Was ist Vogelgrippe – und was ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Virustypen?

In Brandenburg werden mehr als 1000 tote Kraniche gefunden. Sie sind an der Vogelgrippe verendet. Das Virus breitet sich auf Geflügelbetriebe aus – Tausende Tiere müssen gekeult werden. Und auch in weiteren Bundesländern werden Fälle bestätigt. Was man über den Erreger wissen sollte.

Was versteht man unter Vogelgrippe?

Unter Vogelgrippe oder auch Geflügelpest versteht man in Fachkreisen die aviäre Influenza. In der Regel erkranken Vögel und Geflügel dabei durch sogenannte Influenza-A-Viren. Manchmal können solche Erreger aber auch andere Tierarten, auch Säuger und Menschen, krank machen. Das nennt man dann ebenfalls Vogelgrippe.

Es gibt wenig krank machende (niedrigpathogene) und stark krank machende (hochpathogene) Subtypen des Erregers. Das Robert Koch-Institut (RKI) erklärt auf seiner Homepage: Mit H und N werden die beiden wichtigsten Eiweiße auf der Hülle des Virus, Hämagges Influenzalutinin und Neuraminidase, abgekürzt.

Wie stark kursiert die Vogelgrippe unter Menschen?

In Deutschland sind bislang keine Erkrankungen bei Menschen bekannt geworden – obwohl unter Vögeln und Geflügel hierzulande auch hochpathogene Viren zirkulieren. Anderswo in der Welt ist es immer wieder zu einzelnen Übertragungen gekommen. Fachleute sprechen dann von einer zoonotischen Influenza. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden seit 2003 rund 2600 an aviärer Influenza erkrankte Menschen und 1100 Todesfälle nachgewiesen. Folgende Erregertypen sind dafür verantwortlich:

  • H5N1: Auf diese besonders aggressive Variante ist ein großer Teil der Ansteckungen bei Menschen zurückzuführen: Aus 23 Ländern, schwerpunktmäßig im asiatisch-pazifischen Raum, wurden 888 Infizierte gemeldet, wovon 463 verstarben. Ebendieser Subtyp wird gegenwärtig von Forschenden weltweit zudem aufmerksam beobachtet, weil er immer mehr dazu übergeht, nicht nur Wildvögel und Geflügel zu dezimieren, sondern auch immer mehr fleischfressende Säugetierarten befällt: etwa Robben, Ziegen, Katzen, Füchsen, Stinktiere und Nerze. Seit 2024 sind auch Wiederkäuer von einem größeren Ausbruch betroffen. In den USA haben sich bis April dieses Jahres mindestens 33 Milchkuhherden in acht Bundesstaaten nachgewiesenermaßen mit H5N1 infiziert. Ebenso Katzen – und auch drei Menschen, die mit den Kühen im Stall zu tun hatten. Wie genau es zu den Übertragungen kommt, ist noch nicht geklärt.
  • H7N9: Auch der Subtyp H7N9, steht im Zusammenhang mit einer Reihe von Ansteckungen unter Menschen. Entdeckt wurde diese Variante im März 2013 in China. Dieses Virus gilt als besonders tödlich und kann schwere Lungenentzündungen hervorrufen. Rund 770 Infizierte wurden in den Folgejahren bekannt, von denen 306 verstarben.
  • Weitere Einzelfälle: Selten werden auch andere aviäre Influenzaviren nachgewiesen, etwa mit H9N2, H10N8 und H5N6. Das jüngste Beispiel: Anfang Juni 2024 berichtete die WHO von einem ersten Todesfall bei einem Menschen in Mexiko, bei dem auch erstmals eine Infektion mit dem Subtyp H5N2 nachgewiesen wurde. Die Person (59) war vorerkrankt, hatte über mehrere Wochen hohes Fieber und Atemnot, sei schließlich im Krankenhaus verstorben. Es gebe keine Hinweise auf Kontakt mit infiziertem Geflügel oder Wildvögeln, heißt es. In Mexiko sei ein Nachweis des Virus in Geflügel gemeldet worden. Im März sei ein H5N2-Ausbruch in einem Geflügelbetrieb in einem Hinterhof im Bundesstaat Michoacán festgestellt worden – dieser grenzt an den Bundesstaat México, wo die infizierte Person gelebt habe.

Welche Symptome gibt es bei der Vogelgrippe?

Die WHO erklärt: Die Symptome beim Menschen reichen von leicht bis schwer und können in einigen Fällen tödlich sein. Atemwegssymptome wie Husten, Kurzatmigkeit oder Atembeschwerden sowie Halsschmerzen kommen häufiger vor, aber auch nicht respiratorische Symptome wie Müdigkeit und Muskel- oder Körperschmerzen werden berichtet. Asymptomatische Infektionen wurden auch bei Menschen festgestellt, die infizierten Tieren oder deren Umgebung ausgesetzt waren.

