Vorwürfe erschüttern Österreich: SOS-Kinderdorf-Gründer soll Kinder missbraucht haben

„Super-Gau“

Vorwürfe erschüttern Österreich: SOS-Kinderdorf-Gründer soll Kinder missbraucht haben

Die Hilfsorganisation SOS-Kinderdorf schreibt es sich auf die Fahne, Kindern zu helfen. Seit Wochen stehen erhebliche Vorwürfe in Österreich im Raum. Sie betreffen auch den Gründer.

München – Gegen SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner liegen Erkenntnissen der Kinderhilfsorganisation zufolge glaubhafte Missbrauchsvorwürfe vor. Das sagte eine Sprecherin von SOS-Kinderdorf Österreich der Deutschen Presse-Agentur. Demnach soll Gmeiner (1919-1986) mutmaßlich sexuelle und physische Übergriffe verübt haben.

Die Vorwürfe gegen Gmeiner betreffen acht ehemalige Kinder und Jugendliche an vier Kinderdorf-Standorten in Österreich, wie aus einer Stellungnahme der Organisation hervorgeht. Die Betroffenen hätten bereits in den vergangenen Jahren Opferschutzverfahren durchlaufen und Entschädigungszahlungen erhalten, hieß es. Die Entschädigungen belaufen sich der österreichischen Agentur APA zufolge auf jeweils 25.000 Euro.

„Legen alles auf den Tisch“: Missbrauchsvorwürfe gegen SOS-Kinderdorf-Gründer Gmeiner

Laut Mitteilung sagte Annemarie Schlack (seit 2024 Geschäftsführerin, SOS-Kinderdorf Österreich): „In den vergangenen Wochen haben sich bei uns Betroffene gemeldet, wir haben aktiv recherchiert, die historischen Fälle identifiziert, benennen die Fakten und legen alles auf den Tisch. Aufarbeitung gilt für alle – unabhängig von Rolle, Funktion, Verdiensten, Zeitraum, Einfluss oder Symbolkraft. Niemand steht über dem Prinzip der Verantwortung, auch nicht Gründerfiguren.“

Die Geschichte des SOS Kinderdorfs

Im Jahr 1949 gründete Gmeiner die Hilfsorganisation Societas Socialis. Später wurde sie in SOS-Kinderdorf umbenannt. 1951 wurde das erste SOS-Kinderdorf für verwaiste und verlassene Kinder im österreichischen Imst (Tirol) eröffnet. Von Österreich aus breitete sich die Organisation in die ganze Welt aus. Die Organisation hat Zentren und Programme in mehr als 130 Ländern.

Es lasse sich nicht ausschließen, dass es noch weitere Opfer Gmeiners gebe, so Schlack zur APA. In Österreich galt Gmeiner bislang als „Pionier der Menschlichkeit“. Zahlreiche Schulen, Straßen und Parks wurden dort nach ihm benannt. Auf der Website der Organisation heißt es zu Gmeiners inzwischen: „Das Bild Hermann Gmeiners wird in der aktuellen Aufarbeitung kritisch neu eingeordnet. SOS-Kinderdorf stellt sich bewusst gegen eine idealisierte Gründungserzählung. Maßstab ist der Kinderschutz – nicht die Legende.“

Ausgehend von einem Bericht der Wiener Wochenzeitung Falter waren in den vergangenen Wochen eine Reihe von mutmaßlichen Übergriffen von Kinderdorf-Mitarbeitern aus der jüngeren Vergangenheit publik geworden. Die Organisation kündigte daraufhin einen „Neustart“ an. Eine externe Kommission wurde eingerichtet, um Missstände und strukturelle Probleme aufzuarbeiten.

„Dringlichkeit, sich das anzusehen“: Externe Kommission aufgrund von Anschuldigungen im Einsatz

Die Anschuldigungen gegen Mitarbeiter seien ein „Super-Gau“, sagte die Kommissionsvorsitzende Irmgard Griss der dpa. Die zusätzlichen Vorwürfe gegen Gmeiner würden die Arbeit des Gremiums nicht einfacher machen. „Es zeigt, die Dringlichkeit, sich das anzusehen“, so die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes in Österreich. Es gehe darum, das Vertrauen in die Organisation wieder herzustellen und weitere Vorfälle zu verhindern.

In den USA machten indes im September Missbrauchsvorwürfe gegen Errol Musk, Elon Musks Vater, Schlagzeilen. In München gestand ein 28-Jähriger am Landgericht insgesamt 46 Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs. (Quellen: dpa, AFP, Pressemitteilung und Website SOS-Kinderdorf) (mbr)

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