Die Welt, in der sich Superreiche bewegen, war selten so fragil wie heute. Politische Polarisierung, Handelskonflikte und Kriege haben die Finanzelite aus ihrem jahrzehntelangen Komfort gerissen. Das zeigt das aktuelle Family Barometer 2025 von Julius Bär, eine globale Erhebung unter Vermögensverwaltern, Family-Office-Experten und Bankern. Die Ära des passiven Wohlstandserhalts scheint vorbei zu sein.
Julius Bär hat die Analyse in Zusammenarbeit mit PwC erstellt. Das Ergebnis: Die Superreichen haben ihren Kurs geändert. Statt auf Wachstum zu setzen, richten sie ihr Vermögen auf Stabilität aus. „Geopolitische Turbulenzen haben das Verständnis von Risiko neu definiert“, heißt es im Report. Kapital dient also nicht länger der Rendite, sondern dem Schutz vor einer unübersichtlichen Welt.
Superreiche vertrauen ihren Family-Offices
Die zentrale Figur dieser neuen Ordnung ist das Family-Office, quasi eine private Investment- und Strategiezentrale. Laut Julius Bär nutzen 40 Prozent der Familien mit einem Vermögen von mehr als 30 Millionen US-Dollar inzwischen solche Strukturen. Besonders in Asien wächst die Zahl rasant. Singapur gilt mit mehr als 2000 Family-Offices als globales Zentrum. Hongkong folgt dicht dahinter. Europa bleibt im Vergleich zurück – aus kultureller Trägheit, wie es im Report heißt.
Für Privatanleger könnte darin eine Lehre stecken: Wer sein Geld sichern will, braucht Struktur. Die Superreichen behandeln ihr Vermögen wie ein Unternehmen. Es gibt Aufgaben und Zuständigkeiten, die klar definiert sind, und eine laufende Kontrolle. So bleibt ein Teil des Vermögens liquide, ein anderer finanziert laufende Verpflichtungen, ein dritter schafft Wachstum. Das ist ein Prinzip, das Privatanleger auch auf ihr Vermögen übertragen können – dafür braucht es nämlich keine Millionen.
Millionäre kehren der Börse den Rücken
Der Report von Julius Bär geht aber noch tiefer. So analysiert das Barometer auch, wie sich das Vermögen der Millionäre verschiebt. Demnach verabschieden sich die Superreichen mehr und mehr von den Aktienmärkten, die offenbar mittlerweile als zu politisch und kurzatmig gelten. Das Kapital fließt stattdessen verstärkt in Beteiligungen – also in Private Equity, Venture Capital und Infrastruktur. Julius Bär hält fest, dass „Private Direct Investments“ und „Real Assets“ heute zu den tragenden Säulen vieler Portfolios zählen.
Die typischen Portfolios der Superreichen folgen dabei einem Dreiklang: Es gibt eine Basis aus Sachwerten wie Immobilien, eine Schicht langfristiger Beteiligungen in Private Equity und ein flexibel steuerbaren Liquiditätspuffer. Der Anteil privater Investments liegt laut Julius Bär oft bei mehr als einem Drittel des Vermögens. Dieser Mix sorgt laut den Experten für Stabilität und gewährt Kontrolle – und das wiederum dürfte auch für Privatanleger spannend sein.
Denn: Private Märkte öffnen sich inzwischen auch für Kleinanleger. Neobroker, Fintechs und Banken schaffen seit Kurzem einen Zugang für Kunden, die bisher ausgeschlossen waren. Möglich machen das die neuen Fondsstrukturen, sogenannte ELTIFs, die Kapital langfristig in nicht börsennotierte Unternehmen lenken.
Trade Republic etwa arbeitet mit EQT und Apollo Global Management zusammen und bietet Beteiligungen schon ab einem Euro an. Damit rückt eine Anlageklasse näher, die bislang den Superreichen vorbehalten war. Allerdings ist das Kapital in Private Equity für Jahre gebunden – diesen Aspekt sollten Anleger auf keinen Fall aus den Augen verlieren.
Sicherheit ist zu einem integralen Bestandteil der Familienführung geworden.
Angesichts der geopolitischen Unsicherheiten ist außerdem das Sicherheitsgefühl bei den Superreichen in den Fokus gerückt. „Sicherheit ist zu einem integralen Bestandteil der Familienführung geworden“, heißt es im Julius-Bär-Report.
Entsprechend investieren die Familien viel Geld in eine sichere Cyberabwehr, Datenschutz und eine verschlüsselte Kommunikation. Privatanleger, die es bislang mit dem Schutz der eigenen Daten vielleicht nicht so genau genommen haben, können auch davon lernen.
Am Ende geht es den Reichen allerdings nicht nur um Schutz, sondern auch um Sinn. Das Barometer spricht von einer Verschiebung „vom Besitz zur Bedeutung“. Geld soll nicht nur Werte abbilden, sondern Werte schaffen. Viele Familien nutzen daher Stiftungen oder Bildungsprogramme, um Identität zu stiften.
Auch das lässt sich übertragen. Denn: Wer seine Anlageziele mit einer Idee verknüpft – egal, ob mit Nachhaltigkeit, Bildung oder Unabhängigkeit –, trifft laut der Analyse konstantere Entscheidungen und bleibt gelassener. Auch dann, wenn Märkte mal wieder schwanken.
