Wie Segelflieger ohne Thermik bis zu 400 Kilometer schaffen können

Blickt man in den warmen Monaten an den Himmel über Schaumburg, kann man immer wieder die Segelflieger des LSV Rinteln und des LSV Bückeburg-Weinberg erblicken, wie sie auf der Jagd nach guten Aufwindpassagen und Punkten sind. Doch auch an den jetzt kühleren Tagen sieht man, allerdings nur noch vereinzelt, insbesondere wenn der Wind aus südwestlicher Richtung weht, eine Schleppmaschine einen Segler ans Wesergebirge ziehen.

Wie kann das aber funktionieren? Denn um die benötigten Thermiken zu erhalten, wäre doch zumindest ein etwas kräftigerer Sonnenschein vonnöten, der die Erde erwärmt, damit warme Luft aufsteigen lässt. Das war am letzten Wochenende nun wirklich nicht der Fall, dennoch zog es einen Segelflieger in die Luft.

Wind schwappt über die Gebirge

„Wenn der Wind auf ein Hindernis, in diesem Fall das Wesergebirge bei uns direkt vor der Haustür, trifft, wird er nach oben verdrängt und schwappt drüber“, erklärt Christine Grote aus dem Bundesliga-Team vom LSV Rinteln. Wind aus Südwesten eigne sich dafür hervorragend. Diese Verdrängung könnten die Mitglieder des LSV anstelle der nicht mehr vorhandenen Thermik nutzen. Grote gibt aber auch zu, dass es sich bei diesem Flug wahrscheinlich um einen der wenigen handelte, der in diesem Jahr überhaupt noch vonstattenging, zumindest direkt hier in der Heimat. „Für die meisten Vereine ist Ende Oktober die Saison endgültig vorbei.“

Segelfliegen ist nicht bei jeder Wetterlage möglich, besonders regenreiche Monate, zu denen erfahrungsgemäß auch der November zählt, bieten keine idealen Flugbedingungen. Bis zum Monatsende sind aber noch Hangflüge möglich, voller Begeisterung blickt Grote auch auf die kommenden Tage bis hin zum Wochenende: „Da ist Südwestwind prognostiziert und regnen soll es auch nicht“, sagt die LSV-Pressesprecherin und fügt an: „Mit dem Weserbergland und dem Wiehengebirge haben wir hier echt Glück.“

Im Herbst werden von den Piloten dann halt anstelle der Thermiken die Hangaufwinde genutzt, an den Höhenzügen wird auf und ab geflogen. „Am Kamm des Wesergebirges kann man bis nach Porta fliegen, dann muss man einen ersten Absprung schaffen. Von dort geht es bis zum Ende des Süntels und wenn man dann noch Glück hat, kann der Sprung an den Ith gelingen. Da kann man ohne jegliche aufsteigende Thermik 300 bis 400 Kilometer fliegen“, erklärt Grote.

Zeit für Wartung, Pflege und Unterricht

Und was steht an, wenn der Oktober vorbei ist? „Vor dem Winter räumen wir die Flugzeuge rein“, so die Fluglehrerin. Starts seien so gut wie gar nicht mehr möglich, da würde man bei einem Versuch mehr Rasen kaputtmachen, als dass es jemanden nützen würde. Die flugfreie Zeit werde dann für den Theorieunterricht der Flugschüler genutzt, die ihren Schein machen wollen. Beim LSV Rinteln werden mittlerweile sechs Fächer angeboten, darunter Technik, Navigation oder auch Meteorologie.

Außerdem besteht während der Wintermonate reichlich Zeit für die Wartung. „Ein Sportverein, wie wir es sind, macht die Wartung selber. Wer schon etwas länger dabei ist und handwerklich begabt ist, wird nahe gelegt, einen Werkstattleiterschein zu machen, um das Vereinsmaterial zu warten“, sagt die Rintelnerin. Was dabei herausgekommen ist, wird vor dem Start in die neue Saison, meist so Mitte April, vom TÜV überprüft. Ein „Beauty-Programm“ bekommen die Flugzeuge zusätzlich, damit der Lack möglichst lange hält. „Sonst ist es schnell mal vorbei mit dem 100.000 Euro-Gerät“, meint Grote.

„Eine Frage des Portemonnaies“

Aber auch im Winter muss man als Segelflugpilot theoretisch nicht auf sein Hobby verzichten. „Einige weichen dann in wärmere Gefilde aus, Südafrika und Namibia zum Beispiel. Will man sein eigenes Fluggerät mitbringen, werden diese in einem Container verschifft. Aus Erfahrung weiß ich, dass bis zu fünf Doppelsitzer in einen Schiffscontainer passen“, sagt Grote und fügt an: „Das ist dann aber alles eine Frage des Portemonnaies, ob ich für mein Hobby so weit reise.“

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