Psychisch Kranke müssen in der Region oft monatelang auf eine Therapie warten. Im Schnitt liegen zwischen Diagnose und Beginn der Behandlung mehr als vier Monate. Der Grund: Es gibt zu wenig Therapieplätze. So ist die psychiatrische Station des Trierer Mutterhauses überlastet, niedergelassene Psychiater haben keine Kapazitäten mehr. Vertreter des Mutterhauses warnten bei einem Treffen in Trier kürzlich davor, dass eine zufriedenstellende Versorgung nicht möglich sei.
Knapp 500.000 Menschen ab zehn Jahren im Land leiden laut der Krankenkasse AOK Rheinland-Pfalz unter Depressionen. Betroffen seien vor allem Ältere, sagte Martina Niemeyer, AOK-Landeschefin. Einsamkeit sei ein entscheidender Risikofaktor für das Entstehen von Depressionen. In Trier, Trier-Saarburg und Bernkastel-Wittlich liegt der Anteil der Betroffenen nach Angaben der AOK bei rund elf, im Eifelkreis bei zwölf und in der Vulkaneifel bei 15 Prozent. Mittlerweile sind psychische Erkrankungen einer der Hauptgründe für lange Fehlzeiten im Job. Im Schnitt bis 43 Tage betrage die Ausfallzeit wegen Depression, so die AOK.
Darum steigt die Nachfrage nach Psychotherapie
Neben fehlenden Therapiemöglichkeiten sei auch die Tatsache, dass immer mehr psychische Erkrankungen diagnostiziert würden, ein Grund für die langen Wartezeiten auf eine Therapie, sagte Peter Andreas Staub, Vorstandsmitglied der Landespsychotherapeutenkammer, kürzlich in einem Interview. Die Zunahme der Diagnosen lasse sich mit der Verunsicherung vieler Menschen aufgrund der Vielzahl der Krisen und damit zusammenhängenden Ängste erklären sowie mit der wachsenden gesellschaftlichen Akzeptanz psychischer Erkrankungen. Mittlerweile liegt nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz jeder vierten Diagnose, die Erwachsenen im Land gestellt wird, eine psychische Erkrankung zugrunde.
Gleichzeitig fehlten in Rheinland-Pfalz 200 zusätzliche Psychotherapeuten, um eine angemessene Versorgung sicherzustellen. Auch in Trier und im Umland finden Betroffene in der Regel keine schnelle Hilfe. Sucht man über den Patientenservice 116117 nach einem Termin bei einem Psychotherapeuten, bekommt man einen zeitnahen Termin in Neuwied genannt.
Um die psychiatrische Versorgung zu verbessern, diskutieren in Trier regelmäßig Experten bei einem Runden Tisch über die Lage. Beim letzten Treffen waren sich die Teilnehmer einig, dass das Mutterhaus entlastet werden müsse. Die Kapazität der Psychiatrie in der Klinik ist ausgeschöpft, zumeist sind alle 80 Betten dort belegt. Daher soll die Psychiatrie im Saarburger Krankenhaus im kommenden Jahr erweitert werden, damit dort auch psychiatrische Notfälle aufgenommen werden können. 60 Patienten können dort derzeit stationär behandelt werden, zusätzlich gibt es noch 20 Plätze in einer Tagesklinik. Überwiegend werden in Saarburg Menschen mit affektiven Störungen, wozu auch Depressionen gehören, behandelt. Das Alter der Patienten liegt laut Chefarzt Daniel Böhm zwischen 18 und 100 Jahren. Aber auch in Saarburg sind die Kapazitäten erschöpft, Patienten müssen zum Teil mehrere Wochen auf einen Behandlungsplatz warten.
Auch im Gerolsteiner Krankenhaus gibt es eine psychiatrische Abteilung mit 76 Betten und 14 Plätzen in der Tagesklinik.
Landesgesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) sprach sich kürzlich gegenüber der Landespsychotherapeutenkammer dafür aus, vor allem die ambulanten Behandlungskapazitäten insbesondere für Kinder und Jugendliche auszubauen. Kammer-Vorstandsmitglied Staub stellt klar, dass ein Hauptgrund für den Mangel an Psychotherapeuten die veraltete Bedarfsplanung sei. Sie regelt, welcher Arzt oder Psychotherapeut sich in welchen Gebieten niederlassen darf. Sind alle Sitze vergeben, sind Neuniederlassungen nicht möglich. Daher plädiert auch die KV für eine Abschaffung der Bedarfsplanung.
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