Verteidigung: Griechenland bestellt neue Waffen – vor allem in drei Ländern

Die Regierung in Athen startet ein auf zehn Jahre angelegtes Programm, um die Verteidigungsfähigkeit ihrer Streitkräfte zu stärken. Davon profitieren Rüstungsunternehmen einiger weniger Länder.

Tarnkappenjets, Drohnen, Fregatten, U-Boote: Bis 2035 will Griechenland 25 Milliarden Euro in neue Waffensysteme investieren. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis spricht von der „einschneidendsten Umgestaltung der Streitkräfte in der modernen Geschichte des Landes“. Deutsche Rüstungskonzerne, die früher als wichtige Lieferanten der griechischen Streitkräfte galten, haben es inzwischen schwer – auch aus politischen Gründen.

Das auf zehn Jahre angelegte Programm ist eine Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa und den Nato-Beschluss vom Juni, wonach die Mitgliedstaaten bis 2035 jährlich fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verteidigung investieren sollen. „Wir haben es jetzt mit einem anderen Krieg zu tun als bisher – zumindest mit einem, auf den unsere Streitkräfte nicht ausreichend vorbereitet waren“, sagte Mitsotakis kürzlich im Parlament.

Verteidigungsminister Nikos Dendias kündigte an, das Militär „smarter und schlagkräftiger“ aufzustellen – auch mit Blick auf die anhaltenden Spannungen mit der Türkei, die ebenfalls massiv aufrüstet. Mitsotakis erklärte, er wolle „nicht in ein Wettrüsten mit der Türkei eintreten“. Griechenland brauche aber eine „starke Abschreckung, um stabil und unabhängig zu bleiben – in einer Welt, die sich mit unvorhersehbarer Geschwindigkeit verändert“.

Außergewöhnlich hohe Ausgaben

Im diesjährigen Haushalt sind 1,7 Milliarden Euro für Rüstungsausgaben vorgesehen, 2026 sollen es 2,3 Milliarden sein. Griechenland will dabei von der EU-Ausnahmeregelung (NEC) Gebrauch machen, die es erlaubt, von den Haushaltsregeln abzuweichen, um Verteidigungsausgaben zu erhöhen.

Deutschlands Türkei-Kurs weckt Misstrauen

Griechenland gehört traditionell zu den Nato-Staaten mit den höchsten Militärausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Nach Angaben der Allianz werden sie 2025 rund 2,8 Prozent des BIP betragen – nicht zuletzt wegen der jahrzehntelangen Rivalität mit der Türkei. Im Streit um Hoheitsrechte und Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer gerieten beide Länder seit den 1980er-Jahren mehrmals an den Rand einer militärischen Konfrontation.

Mit Sorge beobachtet Athen daher die jüngste Annäherung Berlins an Ankara. Im Juli gab die Bundesregierung nach zweijähriger Blockade grünes Licht für die Lieferung von 40 Eurofighter-Kampfjets an die Türkei. Außenminister Johann Wadephul kündigte am vergangenen Freitag bei einem Besuch in Ankara eine „Zusammenarbeit mit der Türkei in allen Bereichen“ an. Aus deutscher Sicht gebe es „keine Restriktionen“, sagte er.

Neuen Konfliktstoff zwischen Berlin und Athen liefert zudem die von Deutschland angestrebte Beteiligung der Türkei am EU-Rüstungsprogramm SAFE. Mitsotakis will diese im EU-Rat mit einem Veto verhindern, solange türkische Kriegsdrohungen gegen Griechenland im Raum stehen.

Die Beziehungen zwischen Berlin und Athen sind seit Jahren belastet – nicht nur wegen der deutschen Türkei-Politik, sondern auch aufgrund der Rolle Deutschlands in der griechischen Schuldenkrise der 2010er-Jahre. Viele Griechen sahen damals in den Auflagen der Geldgeber ein „deutsches Spardiktat“. Noch heute haben nur 31 Prozent der Griechen ein positives Deutschlandbild.

Rüstungskonzerne aus Frankreich, Israel und den USA gut im Geschäft

Ganz anders ist das Verhältnis zu den Franzosen: 70 Prozent der Griechen halten Frankreich für einen „freundlich gesinnten“ Staat. Diese Wahrnehmung spiegelt sich auch in der Rüstungspolitik wider. Beide Länder schlossen 2021 ein Verteidigungsabkommen, das gegenseitige militärische Unterstützung im Angriffsfall vorsieht. Die französische Industrie profitiert davon: Griechenland bestellte 24 Rafale-Kampfjets bei Dassault, von denen bereits 18 geliefert wurden. Die Marine orderte drei Fregatten des Typs Belharra bei der Naval Group; jüngst kam eine vierte hinzu, finanziert über Kredite aus dem SAFE-Programm. Außerdem vereinbarten beide Verteidigungsminister im April die Lieferung von 16 Exocet-Schiffsabwehrraketen.

Auch Israel wird zu einem wichtigen Partner. Das griechische Rüstungsprogramm sieht den Aufbau einer integrierten Luft-, Drohnen- und Raketenabwehr vor. Dieser Verteidigungs-Dom, genannt „Schild des Achilles“, soll auf israelischer Technologie basieren. Seit 2022 betreibt Griechenland gemeinsam mit der israelischen Rüstungsfirma Elbit Systems eine militärische Flugschule in Kalamata; 2023 folgte ein umfassendes Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit. Die Kooperation wurde zuletzt durch den Einstieg der israelischen SK Group beim griechischen Militärfahrzeughersteller Elvo weiter vertieft.

Die USA spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Griechenland bestellte 20 F-35-Tarnkappenjets, möglicherweise folgen bis zu zwölf weitere. Zudem verhandelt Athen über den Erwerb von 60 Apache-Hubschraubern aus US-Beständen sowie über eine Koproduktion von Fregatten der neuen Constellation-Klasse auf griechischen Werften.

Deutsche Unternehmen hingegen sind bisher kaum vertreten. Zwar dürfte Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) bei der Modernisierung von vier MEKO-Fregatten zum Zuge kommen, doch weitere Großaufträge sind ungewiss. Bei der geplanten Beschaffung neuer U-Boote konkurriert TKMS mit der französischen Naval Group, Saab aus Schweden und Hanwha Ocean aus Südkorea. Mitentscheidend für die Auftragsvergabe dürfte sein, welcher Hersteller den größten Anteil der Produktion an griechische Werften vergibt.

Mehr: Möglicher Großauftrag für TKMS: Pistorius will Kanada für deutsche U-Boote gewinnen

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