Teure Tickets: Luftfahrt befürchtet nächsten Kostenschub

Er habe einen persönlichen Rekord am Frankfurter Flughafen aufgestellt, sagt Stefan Naas, der Ko-Fraktionsvorsitzende der FDP im Hessischen Landtag. In acht Minuten habe er es vom Auto im Parkhaus zum Einstieg ins Flugzeug geschafft, „allerdings nur mit Rucksack“, ohne Koffer. Zum Nachahmen ist das nicht empfohlen. Keiner der Zuhörer hätte dabei sein wollen, sagt Naas. Den geglückten Acht-Minuten-Lauf erklärt er mit Investitionen der Flughäfen – nicht nur in Frankfurt – in neue Technik für Check-In und Kontrollen. Soll heißen: Moderne Infrastruktur hat zu weniger Warteschlangen geführt. Andere hätten wenig für die Luftfahrt getan. „Der Flughafen hat seine Hausaufgaben gemacht, die Politik muss sie noch machen“, sagt Naas.

Über einen Rekord und einen Rucksack spricht auch der Fraport-Vorstandschef Stefan Schulte – jedoch über eine verlorene Bestmarke und eine finanzielle Last. „Wir waren lange Weltmeister in der Hub-Konnektivität“, sagt er. In Frankfurt waren mit einem Umstieg von einem Flug auf den nächsten so viele verschiedene Verbindungen möglich wie sonst nirgendwo auf der Welt. „Nun sind wir durchgereicht worden, sind nur noch Nummer drei. Die neue Nummer eins ist Istanbul“, sagt Schulte.

Den Grund sieht er in gestiegenen staatlichen Abgaben, die Fluggesellschaften für Starts in Deutschland zahlen müssen: Luftverkehrssteuer, Luftsicherheitsgebühr für Kontrollen und Flugsicherungsgebühr für Lotsen. „Hier in Deutschland sind die Arbeitskosten höher, da brauchen wir diesen Rucksack nicht noch zusätzlich“, sagt Schulte.

„Von Entlastung nichts zu spüren“

Nach Angaben der Deutschen Lufthansa haben sich die Abgaben seit 2019 verdoppelt. Und der nächste Schub scheint nicht ausgeschlossen. Dabei sind für das einmalige Abheben eines A320-Fliegers in Frankfurt laut Lufthansa insgesamt 4850 Euro fällig, in Rom bloß 2180 Euro, in Madrid 690 Euro. Manche Fluggesellschaft mache einen Bogen um Deutschland, der hiesige Luftverkehr hinke in der Nach-Corona-Erholung dem Rest Europas hinterher. Wie der Branchenverband BDL am Dienstag mitteilte, erreicht die deutsche Luftfahrt 88 Prozent des Vor-Corona-Niveaus, im Rest Europas sind es 113 Prozent. Bei deutschen Inlandsflügen, die nicht die Drehkreuze Frankfurt oder München erreichen, führen Streichungen dazu, dass bloß 17 Prozent des einstigen Angebots bleiben.

Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) hatte Luftfahrtmanager und Politiker zusammengeholt, um zu diskutieren, was dagegen zu tun sei. Schließlich hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kürzlich im Bundestag gesagt: „Wir müssen auch den deutschen Luftverkehr von übermäßigen Belastungen entlasten“, damit er sich im internationalen Wettbewerb bewähren könne. Schon im Koalitionsvertrag notierten Union und SPD, man wolle Abgaben „reduzieren“ und die Luftverkehrsteuererhöhung der Vorgängerregierung „zurücknehmen“. Jens Bischof, Eurowings-Chef und Präsident des Luftfahrtverbands BDL, hat dazu angemerkt: „Von Entlastungen haben wir bislang noch nichts zu spüren bekommen.“

Auf der VhU-Veranstaltung bekräftigt Björn Simon, der verkehrspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, dass der Bund etwas für die Belebung der Luftfahrt tun wolle. Und er sagt: „Es wird wohl nicht reichen, nur die letzte Erhöhung der Luftverkehrsteuer zurückzunehmen.“ Tarek al-Wazir (Grüne), einst in Hessen Verkehrsminister und heute Vorsitzender des Bundestagsverkehrsausschusses, gibt indes zu bedenken, dass – trotz Sondervermögens – beim Bund „Geld nicht im Überfluss vorhanden“ sei.

