Agrarminister Alois Rainer
Söders „schwarzer Metzger“ im Interview: Überraschendes Urteil zu Veggie-Verbot der EU
Was hält er von der Veggi-Burger Debatte? Was brauchen die Bauern in Deutschland wirklich? Der Agrarminister stellt sich den Fragen des Münchner Sabo.
München – Seit sechs Monaten ist Alois Rainer (CSU) als Bundesagrarminister im Amt. Der Niederbayern aus Haibach hat er große Herausforderungen vor der Brust: Die Landwirte drängen auf Bürokratieabbau, Planungssicherheit und beim Dauerthema Wolf auf eine baldige Lösung. Beim Redaktionsbesuch stand der 60-Jährige Rede und Antwort.
Sechs Monate Minister – welchen Druck erleben Sie im neuen Amt?
Den größten Druck mache ich mir selber. Es ist Zeit, dass sich was dreht und zwar schnell. Ich will wirklich was erreichen für alle Bereiche meines Ministeriums. Ich brenne für eine starke Landwirtschaft, ausgewogene Ernährung und eine lebenswerte Heimat. Die Erwartungshaltung ist aber auch insgesamt sehr hoch.
Druck haben Sie gerade bei der heftigen Debatte über Veggie-Burger. Ist ein CSU-Agrarminister auch ein Minister für Kulturkampf?
Jeder soll das essen, was ihm schmeckt. Wir machen da keine Vorgaben. Für mich persönlich besteht ein Schnitzel aus Pute, Schwein oder Kalb – eben aus Fleisch. Aber die Verbraucher wissen auch: Wenn sie ein Veggie-Schnitzel kaufen, dann ist das ein vegetarisches Produkt.
„Lassen wir die Debatte“: Agrarminister hält Veggi-Wurst Debatte in der EU für unnötig
Das EU-Parlament sagt: Nur Fleisch darf Fleisch heißen. Wird durch diese Abstimmung suggeriert: Die Verbraucher sind zu dumm, um Gemüse von Fleisch zu unterscheiden?
Ach nein. Es war eine französische Abgeordnete im EU-Parlament, die das angestrengt hat. Lassen wir die Debatte, es ist jetzt einfach zu spät dafür – gerade viele deutsche Unternehmen sind mit ihren Produkten fest am Markt etabliert. Es würde Millionen kosten, wenn die Wirtschaft alles umetikettieren müsste. Der Aufwand wäre viel zu hoch.
Dann haben Sie Ihre Einstellung aber geändert. Sie haben doch klar erklärt, dass ein Veggie-Schnitzel nicht Schnitzel heißen dürfe…
Nein, das habe ich nie gesagt. Ich habe nur gesagt, dass für mich persönlich ein Schnitzel aus Fleisch besteht.
Auch der Kanzler hat gesagt: Wurst bleibt Wurst. Widerspricht sich das nicht?
Der Kanzler hat offensichtlich die gleiche persönliche Meinung wie ich (lacht).
Also wird die Bundesregierung letztlich in den Verhandlungen gegen das Veggie-Namensverbot stimmen?
Die Verhandlungen dazu beginnen jetzt. Ich bin für die Beibehaltung der bestehenden Regeln. Wir haben auch wirklich wichtigere Probleme: Die Zukunft der Agrarpolitik in Europa, die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), weiterer Bürokratieabbau, der Wolf …
Alois Rainer verspricht Bauern: Agrardiesel-Rückerstattung kommt zurück
Vor zwei Jahren gab es ja die riesigen Bauernproteste. Hat sich die Stimmung entspannt, oder täuscht das?
Seit die neue Bundesregierung im Amt ist, habe ich keine Bauernproteste auf deutschen Straßen erlebt. Ich habe von Tag eins meiner Amtszeit einen politischen Kurswechsel eingeleitet. Die Land- und Ernährungswirtschaft braucht einen Partner auf Augenhöhe an ihrer Seite. Ich will eine bäuerliche, moderne, wettbewerbsfähige und vielfältige Landwirtschaft in Deutschland.
Dazu gehört für mich der Abbau unnötiger Bürokratie, mehr Planungssicherheit und gesellschaftliche Wertschätzung für den Beruf des Landwirts. Den großen Zorn damals gab es unter anderem wegen der Abschaffung der Agrardiesel-Rückerstattung, eine der größten Fehlentscheidungen der Ampel-Regierung. Die Agrardiesel-Rückerstattung kommt in voller Höhe zurück, dafür haben wir gesorgt. Bürokratie abzubauen, bedeutet das Bohren dicker Bretter. Mit der Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung haben wir die landwirtschaftlichen Betriebe bereits um 18 Millionen Euro entlastet.
Schauen wir auf die Entwaldungsverordnung. Sie wollen, dass die EUDR für Deutschland nicht nur verschoben, sondern ganz ausgesetzt wird.
