Archäologie-Empfang
Zwei rekonstruierte Frauensättel aus dem 8. Jahrhundert faszinieren Fachwelt und Besucher beim Archäologie-Empfang im Museum Erding
Zum Abschluss der mehrtägigen Tagung „Archäologie in Bayern“ in der Stadthalle lud die Stadt Erding zu einem Empfang im Museum Erding ein. Neben den Fachleuten waren auch ungefähr 100 interessierte Besucher gekommen. Im Mittelpunkt des Interesses standen die beiden neu rekonstruierten Frauensättel aus Aufhausen.
Erding – Museumsleiter Harald Krause freute sich, dass man auch die Erdinger neugierig auf die Thematik machen konnte. „Es ist wichtig, Freude zu haben an dem was wir tun“, konstatierte er zufrieden. Dr. Stefanie Berg, Landeskonservatorin am Bayr. Landesamt für Denkmalpflege bestätigte dem Landkreis Erding einen großen Reichtum an Ausgrabungsstätten und richtete ihren Dank auch an Wilhelm Wagner, Stadtheimatpfleger für Archäologie, für seinen Einsatz. Professor Bernd Päffgen (Vorsitzender der Gesellschaft für Archäologie in Bayern) schätzte das einzigartige Vertrauen, wenn Museum, Stadt und Bürgermeister die Wissenschaft fördern. „Es ist das schönste Lob für meine Arbeit, wenn die örtliche Bevölkerung sich identifiziert“, so Päffgen. Er übergab das Jahrbuch zum Archäologischen Jahr in Bayern 2024 an Museumsleiter Krause und Oberbürgermeister Max Gotz. Für den OB ist es wichtig, „den Bogen aus der Geschichte in die Forschung der neuen Zeit zu spannen“.
„Eine absolute Sensation“
Eindrucksvoll präsentiert wurden die beiden Frauen-Sättel, die 1994 in einem Kammergrab auf dem Gelände des heutigen Aldi-Parkplatzes in Aufhausen gefunden wurden. Die hölzerne Grabkammer enthielt den Leichnam der „Dame von Aufhausen/Bergham“, ihr Maultier sowie eine Holztruhe mit den beiden Sätteln. Auf der Truhe lag das prächtige Zaumzeug für den Damensattel. Datiert wird das Grab auf ca. 700 nach Chr. Für Bettina Keil-Steentjes, Expertin für Damensättel, ist der damalige Fund eine absolute Sensation: „Bisher gab es aus der Zeit des Frühmittelalters keine Funde, die Frauen mit Reiten in Verbindung bringen, das ist einzigartig in der Welt“, erklärt sie begeistert.
Ursprünglich dachte man, man hätte nur einen Damensattel gefunden, später stellten sich die Reststücke des Puzzles als ein zweiter Sattel heraus. Man entschied sich zur aufwendigen Rekonstruktion und kann heute sagen „Wir sind sehr nahe am ursprünglichen Sattel“, meint die Expertin zufrieden. Sie hat die Rekonstruktion konzipiert und die Holzteile wie beim Original aus Bergahorn gebaut. Für die Seitenbretter wurden Geweihstücke vom Rothirsch verwendet. Keil-Steentjes vermutet, dass die Besitzerin der Sättel eine Dame von hohem Stand gewesen sein muss, da die Sättel speziell für sie angefertigt worden waren.„Für mein Forschungsgebiet, nämlich die Reiterei von Frauen, ist dieser Fund ähnlich bedeutsam wie das Grab von Tutanchamun für die Ägyptologen“, so ihr Fazit.
Die Repliken der beiden geschichtlich so bedeutsamen Frauensättel sind derzeit im Foyer des Museums zu bewundern, zusammen mit Fotos, Zeichnungen und Infos zum Fundort und zur Rekonstruktion. Später dann werden sie in die archäologische Abteilung des Museums integriert.
Gerda und Peter Gebel
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