Gebühren auf Rekordhöhe

Luftfahrtmanager kalkulieren schon damit, dass der Flugbetrieb zeitnah nicht abgabenärmer wird, sondern teurer. Condor-Chef Peter Gerber hat dies auch schon ausgesprochen. Der von ihm geführte Fluggesellschaftenverband BDF verbreitete indes, dass die Luftsicherheitsgebühr für die Kontrollen an diversen Flughäfen angehoben werde. Für die Airports, an denen die Kontrollen in die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums fallen, seien die neuen Sätze nun festgelegt. In Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, Hannover, Bremen, Leipzig, Dresden, Saarbrücken und Erfurt stiegen sich weiter.

Statt der vom Bund versprochenen Reduzierung erfahre man “jetzt zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit“, dass staatliche Kosten weiter steigen würden, sagte dazu BDF-Geschäftsführer Michael Engel. “Das ist eine herbe Enttäuschung und ein weiterer Schlag ins Gesicht des Luftverkehrsstandorts Deutschland.“ Zum zweiten Mail? Weiterer Schlag? Der BDF monierte auch schon, dass es wohl mit den Gebühren für Fluglotsen der staatlichen Deutschen Flugsicherung (DFS) weiter aufwärts geht. „Dies jedenfalls ist das Ergebnis einer Konsultation der Gebühren im Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung vom 25. September 2025“, posaunte der BDF heraus.

Der Grundgebührensatz für die Abflugkontrolle hat aktuell 380,71 Euro erreicht, 2019 lag er bei 124,34 Euro. Über eine Formel, in die auch das Flugzeuggewicht einfließt, lässt sich errechnen, dass für einen Start eines A320 für Lotsendienste 498,73 Euro fällig werden, für größere Flugzeuge ist es mehr. In Frankfurt gibt es fast 600 Starts am Tag, mehr als 200.000 im Jahr. Die drohen nun abermals teurer zu werden.

Der Grundgebührensatz könnte auf 401,41 Euro steigen, ein Rekord, in Rom oder Paris sei es etwa halb so viel. Die Ursache sei, dass Airlines coronabedingte Umsatzausfälle der DFS von über 1,1 Milliarden Euro bis 2029 ersetzen müssten. Andere Staaten hatte solche Corona-Defizite selbst ausgeglichen.

Auch Drohnen sind ein Sorgenthema

Flughäfen sorgen sich indes um die Abwehr von Störungen durch Drohnen, die schon mehrfach den Flugbetrieb zum Erliegen brachten. Es geht weniger um die Technik, als ums Geld. Aus Sicht der Airports ist der Schutz vor Drohnen eine „hoheitliche Aufgabe“, der Staat müsse sie finanzieren. „Flughäfen sind sicherheitsrelevant und zum Teil als kritische Infrastrukturen eingestuft. Das darf nicht allein zu zusätzlichen Pflichten für die Betreiber führen“, hat ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel schon der F.A.Z. gesagt.

Aufgeschreckt berichten Branchenfachleute aber von Berliner Diskussionen, ob hoheitliche Drohnenaufgaben per Beleihung an Unternehmen delegiert werden könnten. Große Drohnentests in der Corona-Zeit hätten ergeben, dass ein Schutz samt Früherkennung in der Einflugschneise bis zu 50 Millionen Euro kosten könne – je Start- und Landebahn, sagt ein Branchenkenner. Es dürfte nicht in jedem Fall so arg kommen, günstig ist die Technik aber nicht.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat konkretisiert, was ihm vorschwebt. Man wolle Drohnen vor allem mit elektronischen Störsignalen begegnen, sagte er zu Wochenbeginn in München. Es gehe um „smarte Abwehrtechniken“ und weniger um das Abschießen. Das bedeute auch ein „Wettrüsten“ in der Frage, „wer hat die schnellere, die bessere Technik, diejenigen, die uns attackieren wollen, oder wir, die wir diese Attacken abwehren wollen“. Den Aufbau eines Drohnenabwehrzentrums und einer eigenen Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei hatte Dobrindt zuvor angekündigt.

Für Flughäfen kämen Zusatzkosten zur Unzeit. Noch nicht endgültig erledigt ist auch das Thema Flughafenzäune. Die hatten Klimaaktivisten durchbrochen, neue Sicherheitszäune könnten Airports und über deren Entgelte auch Fluggesellschaften belasten.

Condor-Chef Gerber mahnt schon, dass gerade Urlauber vom Fliegen Abstand nehmen könnten. Über den vergangenen Sommer sagt er: „Wir haben erstmals gesehen, dass Menschen nicht mehr zwei Wochen Urlaub im Hochsommer buchen, sondern eine Woche im Herbst, weil sie sich das noch leisten können.“

Related Post

Leave a Comment