Kreis Viersen. 29 Prozent der Unternehmen im Kreis Viersen bewerten die Lage als gut, 32 Prozent bewerten sie als schlecht. Auch die Erwartungen sinken. Das zeigt der aktuelle Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer.
Im Vorfeld der Kommunalwahlen hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein für den Kreis Viersen und alle neun Städte und Kommunen kommunalpolitische Positionen veröffentlicht, um deutlich zu machen, was sich die Kammer von den Politikern in den neuen Räten für die Wirtschaft wünscht. Dass die Wirtschaft leidet, zeigt nun eindringlich der aktuelle Konjunkturbericht für die Region Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein, den die Hauptgeschäftsführer der beiden IHKs, Gregor Berghausen und Jürgen Steinmetz, jetzt vorstellten. Ihr Urteil: Die Wirtschaftslage in der Region bleibt im Herbst 2025 trüb – das gilt auch für den Kreis Viersen. Der Geschäftslageindex sei weiterhin im negativen Bereich, und die Betriebe blickten eher pessimistisch in die Zukunft, heißt es in einer Pressemitteilung der IHK.
Ob nun tatsächlich die kommunalen Parlamente wie Stadt- und Gemeinderäte in Kempen, Willich, Tönisvorst und Grefrath oder der Viersener Kreistag grundsätzlich etwas an der Lage ändern können, ist fraglich, denn: „Die Wirtschaft in unserer Region kämpft nicht mit hausgemachten Problemen, sondern mit massiven Belastungen durch globale Krisen und wirtschaftspolitische Versäumnisse auf Bundesebene“, warnt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der für den Kreis Viersen zuständigen IHK Mittlerer Niederrhein. „Die Unternehmen stoßen an Belastungsgrenzen – das gilt für Energiepreise, Bürokratie und zunehmend auch für die Arbeitskosten. Wenn die Politik nicht gegensteuert, droht ein weiterer Verlust an Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen“, so Gregor Berghausen.
Der Konjunkturbericht basiert auf einer Umfrage, an der sich bis Ende September knapp 750 Unternehmen mit gut 60.000 Beschäftigten aus Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach dem Rhein-Kreis Neuss und dem Kreis Viersen beteiligt haben. Demnach bleibt die wirtschaftliche Stimmung in der Region im Herbst 2025 gedrückt. „Anhaltende Unsicherheit und schwierige Rahmenbedingungen prägen die Lage. Der Geschäftslageindikator sinkt auf minus 12 Punkte, liegt damit einen Punkt unter dem Vorjahreswert und auf einem Fünf-Jahres-Tief“, so die IHK in der Pressemitteilung weiter. Auch die Geschäftserwartungen trüben sich laut IHK in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein weiter ein – sie liegen nun bei minus 8,3 Punkten, nach minus 2,7 Punkten vor einem Jahr. „Statt einer Trendwende geraten wir eher in eine Art Dauerkrise“, kommentiert Steinmetz die Zahlen.
Auch im Kreis Viersen ist die Geschäftslage weiterhin negativ: 29 Prozent der hier ansässigen Unternehmen bewerten die Lage als gut, 32 Prozent bewerten die Lage als schlecht. Auch die Erwartungen sind im Kreis laut Konjunkturbericht weiterhin pessimistisch – noch pessimistischer als zu Jahresbeginn. „14 Prozent der Unternehmen im Kreis Viersen rechnen mit besseren, 35 Prozent mit schlechteren Geschäften“, so die IHK.
Die Konjunkturumfrage macht deutlich, welche Risiken die Unternehmen in Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach, dem Rhein-Kreis Neuss und dem Kreis Viersen derzeit am stärksten belasten: an erster Stelle die schwache Inlandsnachfrage (57,6 Prozent), gefolgt von hohen Arbeitskosten (49,5 Prozent) und Energiepreisen (42,6 Prozent). Besonders besorgniserregend ist aus Sicht der beiden IHKs, dass sich die schlechte Lage manifestiert habe. „Etwa ein Drittel der Unternehmen bewertet die aktuelle Lage kritisch – 80 Prozent dieser Betriebe erwarten keine Besserung in den kommenden Monaten. Selbst unter den Unternehmen mit stabiler oder befriedigender Geschäftslage herrscht allenfalls verhaltener Optimismus“, heißt es weiter.
Die Lage am Arbeitsmarkt verschlechtert sich laut IHK weiter. Die Beschäftigungserwartungen sei auf minus 11,7 Punkte gefallen – „ein Wert, der nur während der Corona-Pandemie noch schlechter war. Das zeigt: Deutlich mehr Unternehmen planen Personalabbau als Neueinstellungen, zudem kürzen die Unternehmen als Folge der angespannten Lage Investitionspläne.“
Ein zusätzlicher Belastungsfaktor für viele Betriebe sei die geplante, sukzessive Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns ab Januar 2026. „Laut Umfrage sehen sich 60 Prozent der Betriebe gezwungen, darauf zu reagieren: Rund ein Viertel muss Mindestlöhne direkt anheben, knapp 35 Prozent wollen höhere Lohngruppen anpassen, 34 Prozent planen Preiserhöhungen, zehn Prozent rechnen mit Personalabbau und drei Prozent mit einer Einschränkung ihres Leistungsangebots“, so die IHK. Besonders betroffen seien kleine Unternehmen sowie die Branchen Einzelhandel und Baugewerbe.
Die Lage der verschiedenen Branchen zeigt laut Konjunkturbericht ein differenziertes, aber insgesamt schwieriges Bild. „Die Industrierezession setzt sich fort: Seit nunmehr eineinhalb Jahren überwiegt der Anteil der Unternehmen in schlechter Geschäftslage deutlich gegenüber jenen in guter. Ein so langer Zeitraum war zuletzt nach dem Platzen der New-Economy-Blase Anfang der 2000er zu beobachten.“
(msc emy)
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