„Zu unserer Überraschung schrumpft Grönland“ – Forschende entdecken geologisches Phänomen

Größte Insel der Welt

„Zu unserer Überraschung schrumpft Grönland“ – Forschende entdecken geologisches Phänomen

Unter Grönlands Oberfläche wirken gewaltige Kräfte, die die Insel langsam verformen. Die Entdeckung dänischer Forscher hat weitreichendere Folgen als gedacht.

Lyngby – Grönland, die größte Insel der Welt, bewegt sich. Während sie wie ein unveränderlicher Fels im Nordatlantik erscheint, zeigen neue wissenschaftliche Erkenntnisse ein überraschendes Bild: Die gesamte Landmasse driftet jährlich etwa zwei Zentimeter in Richtung Nordwesten und verändert dabei sogar ihre Form. Diese faszinierende Entdeckung stammt von einem Forschungsteam der Technischen Universität Dänemark (DTU Space), das seine Ergebnisse kürzlich im renommierten Fachjournal Journal of Geophysical Research: Solid Earth veröffentlicht hat.

Die Studie zeigt: Grönland wird verdreht, zusammengedrückt und gedehnt. Diese Bewegungen sind das Ergebnis zweier unterschiedlicher Prozesse: Zum einen reagiert der Untergrund auf die aktuelle Eisschmelze, zum anderen spürt Grönland noch immer die Nachwirkungen der letzten Eiszeit, die vor etwa 20.000 Jahren ihren Höhepunkt erreichte. „Insgesamt bedeutet dies, dass Grönland etwas kleiner wird, aber das könnte sich in Zukunft mit der beschleunigten Schmelze, die wir jetzt beobachten, ändern“, erklärt Danjal Longfors Berg, Postdoktorand bei DTU Space und Hauptautor der Studie, in einer Mitteilung.

Einige Regionen Grönlands dehnen sich aus, während andere schrumpfen

Was besonders überrascht: Während einige Regionen Grönlands sich ausdehnen, schrumpfen andere. „Die Annahme war, dass Grönland hauptsächlich gedehnt wird, aufgrund der Dynamik, die durch die Eisschmelze der letzten Jahre ausgelöst wurde. Aber zu unserer Überraschung haben wir auch große Gebiete gefunden, in denen Grönland durch die Bewegungen ‚zusammengezogen‘ wird oder ‚schrumpft‘“, berichtet Berg.

Die Bewegungen sind für Menschen nicht wahrnehmbar – zwei Zentimeter pro Jahr sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Doch für die Forschung sind diese minimalen Verschiebungen von enormer Bedeutung. Um sie zu erfassen, nutzen Forschende ein Netzwerk von 58 GPS-Stationen, die strategisch über ganz Grönland verteilt sind. Diese Stationen messen kontinuierlich die Position Grönlands, Höhenänderungen im Untergrund und wie sich die Insel dehnt und zusammenzieht.

„Können die Bewegungen jetzt sehr genau messen“

„Wir haben ein Modell erstellt, das Bewegungen über einen sehr langen Zeitraum von etwa 26.000 Jahren bis heute zeigt. Gleichzeitig haben wir sehr präzise Messungen aus den letzten 20 Jahren verwendet, mit denen wir die aktuellen Bewegungen analysieren. Das bedeutet, dass wir die Bewegungen jetzt sehr genau messen können“, erläutert Berg die Methodik.

Die Ursachen für diese geologischen Veränderungen sind komplex. Einerseits hat das Abschmelzen großer Eismengen in den vergangenen Jahren den Druck auf den Untergrund verringert. Andererseits wirkt noch immer die Entlastung nach, die durch das Schmelzen der enormen Eismassen seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit vor etwa 20.000 Jahren entstanden ist.

Grönland dehnt sich aus und schrumpft gleichzeitig

„Das Eis, das in den letzten Jahrzehnten geschmolzen ist, hat Grönland nach außen gedrückt und eine Hebung verursacht, sodass die Fläche in dieser Zeit tatsächlich größer geworden ist. Gleichzeitig sehen wir eine Bewegung in die entgegengesetzte Richtung, bei der Grönland aufsteigt und sich aufgrund prähistorischer Veränderungen der Eismassen im Zusammenhang mit der letzten Eiszeit und ihrem Ende zusammenzieht“, erklärt Berg.

Die neuen Erkenntnisse sind nicht nur für die Geowissenschaften interessant. Sie liefern wichtige Informationen darüber, was passiert, wenn der Klimawandel die Arktis mit zunehmender Geschwindigkeit trifft, wie es derzeit der Fall ist. „Es ist wichtig, die Bewegungen von Landmassen zu verstehen. Sie sind natürlich für die Geowissenschaften interessant. Aber sie sind auch entscheidend für Vermessung und Navigation, da selbst die festen Bezugspunkte in Grönland sich langsam verschieben“, betont Berg die praktische Relevanz der Forschungsergebnisse. (Quellen: Studie, Pressemitteilung) (tab)

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