Oktober 2022: Rund 200 Menschen versammeln sich auf dem Landwehrplatz, um ihre Solidarität mit den iranischen Frauen zu bekunden, nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei verhaftet worden war, weil ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß saß. Zur Kundgebung aufgerufen hatte die neugründete iranische Bürgerinitiative Saar (Irbis). Drei Jahre später kämpfen immer noch Vertreter der iranischen Diaspora in Saarbrücken dafür, dass die Menschenrechtsverletzungen in ihrem Heimatland nicht vergessen werden. Es sind aber viel weniger geworden. „Ich erlebe, wie sich bei vielen Menschen, die 2022 mit viel Elan und Hoffnung dabei waren, nun das Gefühl der Aussichtslosigkeit breit macht“, berichtet Irbis-Vorsitzende Afsaneh Ali Yazdani. Sie könne zwar die Frustration der Mitstreiter verstehen, weil sich an der Situation im Iran wenig verändert habe. „Doch die Mobilisierung im Ausland ist nach wie vor sehr wichtig, damit sich etwas verändert. Denn internationale Aufmerksamkeit schafft einen gewissen Schutz für die Beteiligten und erhöht den Druck auf das Regime“, sagt sie.
Repression im Iran wird brutaler
Auch wenn man im Fernsehen weniger Bilder von demonstrierenden Menschenmengen aus dem Iran sehen würde, ist sie davon überzeugt, dass die Frauenbewegung gesellschaftliche Tabus in ihrer Heimat nachhaltig gebrochen hat. „Der zivile Ungehorsam hat ein neues Niveau erreicht“, sagt sie. Auf dieser steigenden Emanzipation reagiere das Regime mit härterer Brutalität. „Es ist ein Teufelskreis. Je mehr Freiheitsbestrebungen sichtbar werden, umso brutaler werden diese unterdrückt“, sagt Ali Yazdani und berichtet, dass in der vergangenen Woche 80 000 neue Sittenwächter vom iranischen Sicherheitsapparat angestellt wurden. Für die Irbis-Vorsitzende ein klares Zeichen dafür, dass das Regime nervös werde und versuche, mit noch mehr Repression der Lage Herr zu werden.
Dass man auch vom Saarland aus Verbesserungen erwirken kann, erlebte sie, als saarländische Politiker vor drei Jahren sogenannte „Patenschaften“ für iranische Gefangene übernahmen. „Drei von diesen Gefangenen wurden irgendwann freigelassen. Es zeigt, wie wichtig es ist, den politischen Druck aufrecht zu erhalten“, sagt sie. Dass die Mobilisierung hierzulande abgenommen hat, bedauert sie und sieht dafür verschiedene Gründe. „Auf dem Höhepunkt der Bewegung zogen viele Menschen aus der iranischen Diaspora an einem Strang, mittlerweile sind jedoch einige Spaltungen entstanden. Nicht alle, die das Ende des aktuellen Regimes begrüßen würden, haben die gleichen Vorstellungen davon, was danach passieren soll“, erzählt sie. Außerdem hätten Exil-Iraner weltweit das Gefühl, Gefahren ausgesetzt zu werden. „Es gibt viele Fälle, in denen Regimegegner verschwunden oder hingerichtet wurden. Glücklicherweise nicht im Saarland“, sagt sie.
Rückendeckung aus dem Ausland gibt Kraft
Außerdem nehme leider die Zahl der internationalen Konflikte zu und so gerate die Situation im Iran in den Hintergrund. Doch die Bürgerinitiative Irbis bemüht sich weiterhin, dass die Lage ihrer Heimatleute nicht vergessen wird. Mit Vorträgen und kulturellen Projekten. „Mit Unterstützung des Regionalverbandes haben wir einen Kurzfilm produziert, der bald an den Oberstufen in den Schulen gezeigt wird und Menschenrechtsverletzungen im Iran thematisiert“, gibt sie ein Beispiel. Aus ihrer Sicht sei es wichtig, dass auch Menschen, die nicht selbst unmittelbar davon betroffen sind, sich weiterhin für die Freiheitsbewegung im Iran stark machen. „In immer mehr Ländern stellen wir autoritäre Tendenzen fest. Dabei tragen Demokratiebewegungen dazu bei, unsere Welt sicherer und gerechter zu machen. Deshalb sollten sie unterstützt werden“, sagt Ali Yazdani. Dabei zähle jede Stimme und jede Aktion, denn diese würden die Kräfte derjenigen, die für Freiheit kämpfen und dafür oft einen hohen Preis bezahlen, erheblich stärken. „Wir als Vertreter der iranischen Opposition kämpfen gegen einen mächtigen Gegner und sind auf jede Form der Rückendeckung angewiesen, um diesen Kampf überhaupt durchhalten zu können“, sagt sie.
Zum Thema „Wir verschleiern nichts – Die Bewegung ‚Frau, Leben, Freiheit’ und Hijab als ihr zentrales Thema“ hält Afsaneh Ali Yazdani am Mittwoch, 29. Oktober, 18 Uhr, einen kostenlosen Vortrag mit Faktencheck in der Frauenbibliothek in Saarbrücken. Anmeldung (mit Angabe, ob eine Teilnahme vor Ort oder online gewünscht ist): [email protected]
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