Werratalsee Eschwege: Wasserstandsanhebung kommt nicht infrage

Zu teuer

Werratalsee Eschwege: Wasserstandsanhebung kommt nicht infrage

In einer gemeinsamen Sitzung der Stadt Eschwege und der Gemeinde Meinhard war eine Wasserstandsanhebung des Werratalsees Thema. Doch diese Ideallösung wäre zu teuer.

Eschwege – Der Königsweg zur Rettung des Werratalsees – die Wasserstandsanhebung – ist praktisch vom Tisch. In einer gemeinsamen Sitzung der Stadt Eschwege mit der Gemeinde Meinhard wurde bekannt, dass die Errichtung einer Ausgleichsfläche für das Überschwemmungsgebiet zwischen fünf und zehn Millionen Euro kosten würde. Auf den Feldern zwischen Grebendorf und Schwebda müsste ein Deich errichtet werden, damit die Siedlungsgebiete von Grebendorf bei Hochwasser nicht untergehen.

Dr. Klaus Dieter Wolter, der seit rund zehn Jahren den Werratalsee für die Kreisstadt Eschwege untersucht, blieb bei seinem letzten Bericht dabei, dass die Wasserstandsanhebung die beste Möglichkeit sei, um die Wasserqualität zu verbessern und den Werratalsee wieder in einen Klarwassersee zu verwandeln, wie er vor der Wasserspiegelabsenkung 2007 einer war. Ob die Niveauanhebung fünf, 60 oder 105 Zentimeter betragen müsse, hänge dabei von unterschiedlichen Voraussetzungen ab. Gemein ist allen: Für eine Wasserstandsanhebung braucht es die Genehmigung des Regierungspräsidiums (RP), weil Überschwemmungsfläche, sogenannter Retentionsraum verloren gehe. Für diese Genehmigung müssen die Kommunen Meinhard und Eschwege, die beide Eigentümerinnen des Sees sind, ein Planfeststellungsverfahren beantragen. Hierfür wurden beim Ingenieurbüro Sönnichsen&Weinert (Minden) Vorarbeiten in Auftrag gegeben. Unter anderem wurden Retentionsräume gesucht, die am Dienstagabend vorgestellt wurden.

Gesucht wurde eine Fläche, die rund 1,1 Millionen Kubikmeter Hochwasser aufnehmen kann. Jene Retentionsräume sollen sich in unmittelbarer Nähe des Sees in den Gemarkungen von Eschwege und Meinhard befinden. Gesucht wurden Räume, „die vergleichsweise einfach aktiviert werden können, wie beispielsweise Niederungen, welche vom Überschwemmungsgebiet abgeschnitten sind“. Drei Bereiche wurden gefunden. Das Gewerbegebiet an der Thüringer Straße fiel von vorneherein aus. Eine Fläche bei Strahlhausen zwischen Werra und Bahnlinie wurden allein schon wegen des geringen Volumens von 16.500 Kubikmetern verworfen. Letzte Chance: die landwirtschaftlichen Flächen zwischen Grebendorf und Schwebda. Sie könnten 1,6 Millionen Kubikmeter Hochwasser aufnehmen. Zuvor müssen aber Durchlässe unter der Bundesstraße 249 errichtet werden. Für Grebendorf müsste außerdem ein Deich entstehen – 2,50 Meter hoch, 30 Meter breit und 1500 Meter lang. Das Büro empfahl wegen Kosten und Aufwand auch diesen Retentionsraum nicht. „Dieses Projekt müssen wir begraben, das können wir uns nicht leisten“, sagte Eschweges Stadtverordnetenvorsteher Claus Hamp.

