Verkauf der Beute: Juwelenraub im Louvre – zu berühmt für den Schwarzmarkt

Die Schmuckstücke aus dem Raub im Louvre sind von unschätzbarem Wert. Auf dem Schwarzmarkt können sie kaum verkauft werden. Es gibt nun also zwei Möglichkeiten für die Diebe.

Der spektakuläre Juwelenraub im Pariser Louvre dürfte den Tätern kaum schnellen Profit bringen. Experten halten einen Verkauf der Beute — darunter eine mit Diamanten besetzte Korsagenbrosche in Schleifenform, die einst Kaiserin Eugénie gehörte — auf dem Schwarzmarkt für nahezu unmöglich.

Die französischen Behörden sprechen von unbezahlbarem Wert. Als die Brosche zuletzt verkauft wurde, erzielte sie rund 6,72 Millionen Euro. Vier Tage nach dem Diebstahl lässt sich ihr aktueller Preis kaum beziffern. 

Sollte der Raub nicht im Auftrag erfolgt sein, gelten die Stücke aus Sicht des Kunstmarkts als „verbrannt“ — zu bekannt, um sie zu verkaufen oder öffentlich zu zeigen. Auf dem Schwarzmarkt wären indes nur große Abschläge möglich. Ein Einzelverkauf der Juwelen wäre zwar diskreter, aber ebenfalls riskant und kompliziert.

Die gestohlenen Schmuckstücke — Diamanten, Smaragde, Saphire und Gold — könnten zerlegt, neu geschliffen oder eingeschmolzen werden. Offiziell wird der Wert der acht Stücke auf 88 Millionen Euro geschätzt, doch laut der Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau ließe sich dieser beim Verkauf der rund 9.000 Edelsteine einzeln nicht erzielen.

Edelsteine dürften größten Teil des Wertes ausmachen

Normalerweise ist es die Präzision des Coups, die fasziniert, doch die nächste Etappe – das Absetzen der hochkarätigen Beute – ist nicht minder riskant.

„Oft merken die Diebe, dass das Risiko zu groß ist“, sagte Charlotte Chambers-Farah vom Art Loss Register in London. „Wenn sie die Ware nicht innerhalb von sechs bis zwölf Monaten absetzen können, wird die Last zu groß.“

Die Edelsteine dürften den größten Teil des Wertes ausmachen, sind aber durch Größe und Gewicht eindeutig identifizierbar. Um dies zu umgehen, könnten sie laut Chambers-Farah zerlegt, neu geschliffen und wieder zusammengesetzt werden, sodass sie nahezu unkenntlich sind.

Tobias Kormind, Geschäftsführer des Juweliers 77 Diamonds, schätzt den Wert der gestohlenen Steine auf etwa 10 Millionen Pfund (11,5 Millionen Euro). Ein Großteil entfalle auf vier große Diamanten, die in einer der entwendeten Broschen gefasst waren.

Polizei steht in der Kritik

„Vielleicht zahlt jemand jetzt ein Zehntel des Marktwerts, lagert sie ein und beginnt in einigen Jahren, die Steine nach und nach umzuschleifen“, sagte er. „Wenn jemand später einen Stein neu schleifen lassen will, ist das nicht ungewöhnlich — und über mehrere Zwischenstationen landet er irgendwann bei einem seriöseren Händler.“

Eingeschmolzenes Gold lässt sich kaum zurückverfolgen, und der Goldpreis ist in diesem Jahr um fast 60 Prozent gestiegen. Anders als die massive Goldtoilette, die 2019 aus dem Blenheim Palace gestohlen wurde, enthält der Louvre-Schmuck jedoch zu wenig Metall, um den Raub allein dadurch lohnend zu machen.

Politiker, Polizei und das Sicherheitspersonal des Louvre stehen wegen des Diebstahls in der Kritik. Die unzureichende Überwachung im Außenbereich — sie erlaubte es den Tätern, mit einem Möbellift unbemerkt vorzufahren — könnte das Museum zu einem leichteren Ziel gemacht haben als die stark gesicherten Juweliergeschäfte an der Place Vendôme.

„In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Ziel von Kunstdieben verändert — sie interessieren sich heute weniger für Gemälde, sondern zunehmend für Edelmetalle und Diamanten“, sagte der niederländische Kunstdetektiv Arthur Brand. Die meisten könnten beim Wiederverkauf höchstens ein Drittel des Wertes erzielen, doch der Markt für derart bekannte Juwelen sei schwer einzuschätzen.

