Wärme aus der Tiefe

Geothermie-Pläne für Germering und Puchheim vorgestellt

Wärme aus der Tiefe

Vergangene Woche wurden die Pläne für das neue Geothermieprojekt Zukunftswärme München West in Puchheim vorgestellt. Die Anlage soll ab 2033 Wärme liefern und die Region unabhängiger von Gas und Öl machen.

Germering/Puchheim – CO2-neutral, sicher und günstig: So sollen Germering und Puchheim künftig mit Wärme ausgestattet werden – auch durch Geothermie. Die anfängliche Skepsis ist gewichen, seit die Stadtwerke München als Hauptbetreiber im Boot sind. Im Februar 2025 stimmten die Stadträte von Germering und Puchheim für ein Gemeinschaftsprojekt, im Sommer wurde die Geothermiegesellschaft Zukunftswärme München West, kurz ZMW, gegründet. Nun geht es an die ersten Schritte. Am vergangenen Donnerstag wurden die genauen Pläne im PUC den Bürgern vorgestellt und darüber diskutiert. Die Infostände stießen auf großes Interesse und meist wohlwollende Reaktionen. Hauptfragen: Wo soll gebohrt werden, gehen davon Gefahren aus – und kann ich mich an das Fernwärmenetz anschließen lassen.

Fakten zur Anlage

Noch ist man hier ganz am Anfang, betonte die Geschäftsführerin der Gesellschaft, Christine Cröniger von den Stadtwerken, die das Projekt seit Beginn begleitet. Fördermittel müssen beantragt, der optimale Standort gesucht werden – nicht zu nah am Wohngebiet, mit guter Infrastruktur, ökologisch vertretbar. An diesem Standort werde es acht Bohrungen geben, vier pumpen das Wasser nach oben, vier leiten es zurück in die Tiefe. Die Bauarbeiten können dann einige Jahre in Anspruch nehmen. Frühestens 2033 ginge die Anlage in Betrieb. 52 Megawatt werde sie liefern, davon acht für Puchheim, 13 für Germering, 31 für München. Soweit die Fakten.

Von politischer Seite sieht man das positiv: Sichere, preisstabile, klimaneutrale Versorgung – das versprechen sich die Stadtoberen von Puchheim und Germering. Derzeit setzt man in Germering bei Fernwärme auf die eigenen Stadtwerke, die mit Pellets, Gas und Öl betrieben werden; in Puchheim soll das Fernwärmenetz ausgebaut werden .Ohne die Stadtwerke München könnten sich beide Städte die Geothermie als zusätzliche Energiequelle nicht leisten, da sind sich OB Andreas Haas und der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl einig. So könne man die Erfahrung der Stadtwerke München nutzen und die Kosten aufteilen. „Wir sind stolz und froh, dass wir diese Partnerschaft eingehen können“, betonte Seidl.

Die Stadtwerke München verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in Sachen Geothermie. Die erste Anlage im Münchner Raum wurde bereits 2004 in Riem errichtet, die größte in ganz Europa entsteht gerade im Münchner Michaelibad, also mitten im Zentrum. Sechs Anlagen sind schon in Betrieb – ohne jegliche Vorfälle. Auch das hat die Kritiker in Puchheim beruhigt – die immerhin das erste Projekt in der Stadt durch Bürgerentscheid vor sieben Jahren gestoppt hatten.

Tiefen-Geothermie: Das bedeutet Wärme aus den tieferen Erdschichten. München und Umgebung sind dafür besonders geeignet, denn die geologischen Gegebenheiten sind optimal. Das Gebiet gilt als erdbebensicher. Es gibt riesige Erdwärme-Vorkommen in 2.000 bis 3.000 Metern Tiefe. Das rund 90 Grad heiße Thermalwasser wird durch eine Bohrung an die Oberfläche gepumpt. Durch einen Wärmetauscher im Heizkraftwerk wird dem Wasser thermische Energie entzogen, das Wasser geht in einem geschlossenen System zurück in die tiefen Gesteinsschichten. Über ein Fernwärmeleitung gelangt die gewonnene Energie zum Verbraucher.

Kosten: 170 Millionen Euro

Bis dahin ist noch ein langer Weg – und bis zur Inbetriebnahme des Mega-Projekts wird es teuer. Rund 170 Millionen Euro wird es kosten, Fördermittel schon abgezogen. Diese Kosten werden entsprechend der Gesellschaftsanteile auf die drei Projektpartner verteilt .Das halten Seidl und Haas für machbar. Gerade im Hinblick auf die Zukunft, um sich mit dem eigenen Wärmenetz unabhängig von anderen Energieversorgern zu machen. Und die Gewinne, so Seidl, gingen an die Kommunen und nicht an irgendwelche Betreiberfirmen.

Die Bedenken der Bürger von 2018 sind in den jetzigen Plänen berücksichtigt. Vor allem die Erdbebensicherheit werde im gesamten Gebiet genauestens kontrolliert. Durch das geschlossene System sei auch das Grundwasser nicht gefährdet .Das gesamte Projekt werde vom Bergamt Südbayern engmaschig überwacht. Emissionen gebe es während der Bauphase wie bei anderen Baustellen auch. Danach so gut wie keine mehr. Die Bauten fügten sich wie in Freiham zu sehen gut in die Landschaft ein. Diese Anlage ist seit 2016 in Betrieb.

Auch in Fürstenfeldbruck und Dachau wurden schon große Schritte in Richtung Geothermie gemacht. In Geiselbullach wird ab November eine Bohranlage gebaut, im Dezember beginnen die Bohrungen, bis 2027 soll die Anlage in Betrieb gehen .All diese Projekte sollen sich im Laufe der Zeit miteinander vernetzen. Das große Ziel für die Region: Bis 2040 soll in und um München CO2-neutral Wärme erzeugt werden – durch Tiefengeothermie – das größte Projekt dieser Art in Deutschland. Für die Bürger bedeutet das auf Dauer eine stabile Versorgung mit Wärme zu gleichbleibenden Preisen. Unabhängig von Gas und Öl.

Einen Wermutstropfen gibt es noch für Germering und Puchheim. Die meisten Hausbesitzer werden sich noch länger gedulden müssen, bis sie an das Fernwärmenetz angeschlossen werden können, wie die Bayernwerk natur zugeben muss. „Es lohnt sich derzeit nur für große Projekte wie Hallenbäder, Firmen, öffentliche Gebäude, sie an das Leitungsnetz anzubinden und Leitungen zu verlegen. Wenn ein Einfamilienhaus in der Nähe eines Kraftwerks ist, geht das auch. Doch die erschlossenen Gebiete, die rentabel sind, sind in naher Zukunft noch sehr eingeschränkt.“

Wer wissen will, ober er in einem Erschließungsgebiet liegt, kann einen Fragebogen der Bayernwerk natur ausfüllen und sich beraten lassen. Da machen die Planer durchaus Hoffnung. „Wenn wir sehen, dass in einem bestimmten Gebiet oder in einer größeren Straße sehr reges Interesse besteht, werden wir das natürlich berücksichtigen.“

Mit dem SaboNewsletter täglich zum Feierabend oder mit der neuen „Sabo“-App immer aktuell über die wichtigsten Geschichten informiert.

Related Post

Leave a Comment