Waldschutz
Stiller Tod im Wald: Eschentriebsterben greift um sich – Pilz aus Asien frisst sich in Bäume
Ein asiatischer Pilz vernichtet Bayerns Eschen. Ganze Wälder kippen um. Förster Robert Nörr erklärt, warum das so gefährlich ist – und welche Hoffnung bleibt.
Bad Tölz-Wofratshausen– Die Eschen, eigentlich robuste, schnurgerade wachsende Bäume, kippen einfach reihenweise um? Klingt absurd, ist aber bittere Realität. Seit Jahren frisst sich ein Pilz aus Asien durch Bayerns Wälder. Ganze Bestände sind dem sogenannten Eschentriebsterben bereits zum Opfer gefallen. Warum das so dramatisch ist, welche Bäume vielleicht überleben – und was Waldbesitzer jetzt tun können – darüber spricht Revierförster Robert Nörr von der Bayerischen Forstverwaltung in den Gebieten Wolfratshausen, Egling und Icking im Interview mit unserer Zeitung.
Herr Nörr, Sie warnen vor Eschentriebsterben. Wie dramatisch sind die Ausmaße?
Das Eschentriebsterben, hervorgerufen durch einen Pilz aus Asien, hat sich seit 2008 in riesiger Geschwindigkeit über ganz Bayern, und darüber hinaus, ausgebreitet. Jede Region ist betroffen, jeder Wald. Starben zunächst vor allem junge Eschen ab, sind inzwischen alle Altersstufen betroffen. Vollständig gesunde Eschen gibt es bei uns nur noch wenige. Einige Eschen scheinen sich zu erholen, andere sterben nach einigen Jahren relativ plötzlich ab. Eine Vorhersage des Krankheitsverlaufs ist kaum möglich.
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Bis heute gibt’s keine wirkungsvolle Maßnahme gegen die Krankheit: Gibt es noch Hoffnung für die Esche?
Die größte Hoffnung für die Esche liegt daran, dass einzelne Bäume eine Resistenz gegen das Eschentriebsterben entwickeln. Unsere Forschungseinrichtung, die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, hat Freilandversuche angelegt, um bisher resistente Eschen gezielt zu vermehren und weitere Behandlungsmethoden zu entwickeln.
Was kann man sonst dagegen machen und wie sollten Waldbesitzer bei einem Befall am besten handeln?
Für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer empfehlen wir folgendes Vorgehen: Entlang von Straßen, bebauten Bereichen oder Bahnlinien sollten befallene Eschen schon bei geringeren Symptomen konsequent entnommen werden, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden. Auch bei noch einigermaßen gut belaubten Eschen können die Wurzeln von Schadpilzen befallen und morsch sein. Mitten im Wald hingegen sollten einigermaßen gesund erscheinende Bäume erhalten bleiben, um die Entwicklung von Resistenzen zu fördern.
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Wieso schneidet man die kaputten Bäume nicht einfach raus?
In Wäldern mit viel Eschen empfehlen wir, möglichst viele andere Baumarten aktiv zu fördern, indem einzelne Eschen in direkter Nachbarschaft entnommen werden. Generell gilt: Die Fällung von befallenen Eschen ist extrem gefährlich, da schon bei der geringsten Erschütterung dürre Äste und Kronenteile auf den Boden fallen können oder der ganze Baum aufgrund von Wurzelschäden umstürzt. Eine vollmechanisierte Aufarbeitung mit dem Harvester ist hier dringend zu empfehlen. Wer die Eschen unbedingt selbst umschneiden will, braucht zumindest eine gute Seilwinde. Zum gefahrlosen Anbringen des Seilwindenseils sollte die Königsbronner Anschlagstechnik (
Anm. d. Red.: eine spezielle Fälltechnik unter Verwendung eines Teleskopstangensystems mit Schubhaken
) verwendet werden.
Was bedeutet ein Verlust der Esche ökologisch?
Die Esche ist eine der wenigen Baumarten, die sehr stabil auf feuchten bis nassen Waldböden wurzelt. Rutschgefährdete Hänge stabilisiert die Esche, Uferbereiche von Bächen und Flüssen befestigt sie. Gerade dort ist die Esche eigentlich eine unverzichtbare Baumart. Sie bietet zahlreichen Insekten und Vögeln zudem einen wichtigen Lebensraum. Das Laub ist gut zersetzbar und liefert sehr guten Humus. Auch das sehr zähe und biegsame Eschenholz ist vielfach geschätzt.