Hohe Preise für Schmuckstücke bezahlt

Der Verkauf der Beute in Einzelteilen würde zwar den materiellen Wert freisetzen, gleichzeitig aber den historischen zerstören. Die französische Polizei versucht, die Stücke zu finden, bevor dies geschieht.

Erst vergangenen Monat wurde ein 3.000 Jahre altes Goldarmband aus dem Ägyptischen Museum in Kairo nach Angaben des Innenministeriums eingeschmolzen.

Obwohl der französische Justizminister Gérald Darmanin die gestohlenen Stücke als “unbezahlbar” bezeichnete, trugen viele von ihnen einst Preisschilder.

Die große Korsagenbrosche der Kaiserin Eugénie, die am Sonntag entwendet wurde, war 2008 mit Unterstützung der Spendervereinigung Friends of the Louvre für 6,72 Millionen Euro erworben worden. Sie sollte ursprünglich bei Christie’s in New York versteigert werden, bevor das Museum sie privat kaufte. Bereits 1887 war das Schmuckstück aus den französischen Kronjuwelen entfernt und für 42.200 Francs (damals umgerechnet rund 85.000 Euro) an einen Juwelier verkauft worden.

Wahrscheinlich auf Bestellung gestohlen

Eine Smaragdkette mit passenden Ohrringen, die Kaiserin Marie-Louise gehört hatten, kaufte der Louvre 2004 von Baron Élie de Rothschild. Laut Museumsunterlagen, die keinen Preis nennen, stammte das Set ursprünglich von Van Cleef & Arpels und befand sich im Besitz der verstorbenen Ehefrau des Barons.

Eine Tiara der Kaiserin Eugénie war 1992 bei Sotheby’s in Genf für mehr als eine Million Dollar verkauft und anschließend von der Spendervereinigung an den Louvre gestiftet worden, wie aus Unterlagen des Museums und des Auktionshauses hervorgeht.

Zur Beute gehörten zudem eine weitere Tiara, eine Saphirkette und passende Ohrringe aus den Sammlungen der Königinnen Marie-Amélie und Hortense, die das Museum laut Museumsunterlagen bereits 1985 erworben hatte. Das älteste Stück, eine Reliquienbrosche, kam bereits 1887 in die Sammlung.

Nach Angaben des Antwerpener Diamantenexperten Rob van Beurden, der seit 45 Jahren in der Branche tätig ist, ist das Neuschleifen der Edelsteine zwar möglich. Doch wahrscheinlicher sei, dass sie auf Bestellung gestohlen wurden.

Diamanten landen wohl immer in Antwerpen

„Man sagt, wo immer ein Diamant gestohlen wird — ob in Paris, Prag oder Madrid — stehen die Chancen gut, dass er am Ende in Antwerpen landet“, sagte van Beurden. „Aber ich glaube nicht, dass sich jemand an so heißer Ware die Finger verbrennen möchte.“

„Wenn die Stücke nicht im Auftrag entwendet wurden, werden sie höchstwahrscheinlich irgendwo in Antwerpen auftauchen um — Gott bewahre — zum Materialwert verkauft zu werden“, fügte er hinzu. „Sollten sie tatsächlich nur wegen des Materials, wegen des Schmelzwerts oder wegen der Diamanten verkauft werden, dann ist das sehr wenig Geld.“

Es gibt Zweifel an der Professionalität der Bande. Während sie Halsketten und andere Schmuckstücke mitnahmen, ließen die Täter den 140-karätigen „Régent“-Diamanten unberührt und eine Krone mit mehr als 1.000 Diamanten auf dem Fluchtweg zurück.

Es kommt immer wieder vor, dass gestohlene Kunstwerke später an öffentlichen Orten auftauchen oder nach Jahrzehnten wiedergefunden werden — wie 2018 in Schweden, als zwei Kronen und ein Reichsapfel der Monarchie auf einem Mülleimer entdeckt wurden. Auch eine Sammlung antiker Schnupftabakdosen, die aus einem Herrenhaus im englischen Leeds gestohlen worden war, tauchte 40 Jahre später intakt wieder auf.

Mitunter dienen gestohlene Stücke als Druckmittel, um für inhaftierte Komplizen eine mildere Strafe zu erreichen. Die Diebe wüssten, dass sie die Beute nicht verkaufen können, versuchten aber dennoch, daraus einen Vorteil zu ziehen, erklärte Julian Radcliffe, Gründer des Art Loss Register.

Präsident Emmanuel Macron sagte, er hoffe, dass die Kronjuwelen unversehrt zurückkehren. „Wir werden die Kunstwerke wiederbeschaffen und die Täter vor Gericht stellen“, schrieb er Anfang der Woche auf X.

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