Wer trägt ein erhöhtes Risiko für Ansteckungen?

Menschen, die mit infiziertem Geflügel, lebend oder tot, oder kontaminierten Umgebungen wie Bauernhöfen oder Lebendvogelmärkten in Kontakt kommen, haben ein erhöhtes Risiko, sich Vogelgrippeviren auszusetzen. Auch das Schlachten, das Enthäuten, der Umgang mit Schlachtkörpern und die Zubereitung von Geflügel für den Verzehr, insbesondere im Haushalt oder Hinterhof, sind Risikofaktoren.

Auch Säugetiere können mit Vogelgrippeviren infiziert sein. Es gibt weltweit zunehmend Berichte über die Vogelgrippe sowohl bei Wild- als auch bei Haustieren wie Nerzen, Füchsen, Katzen und seit neuestem auch bei Milchkühen in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Während die Infektion des Menschen mit Vogelgrippeviren bisher begrenzt und sporadisch war, sollten Personen, die in Regionen leben oder diese besuchen, in denen es zu Ausbrüchen bei Vögeln oder anderen Tieren kommt, Vorsichtsmaßnahmen treffen und ihre Gesundheit überwachen. „Wenn Sie grippeähnliche Symptome haben, wenden Sie sich an Ihren örtlichen Arzt“, rät die WHO, spricht aber keine Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit der Vogelgrippe aus.

Wie wahrscheinlich ist eine Vogelgrippepandemie?

Gesundheitsbehörden wie die ECDC und das RKI teilen mit, dass das Risiko, sich anzustecken, für die Bevölkerung in Europa und Deutschland weiterhin gering ist. Große Ausbrüche und Infektionsketten unter Menschen, wie etwa in der Corona-Pandemie, gab es bislang nicht. Fachleute halten es auch für unwahrscheinlich, dass das in naher Zukunft passiert. Denn Menschen können sich nicht so einfach anstecken wie Tiere. Das hat vor allem damit zu tun, dass sie überhaupt erst mal eine sehr große Menge Viren aufnehmen müssen, damit diese bei relevanten Körperzellen tief in der Lunge andocken. Bei Vögeln, am empfänglichsten für das Virus, liegen die Eintrittspforten hingegen bereits direkt am Schnabel.

Das Potenzial für große Infektionswellen trägt das Vogelgrippevirus aber in sich. „Es gibt keine Garantie dafür, dass nicht doch irgendwo und irgendwann eine Variante entsteht, für die wir Menschen empfänglicher sind“, sagte dem RND zuletzt Vogelgrippeexperte Timm Harder, der das nationale Referenzlabors für aviäre Influenzaviren am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) leitet . Ob, wann und wie das passieren könnte? Diese Frage könne niemand wirklich belastbar beantworten. Prognosen seien schwierig. „Das Virus ist sehr wechselfreudig“, sagte Harder. „Man kann sich die Fülle der zirkulierenden Viruslinien ein bisschen wie Konfetti vorstellen, das man in die Luft wirft.“ Man müsse bei diesem Erreger immer mit allem rechnen.

Wie steckt man sich mit der Vogelgrippe an?

Aviäre Influenza-A-Viren werden vor allem über Kot infizierter Vögel ausgeschieden und können im Wasser oder feuchten Schlamm ihre Pathogenität über längere Zeit behalten. Über den Mund und die Nasenöffnungen infizieren sie das nächste Tier, nisten sich dort in die Schleimhäute ein und vermehren sich weiter. Eine Infektion über das Einatmen von virenbelastetem Staub oder durch Tröpfcheninfektion ist auch möglich. Die meisten der an aviärer Influenza erkrankten Menschen hatten im Vorfeld engen Kontakt zu erkranktem oder verendetem Geflügel. „Vermutlich müssen Menschen sehr große Virusmengen aufnehmen, um sich zu infizieren“, schreibt das RKI.

Gibt es Behandlungsmöglichkeiten bei der Vogelgrippe?

Infizieren sich Menschen, können bestimmte antivirale Medikamente wie Oseltamivir die Überlebenschancen erhöhen. Einige Länder haben bereits Impfstoffe entwickelt, die gegen Vogelgrippeviren eingesetzt werden könnten. Da die Infektionen unter Menschen aber momentan begrenzt sind, empfiehlt die WHO keine flächendeckenden Impfungen.

Ist die Vogelgrippe meldepflichtig?

Infektionen mit Vogelgrippeviren sind meldepflichtig. In vielen Ländern werden aber nicht alle Todesfälle mit vogelgrippeähnlichen Symptomen wie Atemproblemen oder Durchfall untersucht oder die Laborkapazitäten reichen zur Bestimmung von Viren nicht aus. Deshalb liegt es nahe, dass nicht jeder Fall der WHO gemeldet wird.

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