. Die Studie wurde durchgeführt von Andrew Best, Anthropologe am Massachusetts College of Liberal Arts, sowie Herman Pontzer. Pontzer ist Professor für Evolutionsanthropologie an der Duke University. Er erforscht seit zwei Jahrzehnten die menschliche Bioenergetik und gilt als Superstar der Stoffwechselforschung.

Pontzer und Best rekrutierten für ihre Untersuchung 14 Hochleistungssportler: zwölf Männer und zwei Frauen, Durchschnittsalter 37 Jahre. Davon waren zehn Ultraläufer, drei Multi-Sportler (u. a. Triathlon) sowie ein Ultra-Radfahrer. Die Forscher gaben ihnen normales Trinkwasser, das mit zwei schweren Isotopen von Wasserstoff und Sauerstoff angereichert war. Die Isotope verteilen sich innerhalb weniger Stunden in allen Körperzellen und -flüssigkeiten. Die Athleten sammelten in den folgenden Tagen und Wochen regelmäßig Urinproben, die tiefgekühlt aufbewahrt und später ins Labor geschickt wurden. Dort wurde gemessen, wie schnell die Isotope über Schweiß, Urin und Atem (in Form von Kohlendioxid) aus dem Körper verschwinden. Indem sie die Menge der Moleküle verfolgten, die mit dem Urin ausgeschieden wurden, konnten die Wissenschaftler die Menge des ausgeatmeten CO₂ berechnen und daraus die Anzahl der von den Sportlern verbrannten Kalorien abschätzen.

14 Hochleistungssportler ein Jahr untersucht

Die Forscher wussten nun ganz genau Bescheid über den tatsächlichen Gesamtenergieverbrauch dieser Sportler in deren Alltag – also inklusive Bewegung, Training, Erholung und Stoffwechselprozesse. Innerhalb des Untersuchungszeitraums von einem Jahr absolvierten die Sportler Ultra-Wettkämpfe (24 Stunden bis 13 Tage) sowie Hoch- und Niedrig-Trainingsphasen. Einige Athleten verbrannten während mehrtägiger Wettkämpfe rund 9000 Kalorien pro Tag. Die untersuchten Ultraläufer liefen im Studienjahr durchschnittlich 6533 Kilometer, teilweise waren es über 11.000 Kilometer.

Metabolische Obergrenze etwa das 2,4-fache des Grundumsatzes eines Sportlers – Spitzenwert bei 7,08

Zentrale Erkenntnis: Im Durchschnitt lag der Energieverbrauch bei 30 Wochen beim 2,43-fachen des Grundumsatzes – und damit unter der bislang vermuteten Marke von 2,5. Bei 52 Wochen lag dieser beim 2,39-fachen des Grundumsatzes.

Der gemessene Energieverbrauch nahm mit der Dauer ab – vom 3,75-fachen des Grundumsatzes (während einer Woche) auf das 2,57-fache des Grundumsatzes (während 12 Wochen).

Nur einige wenige überschritten diesen Wert kurzzeitig leicht (maximal: 2,74 bei 30 Wochen und 2,70 bei 52 Wochen). Insgesamt jedoch blieben alle innerhalb der zu erwartenden Schwankungsbreite. Die höchste Einzelmessung wurde bei einem 23,5-stündigen Lauf mit einem gemessenen Energieverbrauch von 7,08 erreicht.

Kein Athlet überschritt dauerhaft die vermutete biologische Obergrenze des menschlichen Energieverbrauchs vom 2,5-fachen des Grundumsatzes bei lang andauernder Belastung. Das bedeutet: Der Mensch kann über längere Zeiträume höchstens das 2,4-Fache seines Grundumsatzes an Energie nachhaltig verbrauchen.

Auch interessant: Laufen, Radfahren, Schwimmen – was verbrennt am meisten Kalorien?

Was bedeutet 2,4-facher Grundumsatz konkret? Beispiele

Ein paar Beispielrechnungen mit typischen Durchschnittswerten für den Grundumsatz (BMR) von Männern und Frauen im mittleren Alter verdeutlichen, was die abstrakten Werte 2,4-faches des Grundumsatzes bzw. 7,08-fach in der Spitze und kurzfristig ganz konkret bedeuten. Beim Grundumsatz handelt es sich um die Energie, die für die Aufrechterhaltung der grundlegenden Körperfunktionen benötigt wird. Nicht zu verwechseln mit dem Gesamtkalorienbedarf, der sich aus der Summe von Grundumsatz und Leistungsumsatz zusammensetzt.

