Keine neue Spielstätte für das Theater „Künstlerhaus 43“: Das war die einzig konkrete Einsparung, die das Wiesbadener Linksbündnis bei der Vorstellung des Etats zu Wochenbeginn benannt hat. Für einen Umzug aus dem Palasthotel sei kein Geld vorhanden, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Silas Gottwald.
Scharfe Kritik daran übt die große Mehrheit im Arbeitskreis Stadtkultur. Das aktive Theater sei beliebt und ein unverzichtbarer „Anker des kulturellen Lebens“, heißt es. Als Veranstalter der Sommerfestspiele in Sonnenberg organisiere das Künstlerhaus zudem ein buntes Open-Air-Programm.
Der Arbeitskreis weist darauf hin, dass der Spielbetrieb im Palasthotel eigentlich nur eine seit viereinhalb Jahren währende Interimslösung bis zur – von der Stadt trotz hoher Planungskosten fallen gelassenen – Sanierung des Standorts an der Oberen Webergasse sei. Die Zukunft des Theaters sei daher mit dem nicht absehbaren Schicksal des Palasthotels verknüpft, der Mietvertrag ende Mitte 2026. Bisher habe die Stadt trotz Leerständen von zahlreichen Immobilien keinen passenden neuen Standort benennen können.
Keine Chance für Umzug in die Goldgasse
Dass jeder neue Standort teurer sei als der jetzige, sei aber „unvermeidlich“. Einen privaten Eigentümer, der das Theater gerne als Mieter hätte, gebe es an der Goldgasse. Die dortige Immobilie sei im Hinblick auf Lage, Zuschnitt, Ausstattung und Infrastruktur gut geeignet. Es gebe sogar einen Innenhof für bis zu 120 Zuschauer. Dafür sei aber eine Erhöhung des städtischen Mietzuschusses notwendig. Das Theater hätte bei einem positiven Votum der Stadtverordneten schon zum Jahresbeginn 2026 an den favorisierten neuen Standort umziehen können.
Der Theaterbetrieb im sanierungsbedürftigen Palasthotel war Mitte September durch einen Wasserschaden und den Ausfall der Heizung stark beeinträchtigt worden. Der Arbeitskreis Stadtkultur sieht nun die Gefahr eines „großen Verlustes für die Wiesbadener Innenstadt“, für deren Belebung sich die Stadtpolitik engagieren wolle. Er fordert die Rathausfraktionen auf, sich für den Erhalt des Theaters um seine Leiter Wolfgang Vielsack und Susanne Müller einzusetzen: „Alles andere wird bei der Bürgerschaft auf großes Unverständnis stoßen.“
Ganz ähnlich argumentiert der Kulturbeirat. Die unsichere Zukunft des Theaters stehe „paradigmatisch für die Krise der städtischen Kultur“. Der Etatentwurf sehe bislang keine zusätzlichen Mietzuschüsse vor: „Momentan bestimmen vornehmlich wenig aussichtsreiche Visionen die Debatte um die Zukunft der innerstädtischen Kultur“, kritisiert der Beiratsvorsitzende und frühere Oberbürgermeister Helmut Müller. Während „in Phantasieprojekte und Wolkenschiebereien“ hohe Planungskosten investiert würden, stelle sich exemplarisch die Frage, inwiefern sich die Kulturszene noch auf Zusagen der Stadt verlassen könne.
Helmut Müller lobt, dass das Linksbündnis die institutionellen Zuschüsse erhöhen will und eine Dynamisierung entsprechend der Teuerungsrate vorsieht. Das sei ein wichtiger Schritt zur Realisierung des Wiesbadener Kulturentwicklungsplans. „Auskömmlich“ sei die Bezuschussung jedoch immer noch nicht.
Müller moniert, dass der Anteil der Kulturausgaben am Gesamtvolumen des städtischen Haushalts seit einiger Zeit „kontinuierlich und bedrohlich“ sinke: von 3,6 Prozent (2023) auf 3,2 Prozent (2024) und drei Prozent (2025). Mit dem Haushaltsentwurf für 2026 setze sich dieser Trend fort. Und mit ihm sinke die Relevanz der Kultur. Notwendig wäre jedoch ein „gegenläufiger Trend“.
Zufriedener mit den Etatvereinbarungen von Grünen, SPD, Linke und Volt äußert sich die Liga der Freien Wohlfahrtspflege. Die Haushaltsplanung sei „ein klares Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit und dem Erhalt der sozialen Infrastruktur“. Trotz der angespannten finanziellen Lage zeige der Entwurf, dass die Stadt „an ihrem sozialen Auftrag festhält und den Zusammenhalt stärkt“.
