Neue Daten
Trend-Medikament begünstigt Haarausfall
Medikamente wie Ozempic helfen vielen Menschen beim Kampf gegen Übergewicht. Doch wer sie nutzt, verliert womöglich nicht nur Kilos, sondern auch Haare.
Die Zahl der Menschen mit starkem Übergewicht (Adipositas) steigt rasant. Weltweit sind mehr als eine Milliarde Menschen davon betroffen. Daher ist es wenig verwunderlich, dass Medikamente gegen Übergewicht, umgangssprachlich auch Abnehmspritzen genannt, enormen Anklang finden.
Allerdings können die Medikamente auch Nebenwirkungen haben. So können die sogenannten GLP-1-Rezeptor-Agonisten, die den Appetit zügeln und beim Abnehmen helfen sollen, auch das Risiko für Haarausfall deutlich erhöhen. Das zeigt eine neue Untersuchung aus den USA, die kürzlich auf dem diesjährigen Kongress der Europäischen Akademie für Dermatologie vorgestellt wurde.
Zwei Arten von Haarausfall besonders betroffen
Die Analyse umfasst Daten von über einer halben Million Patienten, die zwischen 2014 und 2024 mindestens zwei Rezepte für sogenannte GLP-1-Rezeptor-Agonisten erhalten hatten. Dazu gehören unter anderem die bekannten Wirkstoffe Semaglutid (Wegovy, Ozempic), Liraglutid (Saxenda), Dulaglutid (Trulicity) und Tirzepatid (Zepbound, Mounjaro).
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Die Forscher verglichen das Risiko von verschiedenen Arten des Haarausfalls bei GLP-1-Nutzern und Menschen, die diese Medikamente nicht einnahmen. Das Ergebnis:
- Nach 6 Monaten: GLP-1-Nutzer haben ein um 26 Prozent höheres Risiko für sogenannten nicht vernarbenden Haarausfall, also Haarausfall, bei dem die Haarzellen nicht unwiederbringlich geschädigt sind, sondern sich in einer Ruhephase befinden. Bei der androgenetischen Alopezie (etwa der klassischen Glatzenbildung beim Mann) lag das Risiko 62 Prozent höher und bei diffusem Haarausfall (Telogeneffluvium) um 30 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe.
- Nach zwölf Monaten: GLP-1-Nutzer haben ein um 76 Prozent höheres Risiko für diffusen Haarausfall. Zudem stieg das Risiko für eine androgenetische Alopezie um 64 Prozent und für nicht vernarbenden Haarausfall allgemein um 40 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Gut zu wissen
Die androgenetische Alopezie ist die häufigste Form des Haarausfalls und ist erblich bedingt. Etwa bei 50 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen kommt diese Art des Haarausfalls vor. Mit dem Alter sind immer mehr Menschen betroffen. Im Gegensatz zur androgenetischen Alopezie des Mannes gilt der Haarausfall bei Frauen als pathologisch und bedarf einer ärztlichen Untersuchung.
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Studienautor Yagiz Matthew Akiska von der George Washington University erklärt: “Haarausfall ist eine häufige Nebenwirkung von GLP-1-Rezeptor-Agonisten.” Für viele Patienten sei das wichtig zu wissen, da sie versuchen, Gewicht zu verlieren, auf ihr Aussehen achten und ihren Diabetes kontrollieren wollen. Wenn dann auch noch Haarausfall dazukommt, könne das diese Menschen sehr belasten.
“Wir sollten über proaktivere Strategien zur Risikominimierung nachdenken und Patienten, die diese Medikamente zur Gewichtsreduktion oder gegen Diabetes einnehmen möchten, entsprechend beraten”, fügt er hinzu.
Warum kommt es zum Haarverlust?
Der Mediziner Michael Buontempo vom Dartmouth-Hitchcock Medical Center in den USA erklärt der “Medscape Medical News”, dass wahrscheinlich nicht allein das Medikament für den Haarausfall verantwortlich sei. Vielmehr spiele der schnelle Gewichtsverlust eine zentrale Rolle. Dieser wirke als Stressfaktor und bringe die Haarwurzeln aus dem Gleichgewicht. Viele Haarfollikel schalten dann vorzeitig in die Ruhephase und fallen aus. Der diffuse Haarausfall “entlarvt” dann die erblich bedingte androgenetischen Alopezie, die vorher einfach noch nicht sichtbar war.
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Was hilft gegen den Haarverlust?
Das Gute: Diese Art von Haarausfall sei laut Buontempo in den meisten Fällen umkehrbar – das heißt, die Haare wachsen nach einigen Monaten wieder nach, sobald sich das Körpergewicht stabilisiert hat. Wichtig sei, sich mit einem Arzt auszutauschen und die Therapie nicht vorschnell abzubrechen.
Er rät zudem dazu, den Gewichtsverlust bewusst zu verlangsamen, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten und mögliche Mangelzustände zu prüfen. Denn auch Eisenmangel, zu wenig Eiweiß oder ein Vitamin-D-Defizit können Haarausfall begünstigen. Bei fortbestehenden Beschwerden können zudem Mittel wie Minoxidil (etwa als Lösung zum Auftragen) helfen, das Haarwachstum anzuregen, so Buontempo.
Verwendete Quellen:
- medscape.com: “Telogen Effluvium and Androgenic Alopecia Rates High Among GLP-1 Receptor Agonist Users“. (Stand: September 2025; Englisch)
- msdmanuals.com: “Alopezie“. (Stand: Mai 2025)
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