Geld für Sex geboten
Vom Chef sexuell belästigt: Amtsgericht Kaufbeuren verurteilt Supermarktleiter
Wegen sexueller Belästigung eines Schutzbefohlenen musste sich kürzlich der Ex-Leiter eines Supermarktes vor dem Kaufbeurer Amtsgericht verantworten.
Kaufbeuren – Der über vierzigjährige, ledige Kaufmann hat einen minderjährigen Auszubildenden mindestens zweimal unangemessen berührt.
Sexuelle Belästigung in Kaufbeuren: Ex-Marktleiter verurteilt
Dass diese Berührungen mehr oder weniger „versehentlich“ beziehungsweise „nicht sexuell motiviert“ waren, wie der Angeklagte argumentierte, erschien für das Gericht von Anfang an ausgeschlossen. Denn nicht nur das Anfassen, sondern auch der zudringliche und mit erotischen Anspielungen gespickte Ton, den der Vorgesetzte seinem Schützling gegenüber wohl regelmäßig angeschlagen hat, überschritt laut Richterin „bei weitem jede Grenze“.
Dabei wäre es ursprünglich gar nicht zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung gekommen – nur weil der Beschuldigte gegen einen entsprechenden Strafbefehl über 120 Tagessätze je 40 Euro Einspruch eingelegt hatte, mussten er und sein Anwalt, aber auch der Geschädigte und Zeugen vor dem Richterpult erscheinen. Einen Gefallen hat der ehemalige Marktleiter damit allerdings weder sich noch dem traumatisierten Jugendlichen getan.
Azubi sexuell belästigt – Supermarkt-Leiter vor Gericht in Kaufbeuren
Er wolle in der Verhandlung seine „Sicht der Dinge schildern, um zu einer anderen rechtlichen Bewertung der vorliegenden Fakten zu kommen“, erklärte der Angeklagte zu Beginn der Verhandlung. Aufnahmen aus der Kameraüberwachung im Geschäft wurden gezeigt. Zu sehen war der ehemalige Marktleiter, wie er Getränke einräumte und plötzlich dem zur Zuarbeit nah hinter ihm stehenden jungen Mitarbeiter eine Dose praktisch „in den Schritt steckte“.
Gefolgt wurde dies von einer Abwehrbewegung des Jugendlichen. Der zweite Anklagepunkt betraf einen Vorfall, bei dem der erwachsene Mann ihm an die Brust gefühlt und gesagt habe, er „sei ja richtig muskulös geworden“. „Ich kann mich an die einzelnen Situationen nicht erinnern und deshalb weder bestätigen noch bestreiten“, lautete dazu der Kommentar des Beschuldigten. Er erklärte die Vorfälle als „Versehen“ im Kontext einer „lockeren Arbeitsatmosphäre“.
Er sei seinem Azubi, der wegen einer Lernschwäche „erhöhte Aufmerksamkeit gebraucht“ habe, insgesamt „bewusst eher wie ein Kumpel, nicht von oben herab als Vorgesetzter“ entgegengetreten. Man habe sich gut verstanden. Der Verteidiger fügte hinzu, er könne auf den Videos „objektiv keine strafbare Handlung erkennen“.
Sexuelle Belästigung in Kaufbeuren: Belastende Zeugenaussagen
Um dem Gedächtnis des Angeklagten auf die Sprünge zu helfen, verlas die Richterin schließlich einige Punkte aus den Ermittlungsergebnissen und den Berichten von Zeugen und dem Geschädigten. Damit vervollständigte sie ein Gesamtbild, welches der Einspruchsführer wohl lieber nicht der Betrachtung preisgegeben hätte. So hatte dieser offensichtlich gegenüber dem damals Sechzehnjährigen wohl schon recht bald schlüpfrige Kommentare über die Größe seines Geschlechtsteils gemacht, hier wurde auch ein Freund des jungen Mannes Zeuge.
Schon wenige Wochen nach Beginn der zweijährigen Lehrzeit habe es darum laut Mutter des Nebenklägers auch ein Telefonat gegeben, in dem sie den Chef ihres Sohnes um ein professionelleres Verhalten bat. Trotzdem kam es wohl bald wieder zu Vorfällen. Der Gang auf die Toilette – „nur wenn ich mitkommen darf“, habe nicht nur einmal die Antwort des Vorgesetzten gelautet. Um eine Zigarettenpause machen zu dürfen, sollte der Azubi seine Unterhose zeigen. Einmal soll der Chef ihm im Lagerraum sogar Geld für Sex angeboten haben.
Übergriffe im Supermarkt – Geldstrafe für ehemaligen Filialleiter
„Ich habe nur versucht, diesen Situationen aus dem Weg zu gehen. Ich wollte nicht arbeitslos werden. Aber die parallele Suche nach einer anderen Lehrstelle hat nichts ergeben“, erinnerte sich der Nebenkläger im Zeugenstand. Auch hier „nur lockerer Spaß“ und fehlende Erinnerung? „Das ist absolut unglaubwürdig“, kommentierte der Staatsanwalt die Einlassungen des Angeklagten: „Man weiß doch, ob man jemandem schon mal Geld für Sex geboten hat!“
Bei ihrem Urteil folgte die Richterin dem beantragten Strafmaß der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu 15 Tagessätzen à 50 Euro.
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