Ukrainischer Ex-Präsident
“Wladimir Putin führt das Land in die Katastrophe”
Kann Putin das gigantische russische Territorium zusammenhalten? Der ukrainische Ex-Präsident Juschtschenko glaubt nicht daran, sondern an den Zerfall Russlands.
Russland ist mit großem Abstand das größte Land der Erde. Von der finnischen bis an die nordkoreanische Grenze zieht sich das russische Gebiet über Tausende Kilometer hin. In der Schaltzentrale der russischen Macht, dem Moskauer Kreml, hat Präsident Wladimir Putin die Mammut-Aufgabe, das riesige Land zusammenzuhalten.
Eine Herausforderung dabei ist die Zusammensetzung Russlands aus mehr als 100 indigenen Bevölkerungsgruppen in 20 Teilrepubliken, aus denen sich die Russische Föderation zusammensetzt. Auch deshalb sei das derzeitige Regime in Moskau zum Scheitern verurteilt, erklärte der ukrainische Ex-Präsident Wiktor Juschtschenko unter anderem dem Nachrichtensender NTV.
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“Wladimir Putin führt das Land in die Katastrophe”, so der ehemalige Staatschef der Ukraine. Juschtschenko warnte, Putins Machtanspruch beschränke sich nicht nur auf die Ukraine. Auch die indigenen Bevölkerungsgruppen in den russischen Teilrepubliken würden systematisch ausgebeutet: “Völker wie die Tartaren werden seit mehr als 200 Jahren versklavt und erinnern sich daran, was ihnen angetan wurde.”
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Juschtschenko: Zerfall Russlands ist eine Frage der Zeit
Laut Juschtschenko sei es deshalb nur eine Frage der Zeit, bis viele dieser Gruppen eigene politische Wege einschlagen. Er sieht darin eine potenzielle Entwicklung hin zu einem Zerfall Russlands: “Ich sehe keine Perspektive für die russische Staatlichkeit.” Russland sei kein homogener Block, sondern ein Vielvölkerstaat.

In seinen Ausführungen hob der Ex-Präsident die rohstoffreiche Teilrepublik Jakutien hervor. Trotz enormer Bodenschätze wie Diamanten, Gold, Erdöl und Kohle lebten dort zwei Drittel der Bevölkerung von Mindestlöhnen. Über die Hälfte der rund 900.000 Einwohner Jakutiens gehört dem Volk der Jakuten an. Vom Reichtum ihrer Region hätten sie kaum etwas, kritisierte Juschtschenko – zudem seien sie durch die Industrie hohen Umweltrisiken ausgesetzt.
Ex-Präsident: Wille zur Freiheit wurde in Russland zerstört
Nicht militärische Bedrohungen, sondern innerer Widerstand bereite Putin laut Juschtschenko die größte Sorge. “Ich bin davon überzeugt, dass die Unterstützung der föderalen Widerstandsbewegung in Russland etwas ist, das auf der politischen Landkarte etwas verändern kann”, erklärte er.
Für die Ukraine sei ein Sieg nur möglich, wenn auch in Russland ein Wandel stattfinde, betonte der frühere Präsident. Notwendig seien nicht nur Sicherheitsgarantien und die Wiederherstellung der ukrainischen Grenzen von 1991, sondern auch der demokratische Umbau Russlands. Das sei allerdings schwierig: “Der Wille zur Freiheit wurde über Jahrhunderte zerstört.” Er äußerte Zweifel an der Reformbereitschaft der russischen Gesellschaft: “Momentan scheinen die Menschen nur dann auf die Straße zu gehen, wenn der Wodkapreis steigt.”