Ja, diese Verordnung ist ein bürokratischer Riesen-Wust, eine immense Belastung für unsere Wirtschaft. Daran ändert auch der in dieser Woche von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag zur Anpassung nichts. Die wichtigste Forderung, die Null-Risiko-Variante, ist nicht in dem vorgelegten Vorschlag enthalten. Der Bürokratieaufwand bleibt damit unverändert viel zu hoch und belastet Unternehmen unnötig. Dieser Vorschlag ist trotz einiger Verbesserungen völlig ungenügend und geht an der Realität der Menschen vorbei. Ich stehe dazu, dass man die weltweite Entwaldung eindämmen muss und dass wir genau hinschauen, was wir importieren.
Aber unsere Wälder in Deutschland sind durch unsere Gesetze so geschützt, dass bei uns größere Flächen ohnehin nicht gerodet werden können. Wenn der Bäcker die Schoko-Glasur für seinen Kuchen aufwendig dokumentieren muss, oder Sie als Verlag belegen, woher jede Rolle Papier für ihre Zeitung herkommt, dann geht das zu weit. Dass die EUDR nun nur für kleine Unternehmen verschoben werden soll, ist so nicht hinnehmbar und trifft viele Betriebe überraschend. Da mache ich nicht mit.

Kleine Bauern sollen weiter gefördert werden, sagt der Agrarminister
Kleine Bauern, Nebenerwerbslandwirte, haben das Gefühl, dass die großen Bauern immer mehr bekommen, die kleinen immer weniger. Was halten Sie von einer Kappungsgrenze?
Sie sprechen die Vorschläge für die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2028 an. Hier hat die EU eine Degression und eine Kappung ins Spiel gebracht. Bei 100.000 Euro soll Schluss sein. Ich verstehe die Sorge der kleinen Betriebe – die sind oft familiengeführt und da hängt viel Herz, aber auch Existenz dran. Ich bin der Minister für die großen wie die kleinen Betriebe. Degression – also die schrittweise Kürzung der Förderung für größere Betriebe – könnte uns Spielraum eröffnen, unsere heterogene Betriebsstruktur gezielt bei der Förderung zu berücksichtigen, gerade mit Blick auf die kleinen Betriebe.
Bei der Kappung muss man vorsichtig sein. Wir brauchen die Landwirtschaft in ihrer Gänze – vom kleinen Nebenerwerb bis zum Großbetrieb. Wir dürfen nicht vergessen: Sie alle stehen für Ernährungssicherung, Arbeitsplätze und Wertschöpfung auf dem Land.
Die Verhandlungen werden schwierig.
In der Tat. Bei der GAP stehen wir am Anfang der Diskussionen. Wir wollen die Junglandwirte, kleinere Betriebe und umweltschonende Bewirtschaftung unterstützen. Wir dürfen aber auch die großen Betriebe nicht vergessen. Das wird die Quadratur des Kreises. Außerdem bedeuten die Vorschläge der Kommission, das auch noch mit weniger Geld hinzubringen. Deshalb ist der erste Punkt: Mehr Geld! Wird nicht einfach werden, das weiß ich.

Was sagt der Agrarminister zum Abschuss von Wölfen im Alpenraum?
Der Wolf ist ein großes Problem für die Bauern in Bayern. Der Schutzstatus im Alpenraum ist nicht aufgegeben worden. Warum haben Sie sich vom Umweltminister den Schneid abkaufen lassen?
Hab´ ich nicht. Wir haben geliefert. Im Sommer wurde der gute Erhaltungszustand des Wolfes für den atlantischen Bereich gemeldet, jetzt für die kontinentale Region und damit für Deutschland und fast ganz Bayern…
…aber eben nicht für die Almen! Warum nicht?
Ich kenne die Lage der Almwirtschaft gut und ich habe sie fest im Blick. Wir gehen schrittweise vor. Will heißen, wir werden im neuen Bundesjagdgesetz einen Passus einbauen, der es den Bundesländern ermöglicht, in Bereichen mit schwierigem Herdenschutz rechtssicher Entnahmen des Wolfes zu erlauben. Also dort, wo der Herdenschutz, wo Zäune nicht möglich sind. Dann ist auch dort der Abschuss rechtsicher möglich, wie beispielsweise im Alpenraum. Außerdem bin ich mit meinem österreichischen Kollegen bereits in Kontakt, wir müssen den gesamten Alpenraum zusammendenken.
Wir werden zusammen mit unseren Nachbarstaaten dafür kämpfen, dass der günstige Erhaltungszustand auch für die alpine Region erreicht wird. Klar ist, für fast ganz Bayern gilt der günstige Erhaltungszustand. Und für die alpine Region haben wir eine Lösung, die zunächst über das Bundesjagdgesetz geht. Der Gesetzentwurf liegt derzeit zur Abstimmung beim Bundesumweltministerium. Ich hoffe, dass es jetzt schnell geht.