Cyanobakterien trüben Badespaß

In den Werratalsee werden von der Werra und insbesondere über das Grundwasser Nährstoffe eingetragen, die das Wachstum der Blaualge begünstigen. Dadurch entstehen Cyanobakterien, die die Wasserqualität verschlechtern, die Nutzung des Sees gerade im Sommer beeinträchtigen und das Fischsterben begünstigen. Wegen der ungeklärten Rettung des Sees sind in Eschwege und Meinhard bereits Investoren abgesprungen. (ts)

2,50 Meter hoch, 30 Meter breit und rund 1,5 Kilometer lang wäre der Deich, der die Tieflagen von Grebendorf vor Überflutung schützt, sollte der Wasserspiegel des Werratalsees angehoben werden. Ob dieser Damm bei Hochwasser tatsächlich notwendig wäre, ist nach Angaben von Dr. Klaus Dieter Wolter nicht sicher. Aber er wäre Auflage des Regierungspräsidiums. Die Kosten von rund zehn Millionen Euro und die Folgekosten könnten weder die Kreisstadt Eschwege noch die Gemeinde Meinhard, auf deren Territorium sich diese Anlage befinden würde, leisten.

Die Wallanlage vor den östlichen Toren Grebendorfs würde rund 4,8 Hektar Fläche einnehmen, hat das Ingenieurbüro Sönnichsen&Weinert berechnet. Dazu müssen die Eigentümer der hauptsächlich landwirtschaftlichen Flächen zustimmen und auch entschädigt werden. Es braucht ein steuerbare Zulaufbauwerk mit Schiebertafeln und Drosselklappen sowie ein Pumpwerk zur Entleerung. Ein Betriebsleiter und sein Stellvertreter müssen benannt werden. Die Unterhaltungskosten durch Mahd, der Anlagen, Wühltierbefall und Pegeltechnik würden sich jedes Jahr auf mehr als 10.000 Euro belaufen. Insgesamt würden sich die Ausgaben laut Stefan Wehe von Sönnichsen&Weinert eben auf jene fünf bis zehn Millionen Euro belaufen. Nach Angaben von Sina Hesse, Gewässerökologin bei der Stadt Eschwege, gebe es für diese Investition keine Fördermittel.

Die Ideallösung Wasserstandsanhebung fällt unter diesen Voraussetzungen also weg. Wie ist die Wasserqualität des Werratalsees dennoch zu retten? „Indem man den Phosphoreintrag über die Werra und durch das Grundwasser reduziert“, empfahl Dr. Wolter. Er hatte die jüngsten Daten aus dem Jahr 2024 vorgestellt, die zeigen, dass der Phosphoreintrag im Vergleich zu 2022 wieder gestiegen war. Um 27 Prozent wurde der Phosphoreintrag, der für die Ausbreitung der Blaualge im Wesentlichen verantwortlich ist, von 713 Kilogramm im Jahr 2018 bis 2022, reduziert. Das genügt aber nicht. Nach Angaben von Wolter dürften maximal 270 Kilogramm Phosphat pro Jahr in den See gelangen. Dann wäre er wieder ein Klarwassersee. Dafür wäre eine Reduzierung von 48 Prozent notwendig. Im Moment liegt die Reduzierung nur noch bei 19 Prozent. „Der Phosphorwert pro Liter ist immer noch dreimal so hoch wie angestrebt“, sagt Wolter.

Die Stadt Eschwege strebt jetzt detaillierte Grundwasseruntersuchungen an. Nach ersten Messungen, die laut Hesse aber nicht endgültig belastbar seien, dringt Phosphor über das Grundwasser insbesondere über die Werra und aus Richtung in Schwebda in den See. Die Gründe seien noch nicht bekannt. Landwirtschaft und der sanierte Abwasserkanal in Schwebda werden laut Wolter nach wie vor ausgeschlossen. Auch K+S als Verursacher durch Abfälle aus der Kaliproduktion kommen seinen Erkenntnissen nach nicht infrage. Wo die Gründe für den Phosphoreintrag liegen, soll durch weitere Grundwassermessungen, die „zeitnah erfolgen“, geklärt werden. Im Frühjahr sollen neue Ergebnisse vorliegen, stellt Sina Hesse in Aussicht. Dann wollen beide Kommunen in gleicher Konstellation wieder zusammentreffen. In Zukunft soll der Austausch jährlich stattfinden. (Tobias Stück)

Einen Kommentar zur Thematik lesen Sie in unserer heutigen Ausgabe.

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