Lieferengpässe
VW in Not: Ohne Nexperia-Chips funktioniert im Auto nicht einmal der Fensterheber
Die Nexperia-Chip-Krise weitet sich aus. Die Zeit drängt, während Politiker europäische Alternativen fordern. Bei VW zeichnet sich unterdessen eine Lösung ab.
Berlin – Die Krise um den Chip-Zulieferer Nexperia nimmt an Schärfe zu. Laut Handelsblatt sind nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch andere Branchen betroffen. Die europäische Rüstungs- und Luftfahrtindustrie sowie die Medizintechnik und der Maschinenbau verwenden dem Bericht zufolge ebenfalls Nexperia-Chips aus China. Zuvor hatte die Bild-Zeitung berichtet, dass bei VW ein Produktionsstopp droht. Unternehmen und Verbände trafen sich daher mit Vertretern der Bundesregierung zu einem Krisengespräch.
Nexperia-Chips: VW bereitet Alternative vor
Volkswagen zeigte sich inzwischen zuversichtlich, den Produktionsstopp abzuwenden. „Nach jetzigem Stand läuft die Produktion nächste Woche normal“, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe einen alternativen Lieferanten, der den Lieferausfall ausgleichen könne, meldete das Handelsblatt. Um welches Unternehmen es sich dabei handelt, wurde zunächst nicht bekannt.

Der Hintergrund ist ein Exportstopp der Nexperia-Chips durch die chinesische Regierung. Die niederländische Regierung hat aus Sicherheitsgründen die Kontrolle über Nexperia übernommen und den Chef des Unternehmens abgesetzt, wie das Online-Portal Automobil Industrie berichtete. Der chinesische Konzern Wingtech hatte Nexperia 2018 für 3,63 Milliarden Dollar von Philips erworben, so Reuters. Die USA setzten Wingtech Ende 2024 wegen angeblicher Sicherheitsbedenken auf eine schwarze Liste. Nexperia gilt als der weltweit größte Anbieter einfacher Halbleiter wie Dioden und Transistoren.
Verbände warnen vor Lieferengpass bei Nexperia-Chips
Industrieverbände in Deutschland warnten vor einem Lieferengpass. „Der Maschinen- und Anlagenbau ist von der sich abzeichnenden Chip-Knappheit analog zur Automobilindustrie definitiv betroffen, soweit es um Verbrennungsmotoren geht“, äußerte Thilo Brückner, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Electronics, Solar and Battery Production, gegenüber dem Handelsblatt. Neben dem VDMA haben auch die Automobilindustrie und der Verband der Elektro- und Digitalindustrie vor Produktionsproblemen gewarnt.
Im Bundeswirtschaftsministerium wurden unterdessen intensive Gespräche über den Engpass bei Nexperia-Chips geführt. „Wir nehmen die Situation der betroffenen Unternehmen sehr ernst und sind zum Sachverhalt mit den Unternehmen sowie den niederländischen und europäischen Partnern in verschiedenen Formaten im Gespräch“, erklärte das Ministerium laut Reuters.
Politiker fordern Aufbau eigener europäischer Chips-Kapazitäten
Politiker fordern derweil den Aufbau europäischer Kapazitäten für Nexperia-Chips. Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) betonte im Gespräch mit dem Handelsblatt die Notwendigkeit, „dass wir in Europa eigene Kapazitäten bei der Produktion von Schlüsselkomponenten wie Halbleitern, Batteriezellen und grünen Materialien aufbauen und strategisch absichern“. Laut FAZ befinden sich bis zu 500 Nexperia-Bauteile in einem einzigen Auto, und ohne sie funktionieren weder Blinker noch Fensterheber.
Krise um Nexperia-Chips offenbart Abhängigkeit von China
Die Abhängigkeit von Waren aus China wird durch den Engpass bei Nexperia-Chips deutlich. Diese Krise ist nicht der einzige Fall von Abhängigkeiten der deutschen Industrie von chinesischen Waren und Lieferungen. China dominiert auch den Markt für seltene Erden und hat dort ebenfalls den Export eingeschränkt.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) pocht auf eine Verhandlungslösung. „Wir sind darum bemüht, eine gemeinsame Lösung zu finden und wollen keine Eskalation des Konflikts“, sagte Merz laut AFP am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Zugleich liefen bereits Diskussionen über Möglichkeiten für ein härteres Vorgehen der EU gegen China. Peking hatte Anfang Oktober seine Exportkontrollen für Seltene Erden verschärft. (Mit Agenturen)