Frau, 35 Jahre, 60 Kilogramm, 165 Zentimeter – Grundumsatz: ca. 1.400 kcal/Tag

Eine ultraausdauertrainierte Frau, die über Monate hinweg extrem aktiv ist, verbrennt mit den Erkenntnissen aus der Studie etwa 3400 kcal pro Tag – auf Dauer. Über einen kürzeren Zeitraum sind mit dem 7,08-fachen in diesem Beispiel 9.912 kcal/Tag möglich.

Mann, 35 Jahre, 75 Kilogramm, 180 Zentimeter – Grundumsatz ca. 1.750 kcal/Tag

Ein ultraausdauertrainierter Mann, der über Monate hinweg extrem aktiv ist, verbrennt mit den Erkenntnissen aus der Studie etwa rund 4250 kcal pro Tag auf Dauer. Über einen kürzeren Zeitraum sind mit dem 7,08-fachen in diesem Beispiel 12.390 kcal/Tag möglich.

Weitere Erkenntnis: Der Körper spart woanders Energie, wenn er sportlich sehr gefordert wird

Die Forscher fanden überdies heraus, dass der Körper offenbar Energie umverteilt: Bei sehr hoher sportlicher Belastung wird weniger Energie für andere Funktionen wie z. B. unbewusste Alltagsbewegungen wie Gehen, Verdauung oder hormonelle Prozesse aufgewendet. Dies stellt einen Hinweis auf Priorisierung lebenswichtiger Funktionen bei Extrembelastung dar.

Was kann man daraus schließen?

Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass selbst bei Weltklasse-Athleten, die 52 Wochen lang extrem viel trainieren, der durchschnittliche tägliche Kalorienverbrauch dauerhaft unter der metabolischen Obergrenze liegt. Der Mensch besitzt also eine dauerhafte energetische Leistungsgrenze – und diese liegt bei langfristiger Belastung bei etwa dem 2,5-Fachen des Grundumsatzes. Extreme Ausnahmen bleiben sehr selten.

Einordnung der Studie und mögliche Einschränkungen

Die Studie ist methodisch stark: Sie nutzt direkte, präzise Messverfahren und deckt mit einer Laufzeit von bis zu 52 Wochen Zeiträume ab, die bislang kaum untersucht waren. Die Kombination aus Messungen und detaillierten Trainingsdaten macht die Aussagen besonders belastbar. Einschränkung: Nicht alle Aktivitäten sind lückenlos dokumentiert und Gewichtsveränderungen nicht erfasst. Ferner hat man den Grundumsatz der Sportler nicht direkt gemessen, was mögliche physiologische Anpassungen nicht abbildet.

Ein weiterer Punkt: Die Studie bestätigt zwar das metabolische Limit bei dieser Athletengruppe, lässt aber Raum für absolute Ausnahmen – etwa bei dokumentierten Extremleistungen wie dem Australienlauf von Pat Farmer oder dem 1-Jahres-Weltrekord von Serge Girard. Doch ohne direkte Messungen bleiben diese Sonderfälle spekulativ.

Bedeutung der Ergebnisse für den Spitzensport

Diese Studie liefert den bisher stärksten Nachweis für eine dauerhafte energetische Obergrenze des Menschen. Für Sportler und Trainer bedeuten die Ergebnisse: Auch mit perfektem Training, idealer Ernährung und Motivation gibt es eine biologische Obergrenze, was langfristig leistbar ist: Der Körper scheint über längere Zeiträume kaum mehr als das 2,5-Fache seines Grundumsatzes leisten zu können.

Diese Grenze schützt den Körper vermutlich vor Überlastung, Mangelzuständen und langfristigen Schäden – ein eingebautes „Sicherheitsventil“ der Evolution. Die Erkenntnis kann somit helfen, überhöhte Erwartungen zu relativieren – etwa im Alltag von Freizeitathleten, im Leistungssport oder bei militärischen Einsätzen.

  1. Thurber C., Dugas L. R., Ocobock C. et al. (2019): Extreme events reveal an alimentary limit on sustained maximal human energy expenditure. Science Advances. ↩︎
  2. Best A., Potzner H., Hyatt E. (2025): Ultra-endurance athletes and the metabolic ceiling. Current Biology. ↩︎

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