Steuereinnahmen höher als erwartet – großes Problem für Klingbeil bleibt

Finanz-Dilemma

Steuereinnahmen höher als erwartet – großes Problem für Klingbeil bleibt

Finanzminister Klingbeil kann mit 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen rechnen. Die Haushaltslöcher bleiben trotzdem riesig. Warum selbst der Steuer-Boom nicht hilft.

Update, 11.12 Uhr:  Bund, Länder und Gemeinden können in den nächsten Jahren mit deutlich höheren Steuereinnahmen rechnen als noch im Mai erwartet. Der Arbeitskreis Steuerschätzung legte am Donnerstag seine Prognose für die Jahre 2025 bis 2029 vor. Demnach sind für den Gesamtstaat in diesem Fünf-Jahres-Zeitraum 33,6 Milliarden Euro mehr zu erwarten. Der Bund kann in diesem Zeitraum unter dem Strich aber nicht mit mehr Geld rechnen. Etwas höhere Einnahmen in den Jahren 2025 bis 2027 halten sich die Waage mit erwarteten Mindereinnahmen in den Jahren 2028 und 2029.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil wertete das Ergebnis als Beleg für die Regierungspolitik, pochte aber auf weiterhin bestehendem Spardruck. „Die von der Bundesregierung verabschiedeten Wachstumsimpulse wirken“, sagte Klingbeil. Aber die positiveren Wachstumsaussichten seien überhaupt kein Grund, sich zurückzulehnen. Für 2027 gebe es „eine geringe Entlastung im mittleren einstelligen Milliardenbereich“. Es bleibe aber eine Lücke von knapp 30 Milliarden Euro.

Erstmeldung 23. Oktober, 10.09 Uhr: Berlin – Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) befindet sich in einer widersprüchlichen Situation: An diesem Donnerstag (23. Oktober 2025) möchte er die Resultate der aktuellen Steuerschätzung präsentieren. Obwohl die jüngste Prognose unerwartet hohe zusätzliche Einnahmen in Aussicht stellt, ist die Finanzlage des Haushalts weiterhin äußerst kritisch. Die heute veröffentlichten Daten verdeutlichen einen vielschichtigen Gegensatz zwischen positiven Aussichten und unbarmherziger Wirklichkeit.

Laut Berichten des Handelsblatts erhalten Bund, Länder und Gemeinden zwischen 2025 und 2029 zusammengenommen etwa 100 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen im Vergleich zur Mai-Prognose. Dennoch vermag diese auf den ersten Blick positive Entwicklung das umfangreichste Finanzierungsdefizit in der bundesdeutschen Geschichte nicht zu beseitigen. Im Zeitraum von 2027 bis 2029 liegen die geplanten Bundesausgaben nach gegenwärtigen Berechnungen um 172 Milliarden Euro über den erwarteten Einnahmen.

Historisches Finanzdefizit trotz Steuerplus: Der „Investitionsbooster“ als Lichtblick

Nach Angaben von Focus verzeichnete der Bund in den ersten drei Quartalen 2025 bereits etwa 15,3 Milliarden Euro beziehungsweise 5,7 Prozent höhere Steuereinnahmen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Eine derartige Finanzierungslücke existierte weder nach der deutschen Einheit noch während der wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu Beginn der 2000er-Jahre.

Der maßgebliche Grund für die hoffnungsvollen Vorhersagen findet sich im sogenannten „Investitionsbooster“, welchen die schwarz-rote Regierung während der Sommermonate verabschiedet hat. Dem Handelsblatt zufolge erwarten die Steuerschätzer eine merkliche Wirtschaftsbelebung durch vorteilhafte Abschreibungsmöglichkeiten für Firmen, die hierzulande investieren. Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hatte Mitte September noch pessimistische Aussichten gezeichnet: Nach zweijähriger Rezession bewege sich die deutsche Wirtschaft 2025 „nur auf der Stelle“, der Außenhandel verbleibe „im Desorientierungsstress“ und für 2026 werde trotz gut einem Prozent Wachstum „keine wirkliche Aufschwungsqualität erreicht.“

Aufgrund einer etwas günstigeren wirtschaftlichen Entwicklung kann der Staat jedoch zwischen 2025 und 2029 mit zusätzlichen Einnahmen von rund 120 Milliarden Euro kalkulieren, verlautet aus Kreisen der Schätzer und der Regierung. Gleichzeitig entgehen dem Bund jedoch auch Einnahmen: Die während des Sommers verabschiedeten steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen führen bis 2029 zu Mindereinnahmen von etwa 50 Milliarden Euro.

Unerwarteter Lohnsteuer-Anstieg – Finanzressort bremst Hoffnungen

Außergewöhnlich positiv verlaufen die Einnahmen aus der Lohnsteuer. Ungeachtet des minimalen Wirtschaftswachstums erweisen sich die Steuereinnahmen 2025 bisher als erstaunlich stabil. Fachleute für Steuerfragen bezeichnen die positiven Zahlen bereits als „Steuerrätsel“. Insbesondere die Lohnsteuer-Einnahmen fallen dem Focus zufolge unerwartet hoch aus, was eine bessere Ausgangslage für die folgenden Jahre schafft.

Aus dem Umfeld des Finanzministeriums hieß es, zusätzliche Steuereinnahmen dieser Dimension seien zwar begrüßenswert und belegten die Wirksamkeit des „Investitionsbooster“. Die sich andeutenden zusätzlichen Einnahmen könnten jedoch die Finanzprobleme des Bundes nicht beheben. Folglich bleibe Sparen weiterhin das Gebot der Stunde, so der Tenor aus dem Finanzressort. Gegenwärtig tragen Klingbeils Mitarbeiter Sparvorschläge aus anderen Ministerien zusammen und prüfen den Haushalt auf Kürzungsmöglichkeiten.

Diskutiert werden Reduzierungen von Subventionen, die Streichung von Förderprogrammen, eine Erhöhung der Kfz-Steuer für Dienstwagen mit Verbrennungsmotor, eine höhere Erbschaftsteuer sowie der Abbau von Bürokratie. Derzeit umfasst das Finanzierungsdefizit für 2027 etwa 34 Milliarden Euro. Falls der Arbeitskreis Steuerschätzung erwartungsgemäß positive Zahlen präsentiert, könnte sich die Lücke um ungefähr zehn Milliarden Euro verringern. (Quellen: Focus, Handelsblatt (ls))

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